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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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mal. Dann atmete er tief und anhaltend ein - aber es reichte nicht. Er gähnte immer weiter. Seine Hände waren kalt und seine Wirbelsäule kribbelte. Aber wenigstens verfiel er nicht in Panik und musste sich auch nicht übergeben. Jedenfalls noch nicht.
    Er stand auf, um sich die Kompass-Schlösser anzusehen, und hoffte, dass die Kombination für die Pforte, durch die Henrietta verschwunden war, möglichst nah an der war, auf die die Knöpfe jetzt eingestellt waren. Dann betrachtete er die merkwürdigen Zeichen um die beiden Regler und blätterte im Notizbuch seines Großvaters. Dabei stieß er auf eine Kombination, die vier Positionen von dem Knopf auf der linken Seite und zwei von dem der rechten Seite entfernt war. Er sah nach, welche Nummer das Fach hatte, und suchte diese Nummer an der Wand. Es war ein unauffälliges braunes Fach. Auf seinem Namensschild stand »Tempore«.

    Bevor Henry die Kombination einstellte, vergewisserte er sich, dass er sein Messer dabeihatte. Er zog seinen Rucksack unter seinem Bett hervor und steckte beide Notizbücher seines Großvaters hinein. Dann schlüpfte er mit den Armen durch die Riemen und wandte sich wieder den Kompass-Schlössern zu.
    Mit einem tiefen Atemzug drehte er vorsichtig an den Knöpfen.
    Unten in Großvaters Zimmer zog er die Tür so weit es ging zu und blickte auf das noch immer offen stehende Fach. Dann ging er zum Bett hinüber und zog das Seil hervor. Er wusste, dass das Seil am Bett angebunden bleiben musste, darum nahm er nur das lose Ende. Schließlich schaltete er das Licht aus.
    Einen Augenblick lang blieb Henry stehen, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann ging er vor der kleinen Tür in die Knie. In der einen Hand hielt er sein Messer, in der anderen das Seil. Mit seinem Rucksack auf dem Rücken war er fast schon zu groß für das Fach, aber er legte sich auf den Bauch und schob sich vorwärts.
    Ein lautes Ticken umgab ihn. Der Geruch von Holzfeuer.
    Henry schob sich weiter und das Ticken wurde lauter. Jetzt konnte er einen Raum erkennen, aber in irgendetwas vor ihm spiegelte sich das Licht eines Feuers.

    Er befand sich hinter einer Glasscheibe.
    Henry drückte gegen die Glasscheibe und stellte fest, dass sie gebogen war. Er versuchte, nach oben zu sehen, aber er war zu eng eingequetscht, um seinen Körper bewegen zu können. Daher drehte er nur seinen Kopf. Die Decke des Fachs war verschwunden. Er legte seine Stirn auf das Glas und versuchte, seine Beine nachzuziehen. Ein kleines Stückchen gelang es ihm, daher schob er seinen Kopf ein wenig höher und versuchte, sich weiter in die Senkrechte zu bewegen. Das Ticken war nun sehr laut, auch wenn Henry nicht allzu sehr darauf achtete. Er stieß mit dem Kopf gegen etwas Schweres. Und etwas anderes schlug ihm von hinten an den Schädel. Er schrie und versuchte, wieder ein Stück hinunterzurutschen, aber er schlug sich nur erneut den Kopf an. Lärm erfüllte den kleinen Raum - ein Rasseln und ein Scheppern, als jetzt genau über seinem Kopf Glockenschläge einsetzten.
    Ich bin in einer Uhr!, durchfuhr es Henry.
    Im Raum bewegte sich etwas. Es war vor das Feuer getreten. Henry erstarrte. Es kam auf ihn zu. Henry hörte eine Stimme auf der anderen Seite der Scheibe. Es war die Stimme eines Jungen.
    »Was machst du da?«, fragte die Stimme.
    »Äh …«, machte Henry und versuchte, sein Gewicht zu verlagern.

    »Warum bist du in einer Uhr?«
    Henry grunzte: »Ich stecke fest.«
    »Und wo ist der Rest von dir?«
    »Der steckt auch fest.«
    Der Junge lachte. »Aber wie bist du denn da hineingekommen? Und wie passt du überhaupt da rein?«
    »Tue ich ja gar nicht.« Henry vernahm ein leises Klicken. Das Glas, das gegen sein Gesicht drückte, gab nach, und sein Kopf fiel vornüber. Er stemmte sich mit den Ellbogen hoch und wand sich heraus auf den Fußboden. Dann sah er auf zu einem dünnen, bleichen Jungen. Zuerst fiel ihm auf, dass der Junge wulstige Lippen hatte, und als Nächstes, dass er seine Hose sehr weit hochgezogen hatte, bis zu den Rippen. Die Hosenbeine reichten nur halb über seine Schienbeine.
    »Sie lassen immer den Schlüssel stecken«, sagte der Junge. »Wenn nicht, hättest du drinnen bleiben müssen. Wie bist du da hineingekommen?«
    Henry sah zurück zu der Uhr. Es war eine Standuhr, groß, wenn auch nicht riesig. Das Pendel hatte schon vergessen, dass es gegen Henrys Kopf gedonnert war, und schwang gleichmäßig hin und her. Die Gewichte schaukelten noch immer auf und ab

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