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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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einem solchen Tempo los, daß ich nach hinten in meinen Sitz zurückfiel.
    »Sehen Sie«, sagte Lothar und zog mit dem Silberknauf seines Spazierstocks einen alles umfassenden Bogen durch die Luft, als würde er einen Vortrag halten. »Je größer die Forderungen sind, die man stellt, desto größer die Achtung, die einem entgegengebracht wird. Er sagt, der Anzug wird in einer Woche fertig sein; und ich sage ihm, daß er in drei Tagen fertig zu sein hat. Als Folge davon schenkt er dem bemerkenswerten kalligraphischen Musterstück, das Sie ihm gelassen haben, gar keine Beachtung.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich die Rechnung nicht bezahlen kann?« fragte ich ziemlich erhitzt. Seine Anspielung, daß ich versuchen würde, mich meinen Verpflichtungen zu entziehen, fand ich eher lächerlich als beleidigend.
    »Ich dachte, Sie hätten selbst gesagt, daß Sie es sich nicht leisten könnten, ihn zu bezahlen?« sagte er und klopfte mir dabei auf die Schulter. Von der Ehre eines Gentleman war gar nicht erst die Rede. Für Lothar war alles ein großer Spaß. »Aber ich habe das Gefühl, daß Sie schon bald zu Geld kommen werden.«
    »Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.«
    »Wenigstens genug, um Ihre Schneiderrechnung zu bezahlen.«
    »Wie soll das geschehen?« fragte ich.
    »Ich habe für Sie etwas Geld in die abendländischen Handelsgesellschaften gesteckt.«
    »Das hätten Sie nicht tun sollen.« Ich war verstimmt darüber, daß er mich für arm hielt, und wütend, weil er mich dazu gebracht hatte, in seiner Schuld zu stehen.
    »Warum nicht? Es war ganz einfach. Ich habe ein paar Anteile für Sie und ein paar für mich selbst gekauft. Sie können mir die Summe von dem Geld zurückzahlen, das Sie bei dem Geschäft verdienen, dann sind wir wieder quitt.«
    »Und was passiert, wenn die Kurse fallen und Sie das Geld verlieren ?«

    »Das wird nicht der Fall sein. Ich habe den Tip von Aristide. Er will, daß Sie davon profitieren. Das ist sein Geschenk. Er hätte nicht davon gesprochen, wenn Sie nicht dabeigewesen wären. Schließlich gehören Sie zur Familie.«
    »Die Aktienbörse ist nichts anderes als die Wetten bei den Pferderennen«, sagte ich beklommen, als mir Georgs Verluste einfielen.
    »Genau.«
    »Die meisten Leute verlieren die meiste Zeit. Das ist statistisch bewiesen.«
    »Und es stimmt auch fast immer. Aber bei manchen Rennen weiß man schon vorher, wie sie ausgehen werden, noch bevor die Startflagge geschwenkt wird.«
    »Sie glauben, daß diese Aktien manipuliert sind?«
    »Wenn Aristide Berthier seine Finger im Spiel hat, können wir davon ausgehen, daß es nicht die Gesetze des Zufalls sind, die die Geschäfte der abendländischen Handelsgesellschaften vorantreiben.«
    »Damit will ich nichts zu tun haben.«
    »Erzählen Sie das Ihrem Schneider.«
    »Sie haben dem Mann doch erzählt, ich wäre ein Graf.«
    »Nicht ›ein Graf‹, sondern der Graf. Was Ihnen, wie ich bemerkt habe, gar nicht mal unlieb war.«
    »Was meinen Sie mit ›der Graf‹?« fragte ich.
    »Ich habe ihm Ihren Namen gesagt. Das ist doch gar nicht so falsch. Wenn Ihr Bruder Georg nicht wäre, würde es sogar stimmen.«
    »Aber ich habe Ihnen gegenüber nie von meinem Bruder gesprochen. «
    »Ich habe es nachgelesen.«
    »Nachgelesen? Sie sagen das, als handle es sich um etwas, das man auf einem Fahrplan nachlesen kann.« Ich gab mir Mühe, gelassen zu bleiben, aber es ist störend, wenn jemand mehr über einen weiß, als man ihm selbst verraten hat.
    »Wußten Sie denn nicht, daß ich Attache an der Botschaft bin?«
    Ich hatte im Zusammenhang mit ihm nie an etwas so Weltliches wie Arbeit gedacht, denn er schien über jede Routine erhaben zu sein.
    Lothar war amüsiert. Er schwenkte seinen Spazierstock zwischen Zeigefinger und Daumen und spielte den affektierten Diplomaten: »Ich habe nur die Klingel auf meinem Tisch betätigt und dem Bürogehilfen aufgetragen, Ihre Akte zu holen. Eine sehr dünne Akte, wie sich dann herausstellte. Nichts Heikles.
    Eigentlich absolut enttäuschend. Allerdings sind Sie ja auch noch nicht lange hier, eine Woche erst. Wollen mal sehen, ob wir sie nicht ein bißchen umfang-reicher gestalten können.«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß ich so wichtig bin.«
    »Sind Sie auch nicht. Das ist doch nur Papierkram. Die Bürokraten in Wien behalten unseren Adel im Ausland gern im Auge.«
    »Besteht darin Ihre Arbeit?«
    »Großer Gott, ich ›arbeite‹ doch nicht«, sagte er angewidert, und mir kam es zum

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