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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Nordpark.
     
    HEIDE UND PHOTINI ÜBERNAHMEN ES, Milan Plavotic zu befragen. Der Mann ließ sich über seine Handynummer ausfindig machen und wurde ins Präsidium einbestellt.
    Ein sonniger Nachmittag, das Vernehmungszimmer der Mordkommission wirkte freundlich, wie ein Tagungsraum in einem Mittelklassehotel. Milan Plavotic blinzelte beim Eintreten und hielt sich die Hand vor die Augen. Photini ließ die Jalousien ein Stück herunterfahren. Man stellte sich einander vor, nahm Platz an drei Seiten eines schlichten Tisches. Die Atmosphäre war offen, geschäftsmäßig.
    »Sie fahren Taxi?«, begann Heide im Plauderton.
    »Sieht so aus.«
    »Zufrieden mit dem Job?«
    »Kann mich nicht beklagen. Aber geschenkt krieg ich nichts.«
    Er gähnte, sah zu Boden, dann zu Heide, kurz zu Photini. Schien sich zu fragen, was die Polizei von ihm wollte. Wusste nicht, dass alle Menschen am Beginn einer Vernehmung so schauten, schuldige wie unschuldige. Weil sie sich fragten, was als Nächstes kam. Welcher Teil ihres Lebens einer Prüfung unterzogen würde.
    Die abgeschabte Lederjacke schien schwer auf Milans Schultern zu lasten. Darunter trug er einen Kapuzenpulli mit einem nichtssagenden Aufdruck. Jeans, Sneakers.
    Milan war 23, sah aber ein wenig älter aus mit seinen Bartstoppeln und den dichten schwarzen Augenbrauen. Eher klein, schmal, verstrubbelte Frisur, wie es gerade Mode war. Er roch auffällig nach einem Duschgel, das seinen Käufern vermutlich eine große Portion Abenteuer versprach.
    »Müde?«, fragte Heide.
    »Nachtschicht.«
    »Wie lange dauert die?«
    »Von acht bis fünf, ungefähr, manchmal mach ich früher Schluss.« Er rieb sich die Augen.
    »Haben Sie schlecht geschlafen?«
    »Ich gewöhn mich einfach nicht dran, liegen zu bleiben, wenn’s draußen schon hell ist. Spätestens um neun quäl ich mich aus den Federn, egal, wie müde ich bin.« Ein Blick, als wollte er sagen: Aufwachen lohnt sich ohnehin nicht.
    »Wie war’s in der vergangenen Nacht?«, fuhr Heide fort.
    »So lala.«
    »Viele Touren?«
    »Hat sich in Grenzen gehalten. Es war ziemlich ruhig.«
    »Haben Sie einen festen Standplatz?«
    »Nein, das kommt immer drauf an.«
    Milan zählte ein paar Hotels auf, den Hauptbahnhof, Kneipen, Clubs. Er war nicht fest angestellt, sondern machte mit dem Taxiunternehmen halbe-halbe wie die meisten. Am Ende seiner Schicht übergab er den Wagen einem Kollegen, die Fahrzeuge sollten nach Möglichkeit 24 Stunden in Bewegung sein. Stehende Taxis waren schlecht fürs Geschäft.
    »Sie fragen sich bestimmt, warum Sie hier sind.« Heide machte eine Pause. Auch Photini wunderte sich, dass Milan so still war und nichts von ihnen wissen wollte.
    »Ja.« Er wartete ab.
    »Es geht um das Häuschen ihrer Tante Ivanka. In der Kleingartenanlage am Nordpark.«
    »Was ist damit?«
    »Sie kümmern sich darum, sehen gelegentlich nach, ob alles in Ordnung ist.« Heide tat so, als studierte sie wichtige Unterlagen. In Wirklichkeit versuchte sie, Photinis stichpunktartige Aufzeichnungen zu entziffern.
    »Bin schon länger nicht dort gewesen«, sagte Milan.
    »Ein bisschen präziser, bitte.«
    »Vor … zwei Wochen?« Es klang gelangweilt.
    Vor der Vernehmung hatten die beiden Kommissarinnen Milan Plavotic überprüft. Der Junge war nicht vorbestraft. Die Kollegen von der Schutzpolizei wussten von ein paar Rangeleien mit unverschämten Fahrgästen. Sie hatten ihn als impulsiv und leicht reizbar eingestuft, doch das galt für viele Taxifahrer.
    »Wo waren Sie um Mitternacht?«, fragte Photini, die sich auf die Rolle der Stichwortgeberin beschränken wollte. »Vor fünfzehn Stunden.«
    »Was ist denn jetzt mit dem Gartenhäuschen?«
    »Gleich. Wir brauchen das fürs Protokoll.«
    Milan lehnte sich zurück. »Mitternacht … Da müsste ich im Fahrtenbuch nachschauen. Aber warten Sie, ich glaube, da stand ich vor einem Club am Ring. Oder an der Kölnarena, eins von beiden.«
    »Wir werden das mit Ihrer Zentrale abklären.«
    »Tun Sie das.«
    Heide bedeutete Photini mit den Augen, dass dies ihre Befragung sei und sie nicht dazwischenzuquatschen habe. Dann legte sie die Fotos des Opfers auf den Tisch und erklärte, weshalb Milan einbestellt worden war. Sie suchten nach Hinweisen auf einen Mord in den Kleingärten.
    Milan wusste nichts über den Toten. Es komme häufig vor, dass Penner oder Junkies in die Kleingärten einbrächen, das sei nicht zu verhindern. Was er damit zu tun habe?
    »Sind Sie mit einem Drogentest einverstanden?«, fragte

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