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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Kollegen lustig machte.
    »Nimm den Jupiter. Riesiger Planet, viel Masse. Jede Menge Monde, hohe Anziehungskraft. Fängt unzählige herumschwirrende Gesteinsbrocken ein. Höttges ist Jupiter. Er hat eine Gabe dafür, Dinge in seine Umlaufbahn zu ziehen.«
    »Wahllos.«
    »Man muss ihn nur in Position bringen.«
    »Das geht bei Höttges einfacher als beim Jupiter.«
    »Eben. Die Parkbank.«
    »Kann aber ganz schön lange dauern, bis er da etwas anzieht«, wandte Photini ein.
    »Warten wir’s ab.«
    Sie erreichten die Pohlmannstraße. Wohnblöcke, Reihenhäuser, ein wenig Grün. Das ganze Viertel war recht ansehnlich saniert. Bei der angegebenen Adresse hielten sie an. Ein mehrstöckiger Flachbau, neuer Anstrich, ziegelrot. Koniferen im windgeschützten Eingangsbereich, davor ein parkender Lieferwagen. Aufschrift: Plavotic – der Elektriker Ihres Vertrauens. Kann alles, macht alles. Etwas abgesetzt: Meisterbetrieb.
    »Der Mann hat ein gesundes Selbstvertrauen.« Photini klingelte.
    »Wird seinen Grund haben.«
    Der Lieferwagen war relativ neu. Durch die Heckscheiben konnte man Werkzeug sehen, an Halterungen ordentlich aufgereiht.
    Der Türsummer. Die Wohnung lag im zweiten Stock. Plavotics Betrieb befand sich in Ehrenfeld, ein paar Kilometer entfernt.
    Es roch nach Kohl. Ivanka Plavotic hatte ihrem Mann Tihomir einen deftigen Eintopf zubereitet, mit Würsten, Speck und Suppenfleisch. Nach dem ersten Schreck nach der Begrüßung – »Kriminalpolizei« – bat sie die Polizisten herein und fragte, ob sie mitessen wollten.
    »Nein danke«, sagte Raupach, obwohl er Hunger hatte. Das mochte er gar nicht: mit knurrendem Magen ermitteln. Photini rümpfte wegen des Kohls die Nase.
    »Ich stelle die Sachen warm.« Die Frau machte Anstalten, den Topf in die Küche zu tragen.
    Raupach wehrte ab. »Lassen Sie sich von uns nicht stören.«
    »Wirklich? Na dann setzen Sie sich wenigstens.«
    Die beiden Ermittler nahmen am Esstisch Platz.
    Ivanka Plavotic schöpfte eine winzige Portion auf ihren Teller. Sie war Ende vierzig und ungewöhnlich attraktiv. Lange, dunkle Haare, modische Frisur, auffallend schlanke Figur. Unter einer Küchenschürze, die sie jetzt ablegte, trug sie ein schwarzes Schlauchkleid. »Sie haben Glück. Mein Mann kommt mittags selten nach Hause. Die Firma hält ihn auf Trab.«
    »Für deinen Eintopf lass ich alles stehen und liegen«, sagte Tihomir Plavotic mit vollem Mund. »Das weißt du doch, mein Schatz.«
    Ein verliebter Blick, leichter Akzent. Wandteppiche zeigten Adriaszenen.
    »Er kennt nur seinen Betrieb.« Ivanka spielte die beleidigte Ehefrau. »Manchmal weiß er nicht mehr, mit wem er verheiratet ist.«
    »Wie war der Name noch mal?« Tihomir tat so, als dächte er nach. »Ilona? Isabella?«
    Sie drohte mit dem Zeigefinger. »Irgendwann treibst du es zu weit.«
    Er lachte. Ein glückliches Ehepaar, wie es schien.
    Raupach eröffnete den beiden den Ernst der Lage. Eine Leiche auf ihrem Grundstück am Nordpark. Hässliche Sache.
    Die Stimmung kippte.
    »Wie kann das sein?« Tihomir Plavotic wischte sich mit seiner Papierserviette den Mund ab und stand auf. »Ich hab noch nie was mit der Polizei zu tun gehabt.«
    »Nur die Ruhe, Sie stehen momentan nicht unter Verdacht«, sagte Raupach. »In Ihrer Parzelle ist jemand ermordet worden. Ich muss Sie fragen, wo Sie gestern Nacht waren.«
    »Hier. Zu Hause«, erwiderte Tihomir. »Wir hatten Gäste zum Fondue.«
    »Fleisch, Fisch, Käse?«
    »Was?«
    »Das Fondue. Was gab es denn?«
    »Rindfleisch, in dünnen Streifen«, sagte Ivanka. »Hühnchenspieße. Und Gemüse.«
    Photini machte sich Notizen. »Wie lange dauerte der Abend?«
    »Bis zwölf, halb eins.« Tihomir zuckte mit den Schultern. »Ich hab nicht auf die Uhr gesehen.«
    »Wir waren um kurz nach eins im Bett«, ergänzte Ivanka.
    »Geben Sie uns bitte die Namen Ihrer Gäste«, sagte Raupach.
    »Wir sind schon lange nicht mehr in dem Gartenhäuschen gewesen. War es gestern Abend nicht zu kalt dafür?« Ivanka Plavotic wirkte zunehmend besorgt. Sie holte Zettel und Stift und räumte den Tisch ab.
    Tihomir spießte noch einen großen Bissen vom Teller. Dann begann er, die Personalien seiner Freunde aufzuschreiben, zwei Paare im selben Alter, aus Niehl, wie er erklärte. »Was genau ist denn passiert?«
    »Das versuchen wir zu rekonstruieren. Kennen Sie diesen Mann?« Photini zeigte ein Polaroidfoto des Toten.
    Die beiden betrachteten das Bild, eingehend, als wollten sie jeden Zweifel ausschließen.

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