Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
anschauen?«
    »Oder auch drei! Und alles andere auch, was du gern sehen möchtest.«
    »Ich glaube, das würde mir wirklich gefallen.«
    »Und mir würde es wirklich gefallen, mit dir zusammen London anzuschauen. Wir können ins Theater gehen oder die Museen besuchen und natürlich gehen wir einkaufen.«
    »Und Francis?«, fragte Mary.
    Die Erwähnung seines Namens verwandelte Lillys Magen in einen steinschweren Sack aus Bedauern und Bitterkeit. »Ach, ich bin sicher, er hat viel zu tun – was auch immer er tut, seit er in London ist.«
    »Du hast noch nichts von ihm gehört?«
    Lilly schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem leichten Ton. »Ich weiß noch nicht einmal, wo er wohnt. Er hat Charlie zum Geburtstag geschrieben, aber sein Brief hatte keinen Absender.« In dem Moment, in dem sie zugab, nach der Absenderadresse gesucht zu haben, spürte sie auch schon, wie ihre Ohren rot anliefen, und nestelte verlegen an ihren Handschuhen.
    »Egal«, meinte Mary, »wir werden auch ohne ihn genügend Schönes anzuschauen haben, oder?« Sie grinste und Lilly konnte nicht anders, als ebenfalls zu lächeln.
    Sie setzten den nächsten Freitag für ihre Abreise fest und Lilly schrieb ihrer Tante und ihrem Onkel, teilte ihnen mit, dass sie sie besuchen würden, und fragte, ob sie bei ihnen wohnen könnten. Sie sah ihre Garderobe durch und zog zwei Kleider heraus, die sie seit ihrer Rückkehr kaum getragen hatte, und noch zwei andere, die, wie sie fand, Mary sehr gut stehen würden.
    Sie gingen zu der neuen Putzmacherin im Dorf und kauften sich Hüte und Handschuhe und zu der Schneiderin in Devizes, wo sie warme Herbstmäntel erstanden. Dann planten sie zusammen ihre Reiseroute und machten sich ans Packen.
    Am Abend vor ihrer Abreise aßen sie zusammen zu Abend. Ihr Vater sah jünger aus als seit Monaten und Mrs Mimpurse hatte rosige Wangen und war ausnehmend fröhlich. Mary trug ein schönes neues Kleid, hatte ihr Haar gelockt und zu einer Frisur hochgesteckt, die sie in La Belle Assemblée gesehen hatten. Sogar Charlie kam vorbei, allerdings spät und direkt aus dem Garten, also ziemlich schmutzig, sodass sie ihn erst nach Hause schicken mussten, um sich zu waschen.
    »Meine Güte, Mary«, sagte er, als er zurückkam, »du bist so hübsch wie die Bilder, die in Marlow House hängen.«
    Mary lächelte, ohne im Geringsten verlegen zu sein. Sie fühlte sich offenbar so hübsch, wie sie aussah.
    Sie speisten Kürbissuppe, gebratene Seezunge, Kalbfleisch- und Schinkenpastete und alle möglichen Sorten Gemüse, Brot, Soßen und Marmelade. Die Mimpurse-Damen hatten sich wirklich selbst übertroffen. Die größte Überraschung kam jedoch zum Schluss, als Mary einen wunderbaren geeisten Reiche-Braut-Kuchen hereintrug. Oder , überlegte Lilly, war es ein Taufkuchen?
    »Was ist das denn?«, fragte Maude perplex. »Hast du uns etwa was zu sagen?«
    Jetzt wurde Mary doch noch rot. »Nein. Ich habe weder einen Ehemann noch bekomme ich ein Kind.«
    »Dem Herrn sei Dank dafür«, murmelte ihre Mutter.
    Mary blieb vor ihnen am Tisch stehen und hielt die erste Rede, die Lilly je von ihr gehört hatte. »Ich habe das Gefühl, einen Grund für diese Feier zu haben. Einen Grund zu haben, danke zu sagen. Denn Gott hat meine Familie vergrößert und dafür bin ich sehr dankbar.«
    »Hört, hört«, sagte Lilly und hob ihr kleines Glas. Sie sah zu ihrem Vater hinüber; in seinen blauen Augen standen Tränen. Sie merkte, dass er Maude ansah. Auch ihre Augen schimmerten verdächtig.
    »Ich habe immer die allerbeste Mutter gehabt …«, begann Mary.
    Lilly spürte, wie sie nickte. Auch sie hatte die allerbeste Mutter gehabt. Maude Mimpurse war ihr in vieler Hinsicht zu einer zweiten Mutter geworden.
    »Aber jetzt habe ich noch einen Bruder ….«
    »Nee, Mary, ich bin doch nicht dein Bruder!« Charlie konnte die Veränderung in ihrer Beziehung nicht begreifen und Lilly konnte ihm deshalb auch kaum Vorwürfe machen, waren die Tatsachen doch erst vor so kurzer Zeit ans Licht gekommen.
    »… und eine Schwester.« Sie lächelte Lilly mit glänzenden Augen an. Ihre Stimme war rau, als sie hinzufügte: »Und einen Vater.«
    Charles Haswell liefen die Tränen über das frisch rasierte Gesicht. Lilly war jedoch durch Charlie abgelenkt, dessen Gesicht sich zu einer verwirrten Grimasse verzogen hatte und der aussah, als ob er gleich eine Frage stellen würde. In der Hoffnung, ihn von dem Gedanken an Mr Mimpurse abzulenken, sagte sie zu ihm: »Du magst ja

Weitere Kostenlose Bücher