Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Besuch abzustatten und alles durcheinanderzubringen. Uberto blieb nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Während der Inquisitor sich geistig darauf vorbereitete, gleich eine Unmenge von Lügen von sich zu geben, klopfte es, und ein Novize steckte den Kopf zur Tür herein. Nachdem er sich tief vor dem Erzbischof verneigt hatte, verkündete er mit hochrotem Kopf, im Erdgeschoss warte ein gewisser Guido Arlotti dringend auf Pater Uberto und er habe ihm nicht begreiflich machen können, dass der Inquisitor nicht gestört werden dürfe. Was er nun tun solle, fragte er demütig.
Uberto zögerte einen Moment. Wenn Guido es wagte, in einem Augenblick wie diesem so hartnäckig darauf zu bestehen, ihn zu sehen, musste etwas Schwerwiegendes geschehen sein. Doch sosehr er auch darauf brannte zu erfahren, worum es sich handelte, konnte er das Gespräch mit dem Erzbischof nicht dafür unterbrechen.
»Sag ihm, er soll später wiederkommen«, erklärte er dem Novizen. »Jetzt habe ich zu tun.«
»Aus welchem Grund will dieser Mensch Euch so dringend sprechen?«, mischte sich Rinaldo da Concorezzo ein.
»Es handelt sich um einen ehemaligen Ordensbruder, der seit Jahren auf dem Weg der Verdammnis ist«, sagte Uberto und nahm seine Strategie der Halbwahrheiten wieder auf. »In letzter Zeit nähert er sich wieder dem Glauben an, doch seine Gewissenskrisen können sehr gut bis zum Ende unseres Gespräches warten.«
»Erlaubt, dass ich Euch berichtige, Pater«, sagte Rinaldo. »Nichts ist wichtiger als die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Geht ruhig, ich warte hier auf Euch.«
Uberto schluckte den Vorwurf, dankte dem Erzbischof für
seine Großmut und folgte dem Novizen hastig in das untere Stockwerk, beunruhigt über die Nachrichten, aber froh über das unerwartete Glück, Guido doch so schnell sprechen zu können.
Arlotti stand wartend in der Eingangshalle. Er trug eine Tunika und saubere Beinlinge in mattem Grün. Seine Kopfbedeckung aus weichem Stoff reichte ihm bis über die Ohren, aber selbst sie konnte die Blutergüsse und Kratzer in seinem Gesicht nicht verbergen. Seine Lippen waren geschwollen und aufgeplatzt, und er hatte ein blaues Auge. Uberto führte ihn in einen kleinen, spärlich möblierten Raum mit einem auf die Wand aufgemalten Kruzifix. Das Zimmer wurde nur von einer Kerze unterhalb des Kruzifixes spärlich erhellt, doch der Inquisitor machte keinerlei Anstalten, die auf einem rechteckigen Schränkchen neben dem Tisch stehende Öllampe anzuzünden oder sich auf eine der beiden Bänke zu setzen. Er gab Guido zu verstehen, er solle leise reden, und fragte ihn, was geschehen sei. Der ehemalige Mönch unterrichtete ihn über seinen unglücklich verlaufenen Zusammenstoß mit Mondino, Adia und den Mastinos.
»Und was habt Ihr getan, als die Frau Euch weggeschickt hat?«
»Wir benötigten erst einmal alle die Hilfe eines Wundarztes, deshalb sind wir in die Stadt zurückgekehrt.« Bevor der Inquisitor etwas einwenden konnte, sah Guido hoch, starrte ihn an und fügte hinzu: »Die Hexe wird mir früher oder später dafür büßen, und Mondino finde ich wieder, wann ich will. Aber deswegen bin ich nicht hier. Wisst Ihr über den neuen Mord Bescheid?«
Uberto breitete die Arme aus. »Ich habe vor kurzem davon erfahren, als ich mich im Palazzo des Podestà aufhielt. Das ist ein großes Problem, denn der junge Mann, den ich der ersten beiden Morde anklagen wollte, kann den dritten nicht begangen
haben, da er sich seit heute Morgen im Kerker befindet.«
»Genau darüber wollte ich mit Euch sprechen«, erwiderte Guido, und auf seinem Gesicht breitete sich ein triumphierendes Lächeln aus. »Mondino und ein junger Mann namens Gerardo sind die Mörder. Ich bin beinahe sicher, dass dieser Gerardo der falsche Student ist, von dem Ihr mir erzählt habt. Der, der jetzt im Gefängnis sitzt.«
Das war beinahe zu schön, um wahr zu sein. Jetzt kannte Uberto Francesco Salimbenes richtigen Namen und würde ihn am nächsten Tag einsetzen können, um den Widerstand des Gefangenen endgültig zu brechen. Allerdings würde er die Informationen vorher sorgfältig überprüfen müssen. Er konnte sich keinen falschen Schritt erlauben.
»Bist du dir vollkommen sicher?«, fragte er.
»Ja«, erwiderte Guido, ohne zu zögern. »Die Leiche wurde zur Vesper entdeckt, aber der Mann ist zwischen den Laudes und der Stunde davor getötet worden. Ich habe alles gesehen.«
Uberto da Rimini sah ihn lange an, bevor er etwas
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