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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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in mir möchte so gern, dass es tatsächlich so wäre.
    Deswegen sage ich es mir ganz bewusst ein paarmal vor: »Sie hat dich angelogen, Frauke! Betrogen! Sie spielt irgendein komisches Spiel mit dir! Vergiss das nicht!«
    Ich werd nicht vergessen, was ich weiß, aber treffen kann ich sie doch trotzdem. Oder?
    Meinem plötzlichen Entschluss folgend, stürze ich ins Schlafzimmer und betrachte mich hastig im Spiegel. Das muss so gehen. Also werfe ich mir die Jacke über, schnappe Loulous Leine vom Haken und mein Portemonnaie vom Schrank.
    Dann reiße ich die Tür auf und pralle zurück. Vor mir im Hausflur steht eine Frau, die den Arm ausgestreckt hat zum Klingelknopf. Sie sieht mich ebenso erschrocken an wie ich sie.
    »Tut mir Leid«, stammele ich mit Blick in ihr hübsches Gesicht. »Ich hab grad schon was gegeben. Für heute ist mein Spendenkontingent erschöpft.«
    Die Frau blinzelt irritiert. Erst da bemerke ich, dass sie keine klappernde Büchse in der Hand hält. Und stelle fest, dass sie mir sehr vage bekannt vorkommt. Aber ich weiß nicht … ich kann ihr Gesicht nirgends einordnen.
    »Ah«, mache ich gedehnt. »Das ist ja ein Ding! Jetzt hab ich gedacht, Sie wollten Spenden sammeln. Aber das wollen Sie gar nicht, oder?«
    »Nein …«, antwortet sie, mich unverwandt wie hypnotisiert anstarrend. Sonst sagt sie nichts.
    Ich stutze.
    »Wollen Sie denn zu mir?«
    »Ja.«
    Ein paar Sekunden ist es still um uns herum. Ich blicke in ihre grauen Augen, sehe die dunkle Locke, die ihr über die Stirn hängt. Bevor sie den Mund wieder öffnet, bevor sie es sagt, wird es mir mit einem Schlag klar. Ich bekomme die Bratpfanne volle Pulle vor den Kopf. Wir sind uns schon mal begegnet. Wir haben schon einmal nebeneinander gestanden und haben uns angeschaut. Mein Herzschlag hat sich schon einmal beschleunigt, als ich sie ansah, aber dann hatte sie fortgeschaut, und ich hatte geglaubt, mich geirrt zu haben.
    »Ich dachte, es wär mal an der Zeit, mich vorzustellen. Ich bin Emma«, sagt sie.

8 . Mit einem Happy End endet die Geschichte
    ›Ich zu sein, ganz ich. Und dich zu treffen, nur dich, so wie du dich siehst.‹ Sie öffneten die Türen ihres Hauses weit und ließen das Mondlicht herein, das dem ähnelte aus der Nacht, in der sie sich trafen. Ihre Augen begegneten einander wie zum, aber nicht zum ersten Male. Der Mut war da. Und der Wille. Und der wache Geist. Es würde ein weiterer Versuch werden und Jahre dauern. Bis zu dem Punkt, an dem ein neuer begänne. Und immer so fort.
    (Seite 213 des Romans »Von der Umkehr der Endgültigkeit«, Patricia Stracciatella)
    D ie Frau auf der Empore. Diejenige, die neben mich trat und sich dort anlehnte. Die mich ansah. Das war sie gewesen. Ein Hoch auf meine Intuition. Aber genützt hat sie mir ja nur wenig.
    »Ja, mein Gott, einen Augenblick lang war ich mutig genug, um dich anzusehen. Aber dann verließ mich wieder alles, und ich habe mich nicht getraut, etwas zu sagen.«
    Emmas Stimme.
    Die kenne ich nicht.
    Ein wenig rauchig ist sie und dunkelviolett von der Farbe.
    Sie passt zu ihr. Zu ihren Gedichten und den zwanzig E-Mails an einem Tag.
    Ich sitze da und starre sie an, während sie spricht. Langsam spricht.
    »Als ich deine Mail bekam vorhin, da wusste ich, dass es so nicht weitergehen kann. Eigentlich wollte ich noch ein bisschen warten, bis sich um mich herum alles ein bisschen beruhigt hat. Aber dein ›Leb wohl!‹ hat mich erschreckt. Was ist passiert?«
    »Passiert?«, wiederhole ich. »Nichts eigentlich. Ich dachte nur, ich hätte eine geniale Idee.«
    »Und die wäre?«
    »Ich habe vermutet, dass du und Antonie …«
    »Was? Dass wir uns kennen?«
    »Noch anders. Ich dachte, ihr seid ein und dieselbe Person.«
    Emma sinkt zurück in die Kissen.
    »Mein Gott«, flüstert sie. Ihr Blick liegt lange auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa, bevor er zu mir herübergleitet und mitten in mich hineinfällt.
    Treibt mich einzig nur Verlangen, diese eine zu umfangen.
    Warum denke ich an all diese Gedichte, die ich so oft gelesen habe, wenn sie mich anschaut. Durch ihre Augen hindurch schimmert das, was sie mir gewesen ist. Ein tiefer, reifer Ernst, der hinter aller Poesie schlummert und mich verführt hat.
    Antonie an ihrer Stelle hätte bestimmt gelacht. Sie hätte mich für einen Moment mit großen Augen angestarrt, und dann wäre sie laut herausgeplatzt.
    Ich grusele mich ein wenig vor mir selbst, als ich mich bei diesem Vergleich ertappe.
    »Wo willst du hin?«, fragt sie

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