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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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amüsieren. »Jetzt denkst du gerade, dass die Anschuldigungen gegen uns, die du für falsch gehalten hast, der Wahrheit entsprechen.«
    Gerardo schüttelte verwirrt den Kopf: »Sagt Ihr mir, was ich denken soll, Kommandant. Die Jungfrau Maria Christus gleichzustellen, ist Häresie.«
    »Ich sprach nicht von der Jungfrau Maria. Und ich stelle sie ihm nicht gleich, sondern vielmehr sogar über ihn«, erwiderte der Franzose gelassen.
    Nach diesen Worten hatte Gerardo jetzt nur noch einen Wunsch: dieses Haus zu verlassen und den Kommandanten seinen Ketzereien zu überlassen. Das Amt, das er bekleidete oder besser bekleidet hatte, da Akkon nun seit über zwanzig Jahren in den Händen der Sarazenen war, verbot es ihm, den Mann offen zu kritisieren, aber Gerardo wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
    Hugues de Narbonne brach in herzliches Gelächter aus. »Entschuldige, dass ich ein wenig meinen Spaß mit dir getrieben
habe«, sagte er. »Dein Gesichtsausdruck ist einfach unsagbar komisch.«
    Gerardo seufzte erleichtert auf. »Ich wusste doch, dass Ihr das nicht ernst meinen konntet, aber einen Augenblick lang habe ich wirklich geglaubt …«
    »Ich habe das ganz ernst gemeint. Ich bat dich nicht um Verzeihung für das, was ich gesagt habe, sondern dafür, wie ich es gesagt habe. Ich hätte das Thema in kleinen Schritten angehen, erst die Lage sondieren und dich darauf vorbereiten sollen … Stattdessen wollte ich wiederholen, was mein Meister vor langer Zeit mit mir getan hat. Jetzt verstehe ich, warum er damals so gelacht hat.«
    Gerardo begriff seine eigene Reaktion nicht. Er wusste, dass er nun hätte aufstehen und gehen müssen, stattdessen blieb er jedoch sitzen, wie gelähmt von den vielen Fragen, die sich in seinem Kopf häuften. Wenn er nicht die Muttergottes meinte, für wen benutzte der Kommandant dann die Anrede Heiligste Maria? Und warum sprach er von einem Meister, als wären diese Ketzereien eine im Orden anerkannte Praxis? Während seiner Lehrzeit und der Vorbereitung auf das Gelübde hatte Gerardo nie etwas Derartiges gehört. Handelte es sich etwa um geheimes Wissen, das da vor ihm ausgebreitet wurde? Und wenn dem so war, warum hatte sich Hugues de Narbonne entschlossen, ausgerechnet ihm davon zu erzählen, wo er ihn doch gar nicht kannte? Eine Frage war aber am drängendsten: Beging er gerade eine Todsünde, wenn er hier war und dem Franzosen nicht widersprach?
    »Zuhören ist keine Sünde«, sagte Hugues und bewies ihm noch einmal, dass er in ihm lesen konnte wie in einem offenen Buch. »Wenn dir das, was ich sagen werde, als Ketzerei erscheint und du es für unvereinbar mit den Wahrheiten des christlichen Glaubens hältst, kannst du gehen und nie mehr zurückkommen. Ich werde nicht von der Bürgschaft zurücktreten
und werde dich als von der Gehorsamspflicht befreit betrachten, die du mir als deinem Vorgesetzten gegenüber schuldig bist. Also: Was wirst du tun?«
    Gerardo hatte sich schon entschieden, und Hugues’ Worte waren wie Öl, das ins Feuer gegossen wurde: Sie fachten seinen brennenden Wissensdurst noch weiter an.
    »Sprecht«, brachte er endlich heraus.
    »Ich nehme an, du hast schon von Baphomet gehört, dem Götzenbild, das zu verehren wir beschuldigt werden«, begann der Franzose.
    »Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass auch dies wahr ist?«, flüsterte Gerardo kaum hörbar. All seine Überzeugungen wurden innerhalb eines einzigen Tages in den Grundfesten erschüttert.
    Hugues machte eine Handbewegung, als wollte er ein nervöses Pferd beruhigen. »Ja, es stimmt, dass einige von uns, ich würde sogar behaupten, der bessere, wenngleich kleinere Teil unserer Brüder, etwas verehren, das wir Baphomet nennen. Doch es ist falsch, dass es sich um ein Götzenbild handelt, und teuflisch ist es auch nicht. Alles liegt im Sinn der Worte verborgen.«
    Er stand auf, ging in die Küche und kam mit einem Krug Weißwein zurück, allerdings ohne Becher. Er trank einen langen Schluck, bevor er ihn Gerardo anbot. »Trink, das brauchst du jetzt.«
    Der junge Mann gehorchte mechanisch, dann stellte er den Krug wortlos zwischen sie auf den Tisch.
    »Kennst du die Sprache der Juden?«, fragte ihn Hugues.
    »Natürlich nicht!«, erwiderte Gerardo empört. Allein der Gedanke, etwas mit den Mördern Christi gemeinsam zu haben, war ihm ein Grauen.
    »Ich auch nicht. Aber ich kenne ihr Alphabet. Die Juden lehnen wie die Sarazenen die Botschaft Christi ab und werden dafür
auf ewig verdammt sein. Aber das bedeutet

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