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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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Landhäuser zu bauen, die wie mittelalterliche Burgen aussehen. Und Sie haben das alles in echt!«
    Die junge Dame, die hinter ihrer Schulter stand, wurde allmählich ungeduldig, weil sie noch nicht vorgestellt worden war.
    »Mama!« flüsterte sie.
    Nicole faßte ihre Tochter um die Schulter, zog sie weiter nach vorn und zugleich schützend an sich heran.
    »Und das ist unser Schatz – Stephanie.«

    Stephanie benahm sich sehr geziemend. »Ich bin so froh, Ihre Bekanntschaft zu machen, Gräfin«, sagte sie zu Elisabeth, und ich glaubte, in ihrer Stimme einen Anflug von Ehrfurcht zu entdecken, als wäre sie bisher nicht viel mit der besseren Gesellschaft in Berührung gekommen und ließe sich noch durch Titel beeindrucken.
    »Enchanté«, sagte ich und küßte ihr scherzhaft die Hand. Ich wurde für meine Neckerei mit einem leisen Erröten belohnt, was ihr sehr gut steht, und ihre momentane Befangenheit verlieh mir die Illusion, in ihren Gedanken lesen zu können wie in einem Buch.
    Sie ist von so schüchterner Anmut, wie es nur eine Siebzehnjährige sein kann, und trägt ihren hübschen Kopf auf einem zarten Schwanenhals. Sie erinnerte mich an eine der Rokokojungfrauen, deren Gemälde im Louvre hängen, vielleicht die »Junge Dame mit Mandoline« von Wateau. Die Ähnlichkeit mit Nicole in diesem Alter ist geradezu unheimlich. Ich fühlte mich sofort in jenen Sommer meiner Jugend zurückversetzt, als Nicole bei uns auf dem Schloß zu Besuch gewesen war.
    Elisabeth plauderte mit den Damen über die gegenwärtige Vorliebe für Plaidstoffe – karierte Schals, karierte Bänder im Haar, karierte Kleider, Tam-o'Shanter-Hüte –, ein Stil, der von Königin Victorias Liebe zu dem schottischen Hochland herrührt. Stephanie trug ein scharlachrot kariertes Mieder zu ihrem Kleid, das Elisabeth sehr bewunderte. Ich habe sie noch nie so gesprächig erlebt.
    »In Budapest ist der Stoff leider nicht zu bekommen«, sagte Nicole bedauernd.
    Sie redeten von Tuchmachern in Wien und hiesigen Schneidern, auf die man sich verlassen konnte, um den Kleidern einen gewissen Schick zu verleihen.
    »Wir müssen Sie unbedingt mit Leuten bekannt machen«, sagte Elisabeth zu Stephanie. Ich fragte mich, wen sie in der Budapester Gesellschaft denn noch kannte, aber zu meiner Überraschung nannte sie die Namen mehrerer prominenter Familien. »Vor meiner Heirat bin ich immer zu Bällen und Soireen hierhergekommen«, sagte sie. Ich hatte ganz vergessen, welch gute Beziehungen Elisabeth früher gehabt hatte.
    »Oh, würden Sie das für uns tun?« fragte Nicole aufgeregt.
    »Natürlich.«
    »Ich wäre Ihnen um Stephanies willen ja so dankbar. Wenn wir ihr nur einen guten Start ermöglichen könnten, indem wir sie den richtigen Leuten vorstellen.«
    »Wir werden gleich morgen ein paar Besuche machen. Einverstanden?«
    fragte Elisabeth Stephanie und tätschelte ihren Arm.
    Nicole sah ungeheuer erleichtert aus, als hätte sich unser Besuch schon jetzt gelohnt. »Nachdem wir die letzten Jahre in Wien verbracht haben«, sagte sie,
    »sind Lothar und ich nur mit Mitgliedern der ungarischen Gesellschaft bekannt, die in der Politik tätig sind. Aber die kehren bloß nach Ungarn zurück, um auf ihren Gütern zu jagen, und halten sich daher kaum in Budapest auf. Und dann verbringt man Jahre damit, Freundschaften zu pflegen, nur damit die Politik einen wieder auseinanderbringt. Ich habe liebe Freunde, mit denen ich nicht mehr reden kann, weil sie die falsche politische Meinung haben.«
    »Wir kümmern uns nicht viel um Politik«, sagte ich hoffnungsvoll, in dem Bemühen, mich an dem Gespräch zu beteiligen.
    »Aber wer kann sich ihr heutzutage ganz entziehen?« entgegnete Nicole.
    Das Hausmädchen kam mit dem Teetablett, und mir schien, ich hätte eine männliche Stimme im Flur etwas fragen hören, bevor sie eintrat. Nicole kümmerte sich nicht darum, sondern machte sich mit dem Einschenken der Tassen zu schaffen, aber Stephanies Benehmen schien sich ein wenig zu ändern, wurde förmlicher, wachsamer.
    Wie sehr es Lothar ähnelte, einen Moment auf der Türschwelle zu warten, um die Anwesenden zu beobachten, bevor er eintrat.
    »Mein lieber alter Junge!« rief er aus, als ich ihn erblickte. Bevor ich Gelegenheit fand, ihn Elisabeth vorzustellen, hatte er meine Schulter ergriffen und schüttelte mir die Hand. Dann begrüßte er Elisabeth, war sehr galant zu ihr, schaute ihr tief in die Augen, ganz der unverbesserliche alte Verführer. Er hatte nichts von seinem

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