Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
als der junge Tempelritter, sondern auch ungeübt im Kämpfen, hatte er keine Chance: Zwei schnell aufeinanderfolgende Faustschläge in sein Gesicht genügten, und der Inquisitor ging zu Boden. Dort blieb er benommen und verwirrt liegen. In diesem Moment nahte eine Schar Mönche, die aus dem nahen Konvent herbeigelaufen kamen. Sie waren zwar unbewaffnet, aber bereit, mit bloßen Händen zu kämpfen. Auch aus den umliegenden Häusern eilten jetzt Leute herbei, um den Kirchenmännern zu helfen; dennoch machten die Angreifer keine Anstalten sich zurückzuziehen. Angelockt von dem Kampfeslärm, hatte eine neue Gruppe Aufständischer ihre Reihen verstärkt: Männer und Frauen in Gewändern aus grobem Leinen, barfuß oder mit besohlten Beinlingen, die an den Knöcheln heruntergerollt waren, nahmen die Mönche von hinten unter Beschuss und feuerten einen dichten Steinhagel auf die Ordensleute.
»Gehen wir, hier werden wir nicht mehr gebraucht«, sagte Mondino und trat neben seinen ehemaligen Schüler.
Gerardo nickte. Der Kampf ging zwar unvermindert weiter, doch die Mönche und die Leute, die ihnen aus den Häusern zu Hilfe geeilt waren, gewannen nun die Oberhand. Dies war
nicht der richtige Moment, um Zeit zu vergeuden und vielleicht noch Erklärungen geben zu müssen, denen ohnehin niemand glauben würde.
Plötzlich packte jemand seinen ausgerenkten Arm. Gerardo durchzuckte ein ungeheurer Schmerz, während der Inquisitor aus Leibeskräften schrie: »Er ist der Hexer! Er ist der Mörder!« und ihn mit einer Kraft festhielt, die er diesen kleinen Händen niemals zugetraut hatte. Gerardo sprang herum und traf ihn mit dem Knie voll im Gesicht. Mit beachtlicher Geistesgegenwart half Mondino durch einen Stockschlag auf den kahlen Kopf von Uberto nach, und davon wurde dieser erneut und endgültig zu Boden geschickt.
»Los, laufen wir!«, schrie der Arzt und schaute sich nach einem Fluchtweg um.
Zum Glück waren die Schreie des Inquisitors im allgemeinen Lärm untergegangen. Niemand hatte sie beachtet. Instinktiv kniete Gerardo vor dem Erzbischof nieder und küsste dessen Ring. »Wir sind unschuldig, Monsignore«, sagte er. »Der Podestà hat uns freigelassen. Erklärt das bitte dem Inquisitor, wenn er sich erholt hat.«
Rinaldo da Concorezzo schenkte ihm ein wohlwollendes Lächeln und musterte ihn aufmerksam und mit einer Ruhe, als würde nicht rings um sie gekämpft.
»Ich glaube dir, mein Sohn, selbst wenn ich nicht weiß, wer du bist«, sagte er und hob die rechte Hand. »Und ich segne dich.«
Gerardo neigte kurz den Kopf, dann sprang er auf und rannte Mondino hinterher, der schon etliche Schritte vor ihm in Richtung Santo Stefano lief.
Guido Arlotti hatte sich von dem Zusammenstoß mit dem Hochzeitszug nicht ablenken lassen, aber seine Männer hatte die allgemeine Stimmung von Erregung und Gewalt erfasst, die sich inzwischen in der ganzen Stadt verbreitet hatte: Sie
hatten sich in den Angriff auf die Verwandten der Braut gestürzt und hieben mit ihren Dolchen auf die Sprunggelenke der Pferde ein. Diese stürzten in einem Durcheinander aus Schreien und Wiehern zu Boden. Die Braut hatte geistesgegenwärtig ihr Pferd gewendet, ihm die Absätze ihrer zierlichen bestickten Schuhe in die Flanken gerammt und sich in Sicherheit gebracht. Ihre Eltern hatten jedoch nicht so viel Glück gehabt; sie lagen verletzt, vielleicht auch bereits tot, auf dem Boden in einer Blutlache. Die Geldbörsen und den Schmuck hatte man ihnen bereits abgenommen.
Die Aussicht auf Beute war verlockender als der Lockruf der Gewalt, und Guido musste sich anstrengen, um wenigstens fünf der Männer, die er eingesetzt hatte, um die Menge aufzuhetzen, zurück an seine Seite zu beordern. Erst als er ihnen das Doppelte des ausgemachten Lohns versprach, konnte er sie überzeugen, ihm zu folgen. Im Gehen versteckten die Männer die gestohlenen Sachen hastig unter ihren Kleidern und folgten ihrem Dienstherrn eifrig.
Sie rannten eilig auf die Straße zu, in die Arlotti Gerardo und Mondino hatte einbiegen sehen. Die beiden waren zwar aus ihrem Blickfeld verschwunden, Guido ließ sich jedoch von den Stimmen ihrer Verfolger leiten. Er durfte sie nicht entkommen lassen. Dass sie freigelassen worden waren, konnte nur eines bedeuten: Der Podestà war von ihrer Unschuld überzeugt. Und genau aus diesem Grund mussten sie zum Schweigen gebracht werden.
Guido freute sich, die beiden mit eigenen Händen zu richten, immerhin würde der Generalablass ihn ja von
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