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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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an. »Ich dachte, Sie wären bestimmt entsetzt. Und würden Olivia wegschicken.«
    »Niemals.« Er richtete sich auf, und seine Augen blitzten.
    »Ich bin hier hergekommen, um Sie anzuflehen, es nicht zu tun.« Sofia legte ihre Hand an ihre Stirn, als wollte sie dagegenschlagen. »Ich schäme mich für – diesen Teil meines Lebens.«
    Neben mir wurde Hugh unruhig. Nach den Anstrengungen dieses Abends tat ihm bestimmt sein Bein weh.
    »Ich bin mir sicher, dass Sie keinen Grund haben, sich zu schämen«, sagte Dad. »Es sind die Männer, die solche Orte aufsuchen, die mich beunruhigen. Aber vielleicht bin ich einfach zu altmodisch und habe den Kontakt zur Realität verloren.«
    »Ich werde mir ein Taxi rufen«, sagte Hugh, und seine Stimme klang distanziert und schroff. »Möchtest du, dass ich Samson noch in deine Wohnung trage, bevor ich aufbreche?«, fragte er mich so höflich, als spräche er mit einer Fremden.

43
    D er schneebedeckte Rasen knirschte bei jedem Schritt unseres Spaziergangs. Obwohl ich immer dachte, dass mir Letchford im Frühsommer, um die Examenszeit, am besten gefiel, wenn die Blumenrabatten mit Lupinen und Rittersporn prunkten, hatte auch die abgespeckte Schönheit dieser Wintermorgen, an denen die Linien des Hauses und des Geländes klar zutage traten, ihren Reiz. Nur weißes Licht, bis auf die Steinmauern, die wie heller Honig glänzten. Samson tollte hinter uns her und freute sich, den Schnee unter seinen Pfoten und an seiner Schnauze zu spüren. Da er den Winter alljährlich vergaß, war er immer wieder eine neue Offenbarung für ihn.
    »Sofia hat mir aus Prag eine Weihnachtskarte geschickt«, sagte Dad. »Sie hat mit Maria darüber gesprochen, dass Olivia nicht dasselbe Mädchen wie Irena ist. Doch sie glaubt nicht, dass Maria das versteht. Sie meinte auch, dass Maria nicht mehr allein wohnen sollte. Deshalb überlegt Sofia, nach Prag zurückzugehen und zu versuchen, dort Arbeit als Pharmazeutin zu finden.«
    »Und was wird aus Olivia?« Die Aussicht, dass Olivia uns womöglich verließ, traf mich wie ein Schlag. Auch wenn sie nicht meine Nichte war, haftete ihr doch etwas an, das sie von den anderen Schülern abhob. Und ich mochte auch Sofia, fühlte mich ihr verwandt.
    »Sofia weiß noch nicht, was geschehen wird. Aber sie kann sich die Schulgebühren nicht mehr leisten, wenn sie nach Prag zurückgeht. Ich weiß nicht, ob ich Olivia für ein Stipendium vorschlagen soll.«
    Das wäre für beide nicht gut, überlegte ich.
    »Obwohl sie nicht mit uns verwandt ist, gibt es doch eine familiäre Verbindung«, sagte er. »Es wäre nicht richtig.«
    Die Leute hatten sich Dad gegenüber sehr einfühlsam gezeigt. Der Schulbeirat hatte eine Sondersitzung einberufen und ein Vertrauensvotum für den Direktor ausgesprochen. Clara hatte an dieser Sitzung nicht teilgenommen, um den anderen die Möglichkeit zu geben, ihre Bedenken frei zu äußern. Es gab keine Eltern, die ihre Kinder von der Schule nahmen. Von Emily hatten wir nichts mehr gehört und waren mit diesem Zustand sehr zufrieden. Dad hatte an alle Schulen, die er kannte, Warnungen verschickt. Die Polizei hatte uns darüber aufgeklärt, dass es schwer sein dürfte, eine Frau strafrechtlich zu verfolgen, die sich auf dem Papier nur einer makabren Begeisterung für Streiche mit lebensechten Puppen schuldig gemacht hatte.
    »Wenigstens hat sie dem Hund kein schlimmeres Leid zugefügt«, hatte Dad gemeint.
    Mich fröstelte, wenn ich daran dachte, was sie hätte tun können. »Wie kam sie zu ihrem Zeugnis?«, fragte ich. Wir waren sehr wählerisch, wenn wir eine Gappy anstellten.
    »Vor einem Jahr oder besser gesagt achtzehn Monaten arbeitete Emily an einer renommierten Schule in Neuseeland als Sekretärin oder persönliche Assistentin. Ich habe jetzt eine E-Mail dorthin geschickt und herausgefunden, wie sie an ihr Zeugnis gekommen ist.« Die Information, eine E-Mail selbst verfasst zu haben, begleitete er mit einem amüsierten Blick. »Sie gab sich als frühere Schülerin dieser Schule aus. Als ich dem Direktor schrieb, um ein Zeugnis zu erbitten, nahm sie den Brief einfach aus seinem Postfach und verwendete Papier mit dem Briefkopf der Schule, um selbst darauf zu antworten. Der Direktor und die anderen Mitarbeiter wussten nichts davon.«
    Sie dürfte gewusst haben, welchen Umschlag sie entwenden musste, denn er hatte den Schulstempel von Letchford vorn drauf. Und sie dürfte auch gewusst haben, dass sie für ihr Alter jung aussah. Diese

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