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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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sie in ein muffig riechendes einfaches Kleid, das lange Jahre zuunterst in ihrer Truhe gelegen hatte, wechselte die Holzpantoffeln gegen grobe Lederschuhe und warf sich den Mantel über. Zuletzt griff sie nach dem Korb, aus dem die Forelle ihren rauchigen Duft verbreitete.
    Im schwarzen Schatten der Stallungen schlich sie am Rande des Hofs entlang bis zum Tor. Der Südostwind jagte helle Wolkenfetzen über den Nachthimmel. Vorsichtig schob sie den Schlüssel ins Schloss und wartete einen heftigen Windstoß ab, der das Quietschen des Tors übertönen sollte. Ohne einen einzigen Blick zurück schlüpfte sie hinaus und schloss hinter sich ab. Den Schlüssel warf sie über die verwitterten Bretter. Es klingelte leise, als er innen auf die Pflastersteine fiel.
    Es war nicht völlig dunkel, ab und zu leuchtete sogar ein schmaler Mond zwischen den Wolken hervor. Die feuchte Nachtluft roch nach Erde und frischem Gras. Sie lief den ausgefahrenen Weg, der vom Kloster nach Eschwege führte. Bald sah sie schemenhaft die breiten Apfelbäume, deren kahle Äste sich wie Spinnenbeine nach den Sternen reckten. An den grauen Stämmen flackerte roter Feuerschein. Erleichtert eilte sie darauf zu und schrak zusammen, als ein dunkler Schatten über den Weg fiel.
    »Ich bin es, Ihr müsst nicht erschrecken.« Am Feldrain erkannte sie die schmale Gestalt des Mauren, der mit dem Feuer im Rücken wie ein Hüne wirkte. Er reichte ihr die Hand und zog sie aus dem Hohlweg nach oben. Eine Weile standen sie sich stumm gegenüber. Aus dem nahen Wald gellte der Ruf eines Käuzchens.
    »Ich habe zu essen mitgebracht«, sagte sie leise und stellte den Korb ans Feuer. Silas hatte einen Holzstapel als Windschutz genutzt. Das Maultier scharrte in einiger Entfernung im Gras und sah neugierig herüber. Sie setzte sich und zog den groben Wollstoff des Kleides über ihre Knie. Die Flammen knisterten behaglich, doch in ihrem Herzen nisteten Ungewissheit und Angst. Mit zitternden Fingern zerteilte sie den Fisch und das Brot. »Nimm, du hast gewiss Hunger.«
    Er neigte den Kopf und lächelte. »Warum tragt Ihr Euren Habit nicht?«
    »Ich brauche ihn nicht mehr, denn ich gehe nicht zurück.« Der Satz kratzte auf der Zunge wie Distelblätter.
    Silas hob die Augenbrauen und sah sie prüfend an. Sie bemerkte, dass sein Haar so grau war wie die frische Asche am Rande des Feuers.
    »Ist es so schlimm?«, fragte er besorgt. »Was habt Ihr angestellt?«
    »Das ist eine sehr lange Geschichte.«
    »Die Nacht ist jung«, entgegnete er und sah hinauf zum Mond. »Und Eure Geschichten waren immer sehr unterhaltsam.«
    Sie reichte ihm den Weinkrug. »Berichte zuerst, warum du gekommen bist.«
    Den Wein lehnte er ab, langte jedoch beim Fisch noch einmal zu und legte trockene Zweige aufs Feuer. Funken stoben gen Himmel, wo sie verglühten. Würziger Rauch krabbelte in ihrer Nase.
    »Markward von Annweiler hat eine schlecht heilende Schwertwunde am Oberarm. Er fragte mich um Rat. Während ich die Wunde mit Salbe behandelte …«
    »Breitwegerich?«, unterbrach sie ihn.
    Er nickte und grinste. »Ja, und Akelei. Ein wenig Arnika auch.«
    Eine Welle der Wehmut erfasste sie, als sie an ihre Lehrzeit auf Lare dachte. Wie glücklich war sie damals gewesen und wie ahnungslos gegen die Tücken des Lebens. Der Rauch brannte plötzlich in ihren Augen.
    Er fuhr fort: »Auf einmal stürmt Heinrich herein. Furchtbar wütend erzählt er von Gerüchten, die ihm zu Ohren gekommen seien, und dass endlich etwas unternommen werden müsse, um den elenden Schwätzern die Mäuler zu stopfen.«
    Judith beugte sich vor. Die Flammen erwärmten ihr Gesicht. »Was meinte er?«
    »Ich weiß es nicht. Doch es muss etwas mit seiner fragwürdigen Abstammung zu tun haben. Wie Ihr vielleicht wisst, ist seine Konstanze noch immer kinderlos. Das Schicksal scheint sich zu wiederholen. Von Annweiler wusste jedenfalls sofort, worum es ging, und riet ihm, nicht ohne die Kiste nach Sizilien zu reisen.« Er stocherte mit einem Zweig in der Glut.
    »Die Kiste?« Sie hielt den Atem an.
    Er wandte ihr sein Gesicht zu, das im Schein der Flammen einen dunklen Bronzeton angenommen hatte. »Markward empfahl ihm, sie aus Eschwege zu holen. Er meinte, bei Euch sei sie wohl sicher, aber man wisse nicht, wer oder was nach Euch käme. Was ist in dieser Kiste, Judith?«
    Sie seufzte. »Eine Frage noch: Was weißt du über den Tod des Kaisers?«
    »Der junge Friedrich hat niemanden an den Leichnam herangelassen, obwohl man mich

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