Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
Vom Netzwerk:
in der Schule anrief. Man teilte Charles mit, dass Collins’ Spuren sich nur bis Amsterdam verfolgen ließen und dann im Sande verliefen.
    Das war an jenem Morgen, als Meredith und Clara die Farben vom Wandgemälde abkratzten. Es schien kein reiner Zufall zu sein. Die glatte, geordnete Oberfläche des Lebens, das sie sich in Letchford aufgebaut hatten, war aufgerissen: entblößt, sodass alle Welt es sehen konnte.
    »Wer war diese Frau unter meinem Gemälde?« Natürlich hatte Susan das wissen wollen. »Warum befand sie sich an dieser Wand?«
    »Sie war nur jemand, den ich früher kannte.«
    »Jemand, den du sehr gut gekannt hast, wie mir scheint, wenn du dich an derartige Details erinnertest.«
    »Es ist jemand, den ich seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen habe. Jemand, von dem ich nie einen Brief bekommen habe.«
    »Aber jemand, der so gefährlich ist, dass du sie übermalen musstest.«
    Sie ließen es ziemlich hart an Merry aus. Sie war der Sündenbock. Clara kam mit weniger Strafe davon, weil man kaum glauben konnte, dass sie dieses Unheil angestiftet hatte. Sie sagten Dinge zu Merry, die viel zu streng waren. Selbst für Merry, die heiter durchs Leben zu treiben schien. Ihr kleines Gesicht war weiß gewesen, als er mit seiner Strafpredigt fertig war. »Es tut mir wirklich leid, Daddy«, hatte sie geflüstert. Sein Herz hatte wild gepocht. Sie hatte nur getan, was jede neugierige Zehnjährige tun würde.
    Aber er hatte so viel um die Ohren. Zudem stand er unter Schock wegen Collins, dem er wirklich nachtrauerte. Und er war wütend auf sich selbst. Ein Teil der Wut, die sich auf Collins hätte richten sollen und auch auf ihn selbst, weil er nicht genügend auf die Finanzen der Schule aufgepasst hatte, hatte sich auf Merrys schmalen Schultern entladen.
    Er hätte mehr Zeit mit seiner jüngeren Tochter verbringen sollen. Genauso wie er sich für Collins mehr Zeit hätte nehmen müssen. Sich nach dem kranken Kind hätte erkundigen sollen. Wenn er jetzt darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass Collins von einer Operation für den kleinen Jungen gesprochen hatte. Aber er war zu beschäftigt gewesen, um ins Detail zu gehen.
    Erst Collins und jetzt Merry. Trotz ihres mangelnden Interesses an der Kunst war Merry immer sein Lieblingskind gewesen.
    War es immer noch.

18
    Meredith
    O livia und Cathy kehrten etwa um Mitternacht zurück. Zum Glück, so sagte mir mein Vater, als ich ihm auf dem Weg zu meinem Unterricht über den Weg lief, sei in der Notfallambulanz unter der Woche nicht viel los gewesen.
    »Wir befinden uns jetzt in einer schwierigen Situation«, fuhr Dad fort. »Man sollte Olivia für ein paar Tage nach Hause schicken. Sie hat sich ihren Kopf ziemlich heftig angeschlagen. Cathy verbrachte die Nacht bei ihr im Zimmer und weckte sie alle drei Stunden auf, um sich zu vergewissern, ob sie bei Bewusstsein war, aber Cathy arbeitet nicht Vollzeit.«
    Im Stillen dankte ich meinen Glückssternen.
    »Die für Olivias Haus zuständige Lehrerin kann für sie in dieser Verfassung nicht die Verantwortung übernehmen.« Mein Vater machte eine Pause. »Und da ist noch etwas. Dieser Schnitt an ihrem Handgelenk. Cathy meint, der habe vermutlich nichts mit dem Unfall zu tun. Man habe sie im Krankenhaus dazu befragt.«
    »Hat jemand ihr diesen Schnitt zugefügt?«
    »Das, oder sie hat sich selbst geschnitten.«
    Unsere Blicke trafen sich. Wir wussten über selbstverletzendes Verhalten Bescheid – wie auch nicht, in einer Schule voller Teenager? Doch seit ich hier war, konnte ich mich an keinen diesbezüglichen Fall erinnern. Allerdings konnten Jugendliche in dem Alter einiges vertuschen. Und trotzdem, sagte ich mir, mussten sie sich für den Schwimm- oder Sportunterricht umkleiden. Für gewöhnlich fielen die Schnitte jemandem auf. Es sei denn, die Mädchen beriefen sich auf ihr monatliches Recht, dem Sportunterricht fernzubleiben. Ich wusste, dass die Gedanken meines Vaters in dieselbe Richtung gingen wie meine: nämlich, dass dies ein Bereich war, der früher in die Zuständigkeit meiner Mutter gefallen war, und wir ohne ihre ruhige stille Art, derartige Probleme zu lösen, verloren waren.
    »Dann wird sie für ein paar Tage nach Hause gehen müssen.« Ich sagte dies ganz automatisch und merkte erst dann, dass es so einfach nicht wäre, nicht für Olivia Fenton.
    »Ich denke, das ist das Beste. Ich werde jetzt versuchen, ihre Familie zu erreichen. Es gibt viel zu besprechen.« Fast unwillentlich folgte ich ihm nach oben in

Weitere Kostenlose Bücher