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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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leise die Schlafzimmertür. Die Nachttischlampe brannte, und das gedämpfte Licht warf lange, verzerrte Schatten über die Wände und das Bett, auf dem Estelle lag. Ich erschrak zutiefst, denn sie schien nicht zu schlafen, sondern lag in einer verkrampften, unbequemen Haltung da, als wäre sie eines qualvollen Todes gestorben. Ich stürzte an die Bettkante und wäre fast auf die Scherben eines zerbrochenen Weinglases getreten, das ihr aus der Hand gefallen sein mußte. Ihr Gesicht war aschfahl, ihre Lippen blutleer. Kein Atemzug hob ihre Brust. Ich tastete eilig nach einem Lebenszeichen an ihrem ausgestreckten Handgelenk; das Pochen meines eigenen Herzens übertönte fast den schnellen flachen Puls, den ich dort fühlte.
    »Gott sei Dank!« ächzte ich, und gleichzeitig schien es mir, als hätte sie sich ein klein wenig bewegt.
    Das gab mir Hoffnung. Ich packte sie bei den Schultern und schüttelte sie, rief immer wieder ihren Namen, versuchte sie aus dem Schlaf zu reißen. Sie ließ keine Anzeichen von Belebung erkennen. Als ich mein Ohr an ihren Mund hielt, konnte ich den schwachen, beruhigenden Hauch ihres Atems spüren, aber ich nahm auch einen chemischen Geruch wahr, den ich nicht kannte. Entsetzt fuhr ich zurück. Mit verzweifelter Hast sah ich mich in dem Zimmer nach einer Flasche oder Phiole um, die meinen Verdacht bestätigen würde, und da entdeckte ich das Blatt Papier, säuberlich zusammengefaltet und an mich adressiert, das sie mit der anderen Hand umklammert hielt.

    Mein liebster, liebster László, ich kann nicht länger warten. Eine Stunde ohne Dich ist eine Ewigkeit. Eine Ewigkeit ohne Deine Liebe ist der Tod. Wenn Dir etwas an mir läge, wüßtest Du das. Ohne Dich hat mein Leben keinen Sinn, deshalb gebe ich es ohne Bedauern auf. Ich glaube und hoffe, daß sich unsere Seelen auf einer anderen, vollkommeneren Ebene des Seins wiederbegegnen werden. Lebe wohl. Estelle.

    Ich fiel neben ihrem Bett auf die Knie. »O Estelle, nein!« stöhnte ich laut, das Gesicht in den Strauß roter Rosen gepreßt, den ich für sie mitgebracht hatte.
    Aber es war nicht der Augenblick, sich dem Kummer hinzugeben; ich riß mich zusammen und besann mich auf meine ärztlichen Kenntnisse. Abhilfe ließ sich hier nur durch ein Brechmittel schaffen. Ich ging das Dienstmädchen suchen, aber ich konnte es nirgends finden. Wahrscheinlich hatte Estelle Luzi vorsorglich weggeschickt, damit sie ihren Plan nicht vereitelte. In der Spülküche verrührte ich eilig etwas Salz in einem Glas mit warmem Wasser und suchte eine Schale, in die Estelle sich übergeben könnte.
    Als ich ins Schlafzimmer zurückkam, traute ich meinen Augen nicht. Estelle lag säuberlich ausgestreckt und die Hände gefaltet wie ein aufgebahrter Leichnam auf dem Bett, splitternackt bis auf den Rosenstrauß, der ihren Leib bedeckte. Ich trat zurück, um einen objektiven Blickwinkel zu bekommen.
    Irgend etwas an ihrem Aussehen stimmte nicht. Ihre fahle Gesichtsfarbe wirkte künstlich und paßte nicht zu der weitaus gesünderen Tönung ihres restlichen Körpers. Ihre Atmung war jetzt tief und schnell, und ihre Zehen und Fingerspitzen waren warm und gut durchblutet. Aus einem Impuls heraus, noch immer völlig ungewiß, ob es sich hier um eine Katastrophe oder eine Posse handelte, streichelte ich ihre Brüste und stellte fest, daß die Brustwarzen dieses lieblichen Leichnams sich alsbald aufrichteten.
    Ich zog mich schnell und so leise wie möglich aus, während ich die ganze Zeit mit einer Hand über ihren Körper strich, damit sie glaubte, ich sei gänzlich mit ihr beschäftigt. Mit wohlbedachter Langsamkeit ließ ich meine Handfläche über ihren Bauch gleiten: die sanfte Neigung des Rippenbogens hinab, über die Magenfläche entlang der leichten Vertiefung zwischen den Muskelsträngen, zu ihrem Bauchnabel und dann über die sanfte Wölbung bis hin zu dem seidigen Flaum und dem Abtauchen in die Feuchtigkeit, wie süßer Moder, zwischen ihren Schenkeln. Die Todesstarre war einer neuen Biegsamkeit gewichen. Ich umfing den Leichnam mit einer kraftvollen Umarmung, die die gefalteten Hände mit einschloß und die Rosen samt ihren Dornen zwischen unseren Körpern zerdrückte. Als ich mich zwischen ihre Beine schob, gab sie mit der Gleichgültigkeit lebloser Materie nach. Ich drang in die Tote ein. Ich hielt sie an mich gepreßt und wand mich auf ihr und zerrieb die Rosen zwischen ihrer und meiner Brust und schwelgte in dem würzigen Geruch zerfetzter Blätter, dem Duft

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