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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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ihr Vater die Decke hob, die über den Beinen des Mannes lag, hielt er kurz inne.
    »Lilly, ich glaube, ich habe alles, was ich brauche. Vielleicht könntest du in die Küche gehen und dort auf mich warten. Wenn Mrs Tobias noch wach ist, macht sie dir sicher eine Tasse Schokolade. Wenn nicht, hast du es wenigstens warm dort.«
    »Gern, Vater.«
    »Nimm eine Kerze mit.«
    Sie nickte, nahm den Kerzenhalter und ging hinaus.
    Sie hatte nicht gesagt, dass sie nicht wusste, in welcher Richtung die Küche von Sir Henrys Zimmer aus lag. Sie war zwar schon in Marlow House gewesen, hatte jedoch immer in der Küche gewartet, während ihr Vater hinaufging, um nach Sir Henry oder auch nach Lady Marlow zu sehen, als diese noch lebte.
    Sie hob die Kerze hoch und ging den dunklen, breiten Flur hinunter. Hoch oben an den Wänden hingen feierliche Porträts verstorbener Marlows – Männer in Mänteln mit hohen Krägen oder mit militärischen Ehrenzeichen; Damen in prächtigen Roben und kostbaren Geschmeiden – sowie Gemälde mit Jagdszenen: sich aufbäumende Pferde, Hunde mit gebleckten Zähnen und Füchse mit aufgerissenen Augen, aus denen Angst und Schmerzen sprachen.
    Im Licht der Kerze schienen diese Augen sie anzustarren. Die Hunde wirkten, als knurrten sie sie an. Lilly schauderte.
    Sie ging die Haupttreppe hinunter und weiter ans Ende des Flurs in der Annahme, dort die Bedienstetentreppe zu finden, die in die Küche hinunter führte.
    Plötzlich hörte sie hinter sich ein Geräusch. Sie fuhr herum, die Kerze wie ein Schwert in der Hand. Doch da war niemand.
    Sie ging weiter, bis sie Schritte zu ihrer Linken hörte. Wieder wirbelte sie herum, doch die Kerze beleuchtete lediglich die Tapete und die Gemälde an der Wand.
    Sie beschleunigte ihren Schritt.
    Neben ihr erklang ein Kratzen. Sie nahm schemenhaft eine Bewegung vor sich wahr und spürte einen Hauch kalter Luft. Ihre Kerze war aus, bevor sie richtig erkennen konnte, was sie gesehen hatte. Und dann sah sie gar nichts mehr. Nichts als schwarze Leere.
    »Wer ist da?«, fragte sie mit rauer Stimme.
    Zögernd trat sie einen Schritt zurück. Sie wollte zu ihrem Vater, in Sicherheit, doch da packte ein Arm sie von hinten und eine Hand legte sich auf ihren Mund und erstickte ihren Schrei.
    »Schhhh …«, flüsterte eine männliche Stimme. »Haben Sie etwas gehört?«
    Eine schreckliche Sekunde lang umklammerte der Arm ihre Taille, während die Hand auf ihrem Mund lag, doch dann war die Berührung auch schon wieder weg, so schnell, wie sie gekommen war.
    Empörung trat an die Stelle der Angst. Das waren keine Geisterhände gewesen.
    »Ja. Ich habe etwas gehört. Sie, vermutlich. Sie wollten mir Angst einjagen, oder?«
    Irgendwo in der Nähe wurde eine Tür geöffnet, Schritte entfernten sich, kehrten aber sogleich wieder zurück. Roderick Marlow erschien in einer Tür, in der Hand eine brennende Kerze, die er offenbar aus dem nächsten Zimmer geholt hatte. Er zündete damit einen Wandleuchter an. In seinem Licht sah sie, dass er größer und breiter war als bei ihrer letzten Begegnung. Sein Haar und seine Brauen waren noch genauso dunkel. Wie alt mochte er jetzt sein – dreiundzwanzig? Vierundzwanzig?
    »Warum schleichen Sie hier im Dunkeln herum?« Er legte den Kopf schief und betrachtete sie. »Haben Sie sich verlaufen?«
    »Nein. Ich bin auf dem Weg in die Küche.«
    Eine dunkle Braue hob sich. »Und da, wo Sie wohnen, befindet sich die Küche im Obergeschoss?«
    Sie stieß die Luft aus. »Natürlich nicht. Ich wollte nach unten gehen.«
    »Sie sind an der Treppe vorbeigegangen.«
    »Ich habe den Dienstbotenaufgang gesucht …«
    »Sind Sie ein Dienstbote?«
    »Nein. Die Tochter des Apothekers.«
    »Ah ja, ich erinnere mich. Die kleiegesichtige Diebin.«
    Angesichts dieser nicht gerade höflichen Anspielung auf ihre Sommersprossen stieg Ärger in Lilly auf, doch bevor sie antworten konnte, fuhr er fort: »Das erklärt jedenfalls, warum Sie hier herumschleichen. Vielleicht sollte ich Ihre Taschen durchsuchen.« Er trat näher. »Nachschauen, ob Sie irgendwelche Wertsachen eingesteckt haben.«
    Sie wich zurück. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nichts gestohlen!«
    »Bis auf eine Pfingstrose?«
    »Bis auf eine Pfingstrose«, gab sie zu.
    Er schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich aber offenbar anders. »Wie war nochmal Ihr Name? Ich habe es vergessen.«
    »Lilly Haswell.«
    »Ah ja. Haswell. Natürlich.«
    Die ganze Zeit bewegte er sich weiter vorwärts,

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