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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Dann schüttelten sie synchron den Kopf. »Nein. Wer ist das?«
    »Das Mordopfer. Gibt es einen Spaten auf Ihrem Gartengrundstück?«
    »Ja, gleich neben der Terrasse«, erwiderte Tihomir Plavotic. »Damit hab ich im März noch das Kürbisbeet umgegraben. Die Dinger wachsen ganz von alleine. Tomaten haben wir dieses Jahr gar nicht angepflanzt. Für mehr Gartenarbeit fehlt mir die Zeit.«
    Auf Photinis Bitte beschrieb er das Gerät. Blatt aus Edelstahl, Holzstiel, T-Griff, selten benutzt.
    »Haben Sie Ihre Bekannten auch mal in das Häuschen eingeladen?«, fragte Raupach.
    »Früher, als wir noch öfter im Garten waren, haben wir regelmäßig gegrillt. Da waren wir zu zehnt oder noch mehr. Ist leider eingeschlafen. Bestimmt kennen Sie das: Man wird bequem.« Tihomir machte eine entschuldigende Geste zu seiner Frau. »Ohne Ivanka hätten wir gar keine Gäste mehr.«
    »Das ist nicht wahr. Du bist nur überarbeitet.« Sie knetete seine Hand. Die mit dem Ehering.
    »Muss schlimm sein, mit einem müden alten Kerl verheiratet zu sein.«
    Ivanka winkte ab. Musterte Tihomir dabei kurz, als sei an seinem Gerede mehr dran, als sie vor den Polizisten zugeben wollte.
    Raupach stand auf und ging zu den Wandteppichen. Dubrovnik, der Hafen. Schöne Stadt, scheußliche Darstellung, aus Massenproduktion. »Hat sonst jemand Zugang zu Ihrem Häuschen am Nordpark?«
    »Nein.« Ivanka warf ihrem Mann einen nervösen Blick zu.
    »Sind Sie sicher?«, fragte die Photini.
    »Natürlich.«
    »Es kommt vor, dass man jemandem einen Ersatzschlüssel gibt, den Nachbarn vielleicht, und es dann wieder vergisst.«
    »Ja, mag sein.«
    »Und bei Ihnen ist das nicht so?«
    Tihomir hustete und knüllte seine Serviette zusammen.
    Raupach wies auf das Foto, das immer noch auf dem Tisch lag. »Dieser Mann könnte einfach in Ihr Grundstück eingedrungen sein. Zufällig. Weil offensichtlich niemand da war und Nummer 88 ruhig wirkte.« Er verschränkte die Arme und sah zu Boden, wusste, dass Photini die Plavotics nicht aus den Augen ließ. »Oder er betrat ganz bewusst Ihren Garten. Weil er ihn kannte. Ohne Ihr Wissen, versteht sich.« Der Kommissar nickte, als wöge er die Möglichkeiten ab. Er schaute hoch. »Wenn Sie uns mehr darüber sagen können, jetzt ist Gelegenheit dazu.«
    Photini fixierte die Frau. Lächelte verständnisvoll.
    »Milan sieht dort hin und wieder nach dem Rechten«, rang sich Ivanka ab. »Mein Neffe.«
    »Sie wollen ihn nicht in Schwierigkeiten bringen«, sagte Photini.
    »Er fährt Taxi. Er hat genug um die Ohren.«
    »Milan ist ein guter Junge«, brach es aus Tihomir hervor. »Aber in seinem Job gerät er manchmal an merkwürdige Leute.«
    »Da geht es uns ähnlich«, sagte Raupach.
     
    ER FÜHLTE SICH wie die Raupe aus Alice im Wunderland. Die saß allerdings auf einem Pilz und zog sich eine Wasserpfeife nach der anderen rein. Höttges saß unter dem Pilz, zu seinen Füßen zwei Batterien Kölsch. Die Marke war dafür berüchtigt, Kopfschmerzen zu bereiten. Deswegen hatte er sie gekauft, bloß nicht in Versuchung kommen. Keine einzige Flasche würde er anrühren. Der helle Wahnsinn, wie viele Kalorien das Zeug hatte.
    Er versuchte, es sich auf der Bank gemütlich zu machen. Wie jemand, der seinen Rausch ausschlief.
    Aber er war nicht müde. Er sollte ja aufpassen, wachsam sein. Liegend war das schwer zu bewerkstelligen. Auf einer Bank, die zu schmal für ihn war.
    Er richtete sich wieder auf. Nein, so ging das nicht. Außerdem: Wer sprach schon einen komatösen Säufer an?
    Dann tat er eben so, als hätte er Urlaub. Freier Tag. Allein im Park. Die Natur genießen. Vogelstimmen. Der Himmel über Köln sah aus wie gebrauchtes Spülwasser.
    Doch davon war nur ein dünner Streifen zu sehen, weil Höttges ja unter dem Pilz saß. Also stand er auf und vertrat sich die Beine. Umrundete das lächerliche Ding.
    Im Kreis gehen. Das war meditativ.
    Wenn man dafür eine Ader hatte. Normalerweise meditierte Höttges in seiner Badewanne. Ohne sich zu bewegen.
    Zwei junge Mütter schoben Kinderwagen vorbei, aufgedonnert wie zu einer Junggesellinnen-Party. Sie wichen routiniert aus. Höttges konnte sich vorstellen, was sie dachten. Ein Dicker mit Nickelbrille in Feierlaune am Vormittag? So einer war als Ernährer ungeeignet.
    Das stimmte vermutlich.
    Was hatte der Chef gesagt? Er sollte seine Angel auswerfen.
    Höttges setzte sich wieder. Na ja, ein Bier musste er wohl aufmachen. Als Kommunikationssignal.
    Er war durstig. Das Bier schmeckte

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