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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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sehr alt sein und sich meilenweit unter der Stadt erstrecken. Viele kommen jeden Abend zum Schlafen her. Andere bleiben auch tagsüber hier, wenn sie zu krank sind, um hinauszugehen.«
    »Wie ist es möglich, dass niemand davon weiß?«, fragte Gerardo.
    Bonaga erklärte ihm, jemand habe einst, lange vor seiner Geburt, ein neues Stockwerk auf das Haus über ihnen bauen wollen, dabei sei es jedoch zusammengestürzt, weil der Hohlraum darunter das Gewicht nicht trug. So hatte man die unterirdischen Räume entdeckt. Das Haus war verlassen worden, weil es sich nicht lohnte, es wieder aufzubauen - schließlich war das Erdreich darunter ausgehöhlt. Die Bettler hatten das unterirdische Gewölbe erkundet, für tauglich befunden und besiedelt. Die Bürger dagegen hatten mit der Zeit vergessen, dass es überhaupt existierte.
    »Ich bin nie dort gewesen«, meinte Bonaga traurig. »Allein kann ich nicht dort hinunter, und niemand hat mich je dorthin bringen wollen.«
    Seine Stimme war hart geworden. Vielleicht war er deswegen bereit gewesen, das Geheimnis zu verraten - nicht so sehr des Geldes wegen, sondern weil er sich ausgeschlossen fühlte.
    »Hast du keine Freunde?«
    Der Junge schüttelte den Kopf und sah Gerardo in die Augen. »Wir Armen sind untereinander alle Feinde. Ich muss jedes Almosen, das ich bekomme, immer sofort ausgeben, sonst stehlen es mir die anderen und nutzen aus, dass ich nicht fliehen kann.« Er schwieg einen Moment, dann fügte er hinzu:
»Aber wenn mir genug Zeit bleibt, meine Schleuder zu greifen und mich mit dem Rücken zu einer Wand zu stellen, halten sie sich von mir fern.«
    »Möchtest du gern sehen, wie es da unten ist?«, fragte ihn Gerardo, einer Eingebung folgend.
    Der Junge zuckte mit den Schultern und schaute stumm zu Boden. Gerardo bückte sich und hob ihn von dem Brett hoch. Dann begann er, mit dem Jungen in den Armen zwischen den Trümmern hinunterzugehen.
    Als sie den Gang erreichten, setzte er Bonaga auf einem Steinquader ab und schaute sich um. In dem spärlichen Licht, das von oben hereinfiel, entdeckte Gerardo eine Fackel, und als er genauer hinsah, auch einen Zünder und einen Feuerstein. Er schlug den Zünder auf den Stein. Die mit ranzigem Öl getränkte Fackel fing sofort Feuer und brachte außer Licht auch einen dichten schwarzen Qualm hervor.
    Der Junge schrie verwundert auf. Sie befanden sich in einem alten Gang, der vor langer Zeit einmal Teil der römischen Kanalisation gewesen sein musste: In der Mitte verlief ein Abwasserkanal, der jedoch ausgetrocknet war, und auf der linken Seite gab es leicht erhöht einen schmalen Weg. Im Gang wehte ein leichter Wind. Offensichtlich gab es weitere Ausgänge, so dass die Luft zirkulieren konnte; allerdings brachte der Wind keinen sehr angenehmen Geruch mit. Der nun seit Jahrhunderten ausgetrocknete Boden des Kanals war mit Unrat übersät, in dem Ratten herumhuschten.
    »Dort entlang kommt man unter die Kirche Santo Sepolcro«, sagte Bonaga und zeigte auf den Abschnitt des Ganges zu ihrer Rechten. »Jetzt geht niemand mehr dorthin, sie sagen, der Platz sei verflucht.«
    Gerardo starrte in den dunklen Gang. Dieser Ort machte es leicht, an jede Art von übernatürlichen Erscheinungen zu glauben. »Verflucht? Inwiefern?«

    »Das weiß ich nicht. Wie ich Euch schon gesagt habe, redet kaum jemand mit mir. Ich habe nur gehört, dass einige Bettler verschwunden sind und dann dort unten gefunden wurden. Tot.«
    »Ich verstehe. Und wohin geht es auf der anderen Seite?«
    »Folgt man dem Gang, kommt man irgendwann in einem großen Raum heraus«, antwortete Bonaga. Er betrachtete diesen düsteren Ort wie eines der sieben Weltwunder. »Man hat mir erzählt, dort wären die Wände bemalt wie in einer Kirche. Ich weiß, dass der Ferrareser dort seinen Schlafplatz hat.«
    »Ich werde ihn suchen gehen«, sagte Gerardo. »Warte hier auf mich. Ich bringe dich hinauf, wenn ich zurückkomme.«
    »Nein!«, rief der Junge ängstlich aus. »Wir müssen sofort von hier verschwinden!«
    Mit erregter Stimme erklärte er ihm, dass Gerardo, wenn er so gekleidet, wie er jetzt war, dort hingehen würde, sicher nicht mehr lebend aus dem unterirdischen Gewölbe herauskäme. Und er, Bonaga, würde dann dort auf dem Stein keine Möglichkeit haben, je wieder hinaufzukommen, und sicher schnell das gleiche Schicksal erleiden.
    Gerardo zögerte. Er wollte die Sache endlich hinter sich bringen und mit dem Ferrareser sprechen, damit er erfuhr, ob der etwas mehr oder

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