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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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schüchterner Anziehungskraft, und ich hatte das Gefühl, nichts weiter zu brauchen als den Anblick ihrer sanften, niedergeschlagenen Augenlider, die unter meinem Blick leicht zu flattern begannen.
    »Sie dürfen meine Hand nehmen, wenn Sie es wünschen«, sagte sie leise.
    Ich tat es. »So weich«, murmelte ich und fühlte mich wie ein linkischer Bauernjunge, der seine sanfte Schäferin umwarb.
    Lothar hatte das Kinn auf die Hand gestützt und beobachtete unsere Annäherung mit ironischem Interesse.
    »Sehr hübsch gemacht!« sagte er. Ich fragte mich, ob sich hinter seiner Distanziertheit vielleicht Eifersucht verbarg. Er nahm die Rolle des Zuschauers und Kritikers ein, so als wären wir Handelnde in einem Schauspiel, das für ihn aufgeführt wurde. Und im nachhinein gesehen könnte das der Wahrheit sogar ziemlich nahe gekommen sein.
    Er füllte die Gläser so nebenbei, so offensichtlich geistesabwesend, daß mir gar nicht auffiel, daß ich noch gar nicht ausgetrunken gehabt hatte und somit auch nicht wußte, wieviel ich trank.
    »Möchten Sie, daß ich bei Ihnen bleibe?« fragte mich Lothar wie selbstverständlich. Mir war nicht ganz klar, was er damit meinte. Er beugte sich spöttisch grinsend über den Tisch. »Schließlich kann man sich beim erstenmal ziemlich einsam fühlen.«
    »Eine Jungfrau!« entfuhr es Stacia. Sie fuhr ehrfürchtig mit den Fingerspitzen über meine Wange. Ich hatte dieses verwunderte Starren schon im Gesicht von Medizinstudenten erlebt, wenn sie einen Patienten mit einer seltenen, aber berühmten Krankheit vor sich haben.
    »Wir könnten sie uns teilen«, schlug Lothar leise vor. Seine träge Haltung war wie weggeblasen, und sein Gesicht war vor Erregung rot angelaufen.
    Sprachlos vor Ekel drehte ich mich zu Stacia um, um ihre Reaktion zu sehen, aber sie schien überhaupt nicht empört zu sein.

»Das kostet Sie aber das Dreifache«, sagte sie nur.
    »Das ist wirklich das Abscheulichste... Degenerierteste...«, begann ich, sah aber sofort, daß meine Worte keinen Eindruck auf ihn machten und daß es keinen Sinn hatte weiterzusprechen.
    »Aber ich bitte Sie! Seien Sie doch nicht so prüde! Ich könnte Ihnen ein paar Tips geben. Hinweise von einem alten Fachmann.« Er bewegte seine Finger, geschmeidig und vielsagend; eine Geste, die mir nicht bekannt war, die aber unmißverständlich höchst obszön wirkte. »Stehe Ihnen gerne bei, falls Sie in die Klemme geraten.« Er lachte laut auf. Offensichtlich fand er sich sehr komisch.
    »Ich brauche Ihre Hilfe nicht!« fuhr ich ihn an, nahm mich aber gerade noch rechtzeitig zusammen. Lothar provozierte mich, und ich lieferte ihm genau die Unterhaltung, auf die er aus war. »Vielleicht bin ich gar nicht so unerfahren, wie Sie glauben.«
    Meine Geheimnistuerei stachelte ihn nur noch mehr an. »Oh«, sagte er mit spöttischer Bewunderung und nickte langsam mit dem Kopf, während er mich die ganze Zeit mit einem bösen Glitzern in den Augen anstarrte.
    »Ja, in der Tat«, erwiderte ich richtig. Ich war entschlossen, ihm ins Gesicht zu lügen. Beruhigend drückte ich Stacias Hand, und sie belohnte mich, indem sie beide Hände um meine Hand legte.
    »Ihre Erfahrungen liegen mehr auf der Linie der Observation als im Praktischen, nicht wahr?«
    »Gewiß. Als Arzt hatte ich schon mit den Körpern von Frauen zu tun. Wenn es aber um Liebe geht, dürfte es, was das Physische betrifft, herzlich wenig Geheimnisse für mich geben. Soviel kann ich Ihnen verraten.«
    »Ich hatte eigentlich eher an« – Lothar hatte mit Zeigefinger und Daumen ein Schlüsselloch gebildet und wie ein Monokel an sein Auge gehalten, wobei er sich in seinem Sessel herumdrehte, um es auf verschiedene Punkte im Zimmer zu richten und schließlich an mir haftenzubleiben – »gucken gedacht.«
    Ich hatte ein ungutes Gefühl wegen der Richtung, die das Gespräch jetzt nahm. »Die Beobachtungen eines Arztes haben wissenschaftliche Gründe. Mit dem wollüstigen Voyeurismus, dem Sie sich hingeben, haben sie nichts zu tun.«
    Stacia war von unserem Gespräch gelangweilt und legte meine Hand in ihren Schoß. Dagegen wäre sicherlich nichts einzuwenden gewesen, wenn sie nicht ihre Schenkel gespreizt und meine Finger dazwischen begraben hätte.
    »Ich bin überrascht, daß Sie es zur Sprache bringen«, fuhr Lothar beharrlich fort.
    »Das war nicht ich. Das haben Sie getan.«
    »Den Voyeurismus, meine ich.«
    »Ich erinnere mich genau daran, daß Sie sagten, es wäre eine der Spezialitäten des

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