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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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»Schon gut, Vater. Leg dich wieder hin. Ich mache es.«
    Er ließ sich keuchend zurücksinken. »Du kannst es, Lilly. Vergiss nur nicht …«
    »Ich weiß. Jetzt ruh dich aus.«
    Sie ging wieder die Treppe hinunter und betete bei jedem Schritt. Bitte, hilf mir, hilf mir, hilf mir …
    Beim Anblick der Gestalt in der Labor-Küche fuhr sie zusammen. »Francis! Du hast mich zu Tode erschreckt!«
    »Entschuldigung! Ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber …«
    »Nein! Im Gegenteil, ich bin so froh, dich zu sehen! Könntest du mir einen Gefallen tun?«
    »Äh … ja, natürlich. Alles, was in meiner Macht steht.« Er grinste; seine Augen funkelten. »Was brauchst du? Soll ich einen Drachen für dich erschlagen, mich mit Bösewichtern duellieren, einen Destillierkolben säubern?«
    Sie packte ihn am Handgelenk und zerrte ihn zur Tür zum Behandlungszimmer. »Nichts so Anstrengendes, glaub mir.«
    »Was dann?«
    »Nur ein kleines Loch.«
    »Wer ist das denn jetzt?«, fragte Mrs Hagar, als sie eintraten.
    »Das ist Francis Baylor, unser ehemaliger Lehrling. Er ist jetzt Geselle bei …«
    »Zu ihren Diensten, Madam.« Francis verbeugte sich vor Mrs Hagar und schenkte ihr ein charmantes Lächeln.
    »Meine Güte.« Die Frau legte die Hand auf ihre Brust.
    »Natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben. Ich verstehe vollkommen, wenn Sie es vorziehen, dass Miss Haswell …«
    Sie winkte ab. »O, das spielt keine Rolle. Von mir aus können Sie es gern machen, junger Mann.«
    »Sie sind sehr entgegenkommend, Mrs Hagar. So. Sitzen Sie bequem?«
    »Ja.«
    »Sehr schön. Dann wollen wir hier das Ligament anlegen. Miss Haswell?«
    Sie reichte ihm das Band.
    »Danke.« Er legte das leinene Band um den fleischigen Oberarm. »Fest, aber nicht zu eng. Wie fühlt sich das an?«
    »Sehr gut.«
    »Ausgezeichnet. Nun schauen wir uns mal Ihre Venen an, Mrs Hagar. Oh, das wird eine leichte Aufgabe!«
    Die Frau sah mit einfältigem Stolz auf ihren Ellbogen. »Wirklich?«
    Francis isolierte eine Vene zwischen Daumen und Zeigefinger der einen Hand, die andere streckte er Lilly entgegen. »Das Daumenmesser, denke ich, Miss Haswell. Nur das feinste Instrument für eine solch feine Vene.«
    Die Frau errötete.
    Lilly gab ihm rasch das Daumenmesser mit dem schönen Schildpattgriff.
    »Danke. Und die Schale steht auch schon bereit. Gut gemacht, Miss Haswell. Und Sie, Mrs Hagar, sagen mir, wenn Ihnen komisch wird oder Sie spüren, dass Sie ohnmächtig werden.«
    »Ich glaube, ich bin jetzt schon kurz davor, junger Mann, wenn Sie meine Hand so halten.«
    Lilly begegnete seinem Blick und verbiss sich ein Grinsen.
    Er lachte leise. »Sie schmeicheln mir, Madam. Sagen Sie mir: Wo sind Sie geboren?«
    »Stanton St. Bernard, aber spielt das eine Rolle?«
    »Nicht die allergeringste. Ich wollte Sie nur von dem Stich ablenken.«
    »Oh … ich hab gar nicht mitbekommen, wie Sie es gemacht haben!«
    Das Blut lief in einem dünnen, anmutigen Rinnsal in das Gefäß. Nicht ein einziger Tropfen fiel daneben und beschmutzte ihren Mantel. Lilly war tief beeindruckt, nicht nur von seinen Fähigkeiten, sondern von der warmherzigen und charmanten Art, mit der er die schlichte Mrs Hagar behandelte.
    Als das Blut den ersten Messstrich in dem Gefäß erreicht hatte, fragte Francis: »Wie fühlen Sie sich jetzt, Mrs Hagar?«
    »Schwebend. Es prickelt. Mir ist ein bisschen komisch.«
    »Ausgezeichnet.« Mit flinken, geschickten Bewegungen legte er ein Mullpad auf die Wunde, presste es mit dem Daumen an und hob ihre Hand hoch. »So. Drücken Sie den Tupfer noch ein Weilchen fest an.«
    »Gut«, sagte sie träumerisch.
    Lilly gab ihm die Leinenbinde und die Schlinge. Es dauerte keine Minute, und er hatte die Wunde bandagiert und den Arm der Frau in die Schlinge gelegt. »Jetzt ruhen Sie sich hier noch ein bisschen aus, Mrs Hagar, bis Sie sich wieder ganz wohlfühlen.«
    Sie nickte und fragte: »Mr Baylor, werden Sie auch hier sein, wenn ich das nächste Mal komme?«
    Wieder begegnete Francis Lillys Blick. »Vielleicht, Mrs Hagar. Und wenn nicht, sind entweder Miss Haswell oder ihr Vater hier. Ich habe alles, was ich kann, von ihnen gelernt.«
    Sie ließen die Frau noch ein wenig ruhen und verließen das Behandlungszimmer.
    »Francis«, sagte Lilly sanft.
    Er drehte sich um.
    »Wie kann ich dir nur danken?«
    Sein Lächeln wurde nachdenklich. »Ganz leicht, Miss Haswell.«
    Sie sah ihn fragend an.
    Er schaute sie ebenfalls an und schüttelte bedächtig den Kopf. Seine

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