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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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für solche Dinge hatte, war gekommen, um Lilly zu frisieren und ihre widerspenstige Mähne zu einem Zopf zu flechten, den sie ihr sorgfältig um den Kopf legte und feststeckte; nur an den Schläfen ringelten sich wie zufällig ein paar Korkenzieherlocken. Danach zog sie für diese Gelegenheit ihr bestes Kleid an – das bedruckte Musselinkleid mit dem spitzenbesetzten Saum, das sie normalerweise nur sonntags trug, wenn sie in die Kirche ging. Auf diese Weise herausgeputzt, kam Lilly eine Viertelstunde früher als nötig die Treppe herunter, den Mantel über dem Arm.
    Die Tür von Francis' Zimmer stand offen und sie schaute zu dem elend wirkenden jungen Mann hinein, der seit gestern krank im Bett lag. Er stützte sich auf einem Ellbogen auf und schaute sie mit großen Augen und hochgezogenen Brauen an. »Wo gehst du hin?«
    »Zum Abendessen mit meiner Tante und meinem Onkel, ins The George .«
    »Ach ja, stimmt ja.« Er starrte sie immer noch an.
    Sie trat in die ehemalige Speisekammer, die zum Schlafzimmer des Lehrlings umfunktioniert worden war, setzte sich auf die Kante des schmalen Bettes und nahm ihm das Tuch von der Stirn. »Wie fühlst du dich?«
    »Zu zwei Teilen benommen und zu einem Teil schwach.«
    Sie befühlte seine Stirn. »Das Fieber ist ein bisschen gesunken.«
    Sie stand auf und tauchte das Tuch in eine Schüssel mit Wasser, die auf der Kommode stand. »Du hast auch schon wieder ein bisschen Farbe. Ich glaube, Vater hat recht – der Patient wird es überleben.«
    »Ist er erleichtert oder enttäuscht über die Prognose?«
    »Erleichtert natürlich«, meinte sie und fügte grinsend hinzu, »schließlich müsste er sonst dein Lehrgeld zurückgeben.«
    »Ich dachte, er würde enttäuscht sein, weil ich ja nicht gerade der begabteste Lehrling bin, den er je hatte.«
    »Schhhhh. Du wirst jeden Tag besser.« Sie wrang das Tuch aus.
    »Und du, Lilly, bist du erleichtert, dass du mich nicht los bist?«
    Sie legte den Kopf schief. »Nun ja, es wäre schön, die Speisekammer wieder benutzen zu können, und gegen ein ausgeglicheneres Verhältnis von Männern und Frauen in diesem Haushalt hätte ich auch nichts einzuwenden. Ich bin eindeutig in der Unterzahl.«
    Francis, den sie so selbstverständlich neckte, schien das nicht amüsant zu finden. Er wirkte niedergeschlagen.
    »Francis, es tut mir leid. Ich weiß doch, dass du im Augenblick nicht dein altes, dickhäutiges Selbst bist, das mich rücksichtslos neckt. Natürlich bin ich froh, dass es dir besser geht. Und dass wir dich noch jahrelang bei uns haben werden.«
    Francis lächelte bedauernd und schloss die Augen. »Wenn es mir gut geht, bist du nie so nett zu mir. Ich sollte öfter krank werden.«
    »Lieber nicht, Francis. Du weißt doch, was Vater immer sagt …«
    Er presste das Kinn auf die Brust und ahmte Charles Haswells tiefe, strenge Stimme nach: »Es gehört sich nicht für einen Mediziner, krank zu werden.«
    »Siehst du? Du weißt es.« Sie legte ihm das kühle Tuch auf die Stirn. »Und sobald du wieder ganz gesund bist, werden wir dafür sorgen, dass du dich auch an die Kräuter und Heilmittel erinnerst.«
    Als sie den schummerigen, nur von Kerzenlicht erhellten Speisesaal des The George betrat, erhob sich ihr Onkel von einem Tisch in einer ruhigen Ecke. Jonathan Elliott war so groß, dass sein Kopf, als er aufstand, um sie zu begrüßen, an die Hopfenbündel stieß, die an den Deckenbalken zum Trocknen aufgehängt waren. »Lillian, wir freuen uns sehr, dass du gekommen bist.«
    Ihre Tante, die sitzen geblieben war, streckte die Hand aus und Lilly ergriff sie. »Ich freue mich auch.«
    »Wie hübsch du aussiehst. Deine Frisur ist sehr schön.«
    »Danke. Das hat meine Freundin Mary gemacht.« Lilly setzte sich.
    Ihr Onkel nahm ebenfalls wieder Platz und sagte: »Wir haben uns erlaubt, schon zu bestellen. Ich hoffe, du magst Beefsteaks und Artischocken?«
    Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so etwas gegessen hatte. »Es klingt köstlich.«
    Zwei alte Bauern, die mit ihren Bierkrügen dicht beim Feuer saßen, waren die einzigen anderen Gäste. Mrs Dubin, die mit unverhüllter Neugier von Lilly zu ihrer gut gekleideten Gesellschaft schaute, bediente sie mit professioneller Gewandtheit.
    Als das Essen aufgetragen war, begann ihre Tante: »Wie du weißt, sind wir mit einer ganz bestimmten Absicht bezüglich deines Bruders hierhergekommen. Leider war sie jedoch nicht realisierbar. Dein Onkel und ich sind allerdings überzeugt,

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