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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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umgebracht, weil er sich gewehrt hat.«
    »Wegen dem bisschen Shit?«, zweifelte Photini. »Reichlich blöde Junkies.«
    »Auf die Menge kommt es gar nicht an. Sondern auf die Situation und wie sich Leute unter Druck verhalten.« Effie betrachtete die noch unvollständige Skizze mit Sohlenabdrücken auf ihrem Laptop. »Da kann viel schiefgelaufen sein.«
    »Meinst du, er hat einfach Pech gehabt?«
    »Ist das nicht meistens so?«
    Als Nächstes erschien der Vorsitzende des Kleingartenvereins »Heckenrose e.V.«. Er war erst seit einem Jahr im Amt und zeigte sich entsetzt über den Vorfall, konnte aber kaum etwas zu der Ermittlung beitragen. Die Plavotics kannte er nur flüchtig, immerhin war ihm ihre Adresse bekannt. Sie nahmen nicht an den Mitgliederversammlungen teil und hatten kaum Kontakt zu den anderen Kleingärtnern. Das sei aber nicht ungewöhnlich, es gebe immer Leute, die lieber für sich blieben. Bei der »Heckenrose« gehe es nicht so pingelig zu wie in manch anderen Anlagen, die er kenne. Im Sommer habe er die beiden einmal gesehen, Anfang Juli, sie veranstalteten einen Grillabend mit Freunden. Damals sagten sie, dass sie häufiger kommen wollten, sonst lohne sich die Pacht der Parzelle ja gar nicht. Aber das hatten sie dann wohl nicht wahrgemacht.
    Raupach entließ den Vereinsvorsitzenden und wies Photini an, Befragungsteams zu bilden, die sämtliche Nachbarn vernehmen sollten, auch die Anwohner in den angrenzenden Häusern.
    »Diese Gegend ist tagsüber ziemlich belebt. Glaubt mir, irgendeiner hat was gesehen. Wir müssen nur lang genug suchen.«
    »Wie immer«, stöhnte Photini.
    »Geduld.«
    »Das kannst du dem Präsidenten sagen.«
    »Ich glaube kaum, dass Lürrip bei diesem Fall schnelle Ergebnisse sehen will.«
    Sie machte sich daran, die Kollegen zum üblichen Klingelputzen einzuteilen.
    Als Höttges zurückkam, trug Raupach ihm auf, sich einen Sechserpack Bier zu beschaffen.
    »Warum denn das?«, wunderte er sich.
    »Spezialauftrag. Setzen Sie sich auf eine Bank im Nordpark. Lassen Sie sich häuslich nieder.«
    »Undercover?«
    »Sie brauchen nicht zu verheimlichen, dass Sie Polizist sind. Halten Sie einfach Ausschau nach Zeugen. Oder nach Leuten, die den Toten gekannt haben. Werfen Sie Ihre Angel aus.«
    »Soll ich mit den Leuten zwanglos ins Gespräch kommen?«
    »Wenn nötig trinken Sie ein Bier mit. Um eine Vertrauensbasis herzustellen.«
    »Im Dienst?«
    »Seien Sie nicht so zimperlich.«
     
    »IST DAS EINE GUTE IDEE?« Photini startete den Motor und schoss aus der Lücke zwischen den Einsatzfahrzeugen. »Höttges unter diesen Pilz zu setzen, mit einem Sixpack?«
    »Von dir chauffiert zu werden, ist gefährlicher«, gab Raupach zurück.
    »Na, ich weiß nicht.« Sie fuhren ein paar Blocks weiter, in die Pohlmannstraße, zur Wohnung der Familie Plavotic.
    »Ich verlange ja nicht, dass er den Mörder ganz alleine stellt und im Handumdrehen einbuchtet.«
    Photini schüttelte den Kopf. »Er will abnehmen. Mit all dem Bier in seiner Nähe schafft er das nie.«
    Der Kommissar begriff. »Ach so.«
    »Du stellst ihn vor ein Dilemma. Der Ärmste wird noch depressiv.«
    »Aber er ist ideal für diese Aufgabe.« Raupach betrachtete die Häuserzeilen an der Amsterdamer Straße, einer großen Verkehrsader im Kölner Norden. Laut, verschmutzt, kein schöner Ort zum Wohnen. »Höttges zieht Spuren an, ist dir das noch nicht aufgefallen?«
    »Er stolpert darüber. Das ist was anderes.«
    »Kommt auf die Sichtweise an. Ich würde sagen, es ist Zeit für ein Experiment.«
    »Dass er seine Angel auswirft?« Photini lachte. »Wie soll er das denn tun, wenn er auf seiner Bank sitzen bleibt? Deine Metaphern waren schon mal besser.«
    »Mir fiel nichts Passenderes ein. Ich hab an das Warten beim Angeln gedacht. Bis der Fisch anbeißt.«
    »Das tut der Fisch doch nicht automatisch.«
    »Normalerweise nicht«, räumte Raupach ein.
    »Das Bier soll als Köder dienen? Bisschen dürftig.«
    »Also gut, vergiss das mit dem Angeln. Höttges funktioniert anders. Elementar.«
    »Ich höre.«
    »Gravitation ist die stärkste Kraft im Universum«, begann Raupach. »Das kann dir jeder Physiker bestätigen.«
    »Nur weil Höttges ein bisschen zu viel Speck auf den Rippen hat –«
    »Schwerkraft wirkt immer, unter allen Bedingungen, egal ob ein Körper sich bewegt oder stillsteht. Die Ursache für Schwerkraft ist die Masse. Die ist einfach da, hat sich so angesammelt.«
    »Haha.« Photini mochte es nicht, wenn man sich über

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