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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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Haare unter einer Haube zusammengenommen hatte. Sie hielt eine Tonschüssel in Händen, der ein angenehmer Geruch nach Schmorfleisch entströmte. Obenauf lagen zwei dicke Scheiben Brot. Als sie das Fleisch auf den Tisch stellte, beugte sie sich so weit vor, dass man ihren Busen sah, und schenkte Gerardo ein anzügliches Lächeln.
    »Gianna bleibt nur wenig Zeit, bis ihr Mann Verdacht schöpft und nach ihr sucht«, erklärte Hugues. »Ich habe ihr erzählt, dass ich einen Gast habe, und sie ist bereit, uns beide
für einen Soldo zusätzlich zu befriedigen, aber nur gemeinsam, nicht nacheinander.«
    Offensichtlich konnte er sich auch bei Leuten verständlich machen, die kein Latein sprachen, wenn er wollte. Gerardo beschränkte sich darauf, den Kopf zu schütteln. Die beiden lachten, weil er errötet war, und gingen ins Schlafzimmer. Auf der Schwelle drehte die Frau sich um, sah ihn fast ein wenig sehnsuchtsvoll an und hauchte ihm mit den Fingerspitzen einen Kuss zu.
    »Wenn du es dir überlegst, kannst du noch nachkommen«, sagte sie.
    Hugues flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie schallend lachte, dann schlossen sie die Tür.
    Gerardo blieb wie gelähmt am Tisch sitzen und fragte sich, warum er nicht ging. Ein Teil in ihm, den er krampfhaft zu unterdrücken suchte, flüsterte ihm zu, dass er bereits gesündigt hätte, indem er sich hatte erregen lassen, und dass er damit auch gleich in das Zimmer nebenan gehen und sich mit der Frau vergnügen könnte.
    Er suchte nach einem Mittel, um sich von diesen Gedanken abzulenken, deshalb sah er sich erneut das Blatt mit dem hebräischen Alphabet an, das auf dem Tisch lag. Und bald war Gerardos Kopf wieder mit den vielen Enthüllungen beschäftigt, die er in so kurzer Zeit und alle auf einmal erhalten hatte. Christus war verheiratet, und das mit Maria Magdalena, einer Frau von üblem Ruf, obwohl sie später erlöst und heiliggesprochen worden war. Das konnte einfach nicht wahr sein. Vielleicht, dachte Gerardo, enthielten die gegen seinen Orden erhobenen Anschuldigungen wegen Ketzerei, die er immer für falsch und vorsätzlich ersonnen gehalten hatte, doch einen wahren Kern.
    Aber sosehr er sich auch bemühte, klar zu denken - er war zu nichts anderem in der Lage, als im Kopf immer wieder die
gleichen Satzfetzen zu wiederholen, die keinen logischen Zusammenhang hatten. Zuerst dachte er, er wüsste zu wenig, um es beurteilen zu können. Dann, dass es eine Sünde sei, sich hinter dieser vorgetäuschten Unwissenheit zu verstecken. Was war denn nun seine Pflicht? Sich selbst anzuzeigen und sich in die Hände der Inquisition zu begeben, um dort zu erklären, er habe in gutem Glauben gehandelt? Nein, das war zu gefährlich. So lief er Gefahr, unter der Folter befragt zu werden. Und selbst wenn man ihm schließlich Glauben schenken und ihn freilassen würde, wäre er für den Rest seines Lebens als Krüppel gezeichnet. Nachdem er eingehend sein Gewissen erforscht hatte, kam Gerardo zu dem Schluss, dass er sich nicht zum Märtyrer berufen fühlte.
    Außerdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass Hugues’ Worte der Wahrheit entsprachen. Vielleicht stimmten die verbreiteten Gerüchte, dass die Tempelritter im Heiligen Land Geheimnisse entdeckt hatten, die im Widerspruch zur offiziellen Lehre der Kirche standen. Er sah sich das hebräische Wort an, das Baphomet hieß, und darunter seine Transkription in Sophia, die Göttin der Weisheit. Wie viele Geheimnisse er wohl entdecken mochte, wenn er Hugues de Narbonne folgte?
    Schnell verjagte Gerardo diesen gotteslästerlichen Gedanken, doch bevor er seine Aufregung auch nur so weit kontrollieren konnte, dass er in der Lage war, eine klare Entscheidung zu treffen, und sei es auch nur der Entschluss, einfach aufzustehen und zu gehen, kam Gianna bereits wieder aus dem Schlafzimmer. Sie richtete hastig ihre Haube.
    »Komm an einem anderen Tag wieder«, flüsterte sie ihm zu, als sie an ihm vorbeiging. »Bei dir werde ich schon dafür sorgen, dass ich mehr Zeit habe.«
    Die Tür zur Straße fiel mit einem trockenen Laut ins Schloss, und gleich darauf erschien Hugues de Narbonne im
Arbeitszimmer. Er blickte ernst, aber Gerardo beging nicht den Irrtum, dies darauf zurückzuführen, dass der Franzose sich bewusst war, welch schwere Sünde er soeben begangen hatte. Offensichtlich betrachtete sich der Kommandant als jemanden, der über den Gesetzen der Kirche stand. Damit musste es einen anderen Grund für diese Ernsthaftigkeit geben. Vielleicht

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