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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Sie war so schroff zu ihr, weil sie herumgeschrien hat.«
    »Nein. Ich weiß nicht.« Beth zuckt mit den Schultern. »Meredith war immer schroff.«
    »An dem Abend war sie abscheulich.« Ich stehe auf und stelle den Kessel klappernd auf den Herd, um Kaffee zu kochen.
    »Du solltest dich mal auf dem Dachboden umsehen, wenn du dich für alte Bilder und Papiere interessierst«, sagt Beth mit plötzlichem Eifer.
    »Ach ja?«
    »Da oben steht eine alte Reisetruhe – ich weiß noch, dass Meredith Carolines ganze Sachen in einen alten, roten Schrankkoffer gepackt hat, als wir zu Carolines Beerdigung hier waren. Es war beinahe so, als wollte sie alles, was Caroline gehörte, aus den Augen haben.«
    »Daran erinnere ich mich gar nicht. Wo war ich denn damals?«
    »Du bist in Reading geblieben, nebenan bei Nick und Sue. Dad hat gesagt, du wärst noch zu klein für eine Beerdigung.«
    »Dann gehe ich nachher mal hoch und sehe nach«, sage ich. »Komm doch mit.«
    »Nein, nein, ich hatte mit der Familiengeschichte noch nie viel am Hut. Aber vielleicht findest du etwas Interessantes«, entgegnet sie lächelnd. Mir fällt auf, wie eifrig sie darauf drängt, dass ich die ferne Vergangenheit erforsche statt unsere eigene, jüngere. Wie eifrig sie versucht, mich abzulenken.

Sehnsucht
    1902–1903
    W ährend der Frühling in den Sommer überging, ge- wöhnte Caroline sich allmählich an die Gegenwart von Joe und Magpie und zwei weiteren Ponca-Frauen, Joes Mutter White Cloud und seine verwitwete Schwester Annie. Sie besuchte sie nicht wieder, doch Corin erklärte ihr die indianische Sitte, dass die Frauen einander besuchten und Geschenke austauschten. Caroline erhielt mehrere solcher Besuche, bis die Ponca offenbar das Interesse verloren. Caroline graute es schon, wenn sie die drei auf das Haus zukom men sah, und sie ertrug diese Besuche mit zum Zerreißen gespannten Nerven, unsicher, wie sie mit ihnen sprechen sollte oder was angemessene Gegengaben für den Honig, die Handschuhe und eine schön geschnitzte Schöpfkelle sein könnten, die sie ihr schenkten. Schließlich gab sie ihnen meistens Geld, das White Cloud mit verschlossener Miene entgegennahm. Caroline kochte ihnen Tee und konnte es kaum erwarten, dass sie wieder gingen, doch nach diesen Besuchen hatte sie stets das Gefühl, irgendwie versagt zu haben. Durchs Fenster beobachtete sie Joe, wenn er auf der Ranch herumlief, denn die fremdartigen, merkwürdigen Gesichtszüge und die schwarze Mähne erregten immer wieder ihre Neugier. Er trug ein langes Messer in einer Lederscheide an der Hüfte, und jedes Mal, wenn sie es sah, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
    Sie gewöhnte sich nicht an die Hitze, die mit jedem Tag schlimmer wurde. Bis zum Mittag war die Sonne eine flache, weiße Scheibe, die wie die Hand eines Riesen auf ihren Kopf zu drücken schien, sobald sie aus dem Haus trat. Sie drückte sie nieder, und Caroline fühlte sich schwer und halb geblendet. Wenn der Wind wehte, wirkte er wie ein Luftschwall aus einem heißen Ofen. Caroline, die es ihr Leben lang gewohnt gewesen war, um zehn Uhr das Bett zu verlassen, stand nun mit Corin bei Sonnenaufgang auf, um ein wenig Zeit zum Leben zu haben, ehe die Hitze wieder unerträglich wurde. Zu dieser Stunde war der Himmel im Osten violett und azurblau mit schwach blinkenden Sternen, die erloschen, wenn sich der Tag ausbreitete. Corin fuhr sie nach Woodward, damit sie Stoff für Vorhänge kaufen konnte, und Teppiche und einen großen Spiegel, den sie über den Kaminsims hängen wollte. Er bezahlte alle diese Dinge mit leicht irritierter Miene. Caroline war kribbelig vor Ungeduld während der Wochen, die es dauern würde, bis die Bestellung per Zug aus Kansas City geliefert wurde, und sie klatsch te vor Aufregung in die Hände, als sie endlich eintraf. Nach und nach verrückte sie die Möbel im Haus, bis ihr die Anord nung gefiel, und sie fegte und fegte, um an windigen Tagen den Sand aus dem Haus zu bekommen, bis sie Blasen an den Händen hatte. Frustriert gab sie auf und dichtete alle Ritzen um die Fenster und Türen mit Lumpen ab.
    Es fiel ihr noch schwerer, sich an die notwendige Arbeit zu gewöhnen, die hier täglich getan werden musste, nur um den Haushalt zu besorgen. Es gehörte sich eigentlich, dass sie als Corins Frau ihm morgens Kaffee kochte und Frühstück bereitete, doch bis sie sich das Haar hochgesteckt, das Gesicht gewaschen und ihr Korsett geschnürt hatte, hatte er sich schon selbst etwas gemacht und

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