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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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neben ihr Baby legen und alles vergessen, für ein paar Stunden? Vielleicht helfen Pillen. Sie dämmert weg.«
    Photini schloss kurz die Augen. »Irgendwann wacht sie auf. Sie wundert sich, dass nichts von dem Kind zu hören ist, schaut nach: es ist tot. Größter anzunehmender Horror.«
    Ein Wink zu den Fotos an der Tafel.
    »Sie gibt sich selbst die Schuld, steigert sich rein. Ist sie im Schlaf auf das Baby gerollt und hat es erstickt? Ein verrutschtes Kissen. Sie ahnt, dass manchmal ein anderer Teil ihres Ichs Besitz von ihr ergreift, Stichwort Dissoziation. War es eine Kurzschlusshandlung?«
    Raupachs Blick wurde stumpf. So hatten sie es der Familie erklärt, vorschnell, ohne in Betracht zu ziehen, dass es nur ein Unfall gewesen sein könnte.
    »Am Ende hält sich Corinne für die Mörderin ihres Kindes. Sie fragt sich, wer ihr helfen kann. Otto? Sie ruft ihn an. Weiß nicht, dass Thorben beim Telefonieren mithört.«
    Stille. Nach einer Weile drehte Photini das Licht wieder auf.
    »Wir müssen die Bahlings verständigen«, sagte sie, »und Nicolas und Milan, gleich jetzt.«
     
    MILAN MACHTE KEIN AUGE ZU. Schwankte zwischen Erleichterung, Trauer und Sorge. Im Laufe des nächsten Tages erfuhr er auch noch, dass er definitiv der Vater des toten Kindes war. Das Glück hüllte sich manchmal in seltsame Gewänder.
    Der Ermittlungsrichter erließ Haftbefehl gegen Thorben Bahling und Klaus Bahling. Vera und Nicolas durften nach Hause gehen.
    Raupach nahm Milan wieder zu Corinne ins Krankenhaus mit, diesmal ohne Handschellen. Das Mädchen war wach, bekam all die neuen Nachrichten tröpfchenweise eingeflößt. Kehrte an der Hand ihres Freundes zurück.
    Jakub kannte einen Kollegen, der auf schwere Traumata und Dissoziation spezialisiert war. Die Behandlung zog sich vermutlich über Jahre hin. Lara würde nicht sofort verschwinden.
    Bei entsprechenden Auslösern, etwa wenn Corinne einen kleinen, dunklen Raum betrat, oder wenn sie sich an einen Computer setzte, würde Lara zumindest hinter ihr stehen.
    Nach ein paar Tagen erklärte sich Corinne bereit, gegen ihren Bruder Thorben auszusagen. Sobald sie wieder einigermaßen auf der Höhe war, wollte sie ihre Erinnerungen im Zuge einer Anamnese neu zusammensetzen. Auch das gehörte zur Therapie.
    Für den Übergang verschaffte Heide ihr einen Platz in einem Rehabilitationszentrum. Milan machte sich inzwischen auf Wohnungssuche. Die beiden wollten zusammenziehen.
    Die Medien ließen nicht locker, produzierten unterschiedlichste Versionen des Falles. Raupach gab die Story an einen freien Journalisten, der seine eigene Art hatte, die Dinge zu erzählen, anonymisiert, aus allen Perspektiven, mit einem Gespür dafür, worauf es jenseits der Sensation ankam.
    Reintgen entzog sich der Festnahme und setzte sich noch in der Nacht, als Hilgers und Heide ihn der schweren Körperverletzung überführt hatten, ins Ausland ab. Für schlagkräftige Ex-Polizisten, nahm er an, gab es überall Verwendung. Einen Monat später wurde er in einem Vorort von Le Havre festgenommen. Er leistete keinen Widerstand.
     
    »IST DAS JACKETT NICHT ZU LANG?«
    »Nein, nicht zu lang.«
    »Und der Schnitt?«
    »Seit zwanzig Jahren aus der Mode«, schätzte Heide.
    »Aber gut eingetragen.«
    Raupach drehte sich auf der Stelle und blickte in den fleckigen Spiegel. Die Hose passte ihm ebenfalls. Vielleicht musste er sie um ein, zwei Zentimeter kürzen lassen, nicht der Rede wert.
    Die Anprobe in der »Zweiten Hand« hatte gerade mal zehn Minuten gedauert. Neuer Rekord.
    »Wo haben Sie den Anzug her?«, fragte Heide und nahm einen Schluck Kaffee. »Der ist doch nicht vom Laster gefallen, oder?«
    »Aus einem Nachlass.« Die Havemann hatte Heide in den Bullenstuhl gesetzt, ohne zu wissen, dass die Frau zusammen mit Raupach die neue Doppelspitze der Kölner Mordkommission bildete. »Ich habe den Vorbesitzer persönlich gekannt. Kann sein, dass er in dem Ding sogar gestorben ist.«
    »Woran denn?«
    »An den Löchern, die man ihm in den Bauch gefragt hat.«
    Die beiden Polizisten waren die einzigen Kunden im Laden und blieben es auch, bis Heide zum Aufbruch blies.
    Sie fuhren ins Delphi. Effie hatte ihre Geburtstagsfeier verlegt. Raupach behielt seine Neuerwerbung gleich an.
    Photini, inzwischen ohne Augenklappe, schüttelte den Kopf. »Macht dich noch älter als zuvor.«
    »So?«
    »Wenigstens ist er schwarz.«
     
    ERWACHEN. SO früh wie möglich. Frei atmen.
    Wintersocken, dicker Pulli, Strickmütze. Wieder

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