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Das Geheimnis der antiken Kette

Das Geheimnis der antiken Kette

Titel: Das Geheimnis der antiken Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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ernst. »Nie so was gesehen«, erklärte er seinen Kameraden.
    Rue gehörte zu den Leuten, die daran glaubten, dass die Mächte des Schicksals dem Wagemutigen beistehen, weshalb sie sich einen Stuhl heranzog und sich zwischen den langhaarigen Revolvermanntyp in einem Drillichstaubmantel und den untersetzten Kerl mit den Gummibändern setzte.
    »Karten für mich«, sagte sie fröhlich.
    »Wo haben Sie das Ding her?«, fragte der mit dem Zylinder.
    »Woolworth«, antwortete Rue und griff nach dem abgewetzten Kartenspiel in der Mitte des Tisches.
    Der Zylindermann sah sie verblüfft an und wollte protestieren, aber als Rue die Karten schwungvoll von einer Hand in die andere fächerte, ohne eine einzige fallen zu lassen, presste er die Lippen zusammen.
    Der Revolvermann stieß einen Pfiff aus. »Verdammter Hu… Hundesohn, Ma’am! Wo haben Sie das gelernt?«
    Rue erwärmte sich für das Spiel genau wie für die Unterhaltung. »Vor drei Jahren an Bord der Air Force One. Ein Mann vom Geheimdienst hat es mir beigebracht.«
    Zylinder und Gummiring sahen einander völlig verdutzt an.
    »Ich sage, die Lady spielt mit«, erklärte der Revolvermann.
    Niemand widersprach, vielleicht, weil der Revolvermann einen gefährlich aussehenden 45er tief um die Hüfte geschnallt trug.
    Rue verteilte die Karten mit dem Geschick, das aus jahrelanger Übung entstanden war. Ihr Großvater hatte ihr, schon als sie sechs war, in Montana das Spielen beigebracht, und seither hatte sie Streichhölzer, Uhren, Kugelschreiber und Taschengeld gewonnen.
    Rue hatte schon mehrere Pots eingestrichen, die hauptsächlich aus Münzen bestanden, aber auch einige überdimensionale Dollarscheine des 19. Jahrhunderts beinhalteten, als die Prostituierte in dem erbsengrünen Kleid hereingerauscht kam.
    Der Frau klappte die Kinnlade herunter, und sie riss die Augen auf, während sie eine frische Flasche Whisky auf den Tisch knallte.
    »Ruhe, Sissy«, sagte der Revolvermann mit einem Streichholz zwischen den Zähnen. »Hier wird ernsthaft gepokert.«
    Sissys Augen sahen aus wie zwei Brandlöcher in einer Decke, wie sich Tante Verity ausgedrückt hätte, und Rue empfand Mitleid. Das Leben im 19. Jahrhundert war schon schwer genug für respektable Frauen. Es musste noch schwerer sein für die Ladys der Nacht.
    Der Revolverheld griff nach Rues Uhr, die neben ihrem Stapel mit den Gewinnen lag, und zeigte sie Sissy. »Bring mir Glück, Zuckerpuppe, und ich schenke dir das als Schmuckstück.«
    »Ich glaube, mit wird gleich schlecht«, murmelte Rue.
    »Was haben Sie gesagt?«, fragte der Zylinder gereizt. Beim Poker zu verlieren ging ihm sichtlich nicht gut hinunter.
    Rue zeigte ihm das gleiche Lächeln, mit dem sie dem Präsidenten der Vereinigten Staaten die Antwort auf eine harte Frage bei einer Pressekonferenz entlockt hätte, und erwiderte: »Ich sagte, das Spiel ist gar nicht schlecht.«
    Sissy warf die Uhr wieder auf den Tisch, sah Rue einen Moment finster an, drehte sich dann um und fegte aus dem Raum.
    Rue hatte schon genug gewonnen, um sich dieses scheußliche Gingankleid zu kaufen und sich ein Zimmer in der Pension zu nehmen. Jetzt musste sie nur noch aus dem Spiel aussteigen, ohne ihre Mitspieler zu verärgern.
    Sie gähnte mitreißend.
    Gummiband warf ihr einen einschüchternden Blick zu, eindeutig nicht bereit, den Abend zu beenden, und das Spiel ging weiter. Und weiter.
    Es wurde allmählich peinlich, wie Rue weiterhin gewann, als ganz plötzlich die in den Saloon führende Tür aufflog. In der Tür stand Farley Haynes.
    Als er Rue mit fünf Karten in der Hand und einem Stapel Münzen davor erblickte, fluchte er. Sissy spähte um seine breiten Schultern und lächelte, damit Rue Bescheid wusste, dass sie ihren bevorstehenden Sturz eingeleitet hatte.
    »Das Spiel ist aus!«, sagte Farley schroff, und keiner der Spieler wehrte sich. Rue ausgenommen, verzogen sie sich und murmelten dabei verschiedene Entschuldigungen und hastige Freundlichkeiten, während sie hinausliefen.
    Rue stand auf und stopfte den Gewinn in die Taschen ihrer Jeans. »Brechen Sie sich bloß kein Bein, Marshal«, sagte sie. »Ich habe das bekommen, weshalb ich hergekommen bin, und jetzt gehe ich.«
    Farley schüttelte den Kopf. »Sie kommen mit mir, Miss Claridge. Sie sind verhaftet.«

3. KAPITEL
    »Einen Moment, Marshal!«, fauchte Rue und stemmte sich gegen seinen Griff. »Sie haben mir meine Rechte noch nicht vorgelesen!«
    »Was für Rechte?«, fragte er, als sie die dunkle Straße

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