Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Fiamma zu holen. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich glaube, dass ich weiß, wo ich sie finden kann.«
Darauf herrschte einen Augenblick Stille, und alle überdachten diesen Vorschlag.
»Als Verantwortlicher für die Gerichtsbarkeit der Stadt«, sagte der Capitano del Popolo, »kann ich das nicht gestatten. Es ist zu gefährlich. Außerdem können normale Bürger niemanden verhaften. Abgesehen davon, dass ihr beide zwar von der Anklage wegen Mordes entlastet seid, aber euch immer noch der Brandstiftung und des Verbergens einer Leiche schuldig gemacht habt.«
Da hatte Mondino sich endlich entschieden. Er konnte sich zwar keineswegs mit dem Gedanken anfreunden, in dieses Chaos hinauszugehen und sein Leben zu riskieren, aber es war die einzige Möglichkeit, schnell von einer Anklage freigesprochen zu werden, die ihm die Todesstrafe einbringen oder zumindest seine berufliche Laufbahn unwiderruflich zerstören konnte. Außerdem spukte ihm schon wieder der Traum durch den Kopf, mit dem alles seinen Anfang genommen hatte. Sobald Fiamma in den Händen der Justiz war, würde sie unerreichbar für ihn sein. Wenn er ihr Geheimnis doch noch erfahren wollte, musste er jetzt handeln. Er hatte so viel riskiert - wie sollte er sich da im letzten Moment zurückziehen?
»Dies sind Beschuldigungen, die wir mit der Hilfe eines guten Anwalts leicht entkräften werden«, sagte er zu den beiden Amtsträgern. »Und das wisst ihr auch. Ich werde euch mein
Haus verpfänden als Sicherheit, dass wir unsere Freiheit nicht zu einem Fluchtversuch nutzen. Ich kann euch auch sofort einen Schuldschein unterschreiben.«
Bei diesen Worten warf ihm Gerardo einen dankbaren Blick zu, den Mondino lieber nicht beachtete. »Ihr müsst nur einen als Mann aus dem Volk gekleideten Sbirren mit uns schicken«, fügte er hinzu. »Er wird Fiamma Sensi verhaften, womit die Förmlichkeiten gewahrt bleiben.«
Der Podestà und der Capitano del Popolo sahen einander unentschlossen an.
»Abgesehen von allen Überlegungen«, schloss Mondino, »wäre es besser, dass die Menge uns hier nicht vorfindet, wenn es ihr tatsächlich gelingt, in das Gebäude einzudringen.«
»Wisst Ihr auch wirklich, wo sie ist?«, fragte der Podestà, an Gerardo gewandt. »Es würde mich sehr wundern, wenn sie nach allem, was sie getan hat, einfach zu Hause säße und auf uns wartete.«
»Inzwischen ist ihr alles egal«, mutmaßte Gerardo und fuhr ernst fort: »Ihr nehmt jedoch zu Recht an, dass sie nicht zu Hause ist. Ich werde Euch jedoch erst sagen, wo ich sie suchen will, wenn Ihr mir Euer Wort gegeben habt, dass ich die Sbirren begleiten darf, die sie verhaften werden. Unter meiner Führung werden sie den Ort viel schneller finden.«
»Gut«, sagte der Podestà und schritt zur Tat. »Ich werde Euch drei Männer mitschicken, keinen mehr. Und jetzt verfassen wir den Brief.«
Er ließ Pergament, Tinte und Feder bringen, doch im ganzen Gebäude war kein einziger Notar aufzutreiben. So verfasste er eigenhändig das Dokument und unterschrieb es eilig. Dann rief er die drei Sbirren herein, die vor der Tür gewartet hatten. Der Capitano del Popolo ließ sie in seine Privaträume bringen und lieh ihnen unauffällige Gewänder, die weit genug waren, um die schmalen Schwerter zu verbergen, die sie an der
Seite an einem Gürtel zwischen Hemd und Übergewand trugen.
»Wir sollten auch eine Waffe tragen«, sagte Mondino.
»Das Gesetz ist da eindeutig, und ich werde es bestimmt nicht brechen«, erwiderte Pantaleone. »Bürgern ist es verboten, innerhalb der Stadtmauern Waffen zu tragen. Haltet euch immer dicht bei meinen Wachen, dann wird euch nichts geschehen.«
Kurz darauf verließen die fünf Männer einer nach dem anderen das Gebäude durch den Hintereingang. Die Menge, die sich am vorderen Portal versammelt hatte, bemerkte sie nicht. Aber sie hatten erst ein Dutzend Schritte zwischen den verlassenen Ständen des Mercato di Mezzo zurückgelegt, als sich hinter ihnen ein Schrei erhob: »Der Mörder flieht!«
Sie wandten sich geschlossen um, und zu seinem Entsetzen erkannte Mondino die stämmige Gestalt von Guido Arlotti, der anklagend mit dem Finger auf sie zeigte.
Der äußere Rand der Menge wogte hin und her wie ein Weizenfeld im Wind. Viele drehten sich zu der kleinen Gruppe um, und der Schrei: »Der Mörder flieht!« wurde von Dutzenden Mündern wiederholt. Gerardo sah, wie zahlreiche Menschen sich aus der Menge lösten und zunächst langsam auf sie zukamen, als wüssten sie
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