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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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Verdacht auszusprechen.
    John nickte.
    »Es sind im Allgemeinen interessierte und wache Kinder«, fuhr Charles fort. »Wir versuchen, so viele Plätze wie möglich an Jungs und Mädchen aus ärmeren Verhältnissen zu vergeben, und glücklicherweise erlauben unsere Geldmittel dies.«
    »Aber?« John lehnte sich in seinem schäbigen Sessel zurück und sah Charles scharf an. »Mathelehrer gibt es wie Sand am Meer. Du brauchst mich nicht fürs Unterrichten. Was ist los?«
    »Etwas stimmt nicht«, sprudelte es aus Charles heraus.
    John sah ihn mit der ihm eigenen Pfiffigkeit an. »Erzähl es mir, Charlie.«
    »Es geht um die Bauarbeiten.«
    »Ich dachte, die gehen gut voran.«
    »Tun sie auch. Ganz nach Plan.«
    »Aber das Budget wohl nicht?«
    »Die Bücher scheinen in Ordnung zu sein.«
    John nickte. Er rutschte in seinem Sessel nach vorn. »Erzähl mir von deinem Schatzmeister.«
    »Der Schatzmeister bewarb sich mit ausgezeichneten Referenzen.«
    »Hat er Familie?«
    »Die Frau hat gerade das zweite Kind bekommen.« Einen Jungen. Susan hatte ihnen ein altes leinenes Taufkleid geliehen.
    »Hat er eine Affäre?«
    Charles zuckte mit den Schultern. »Das würde mich überraschen. Er scheint ein hingebungsvoller Vater zu sein.«
    »Großes, schickes Haus? BMW oder was Vergleichbares in der Einfahrt?«
    »Eine kleine Doppelhaushälfte, soweit ich weiß. Und einen alten Ford.«
    John hatte versprochen, ihn bald anzurufen und ihn wissen zu lassen, wann er nach Letchford kommen konnte.
    In den ersten Wochen des neuen Jahres war John Andrews krank, das feuchte Cottage an der Themse, das er bewohnte, setzte seiner Bronchitis arg zu, und so wurde es Februar, bis er zum Lehrkörper von Letchford stieß.
    Tagsüber unterrichtete John ein paar Stunden, und abends saß er zusammen mit Charles in dessen Büro über den Büchern. Es war fast wie in den alten Zeiten, meinte John, als er und Charles’ Vater im Dunkeln zusammensaßen und sich flüsternd über ihre Schwarzmarktgeschäfte unterhielten, immer mit einem Ohr auf die Wachen lauschend. Es klang sentimental. Womöglich war er in seinem Haus an der Themse einsam gewesen. Charles wusste, dass er keine Familie hatte. Nur eine sehr viel jüngere Schwester, einen Schwager und einen kleinen Neffen, den er nur selten sah.
    In jenen Tagen befand sich die Quästur in dem Raum, der später Simons Geschichtszimmer wurde. Collins hatte seinen Schreibtisch neben dem großen Eichenschrank an der Wand. Charles und John sperrten den Eichenschrank auf und holten die Leitzordner heraus, die sich im Regal über dem Stapel alter Schriftstücke und Bücher befanden, die sich mit Letchford befassten und für die man keinen besseren Platz gefunden hatte. Charles vermied es, Collins’ ordentlichen Schreibtisch anzusehen, mit dem Tintenlöscher, dem silbernen Brieföffner und der Rechenmaschine, die ordentlich aufgereiht für die Arbeit am nächsten Tag bereitstanden. Wann immer John etwas von diesem Eichenschreibtisch entfernte, stellte er es genau dorthin zurück, von wo er es weggenommen hatte. Auch die Akten wurden millimetergenau zurückgestellt. John studierte deren Inhalt kommentarlos.
    Ein paar Tage später traf vormittags ein Brief von der Bank ein, ein Rechtfertigungsschreiben, das Charles darüber informierte, dass man den Überziehungskredit der Schule zum nunmehr letzten Mal erhöht habe. Sollte die Schule sich mehr Geld leihen wollen, müsse dies in Form eines Darlehens geschehen, das durch eine Hypothek oder eine andere Form der Absicherung gedeckt war. Der Bankdirektor freue sich darauf, diese Angelegenheit mit Charles zu besprechen, wann immer es diesem passe, und schickte seine besten Wünsche an Susan und die Mädchen.
    Von diesem Überziehungskredit hatte er nichts gewusst. Er reichte den Brief an John weiter, und dessen scharfe Augen überflogen ihn in wenigen Sekunden. Er machte keinen überraschten Eindruck. »Noel frisiert die Zahlen.«
    Charles zuckte zusammen. Hier ging es immerhin um Collins; Collins, der so gut mit trauernden Witwen umgehen konnte.
    »Wir müssen ihn damit konfrontieren«, sagte John. Es war für diese Jahreszeit zu warm, und die Fensterflügel standen offen. Eine Gruppe Jugendlicher schlenderte über den Rasen. Einer von ihnen sagte etwas, worauf die anderen schallend lachten. »Besser gleich als später«, ergänzte John.
    Noel blickte von seinem Schreibtisch auf, als sie eintraten. Das Lächeln, das rasch sein Gesicht überzog, fiel in sich zusammen. »Es

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