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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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den Diebstahl der Lanze?«, fragte Bandolf, was er schon wusste.
    Angestrengt starrte er nach vorne, während er nach seinem Dolch griff. Allzu lange durfte er nicht mehr warten.
    Zu seinem Schrecken ging der Griff nach dem Dolch ins Leere. Seine Hand gehorchte ihm nicht.
    Allmächtiger! Diese gottverfluchten Höhlen!
    Während er sein Augenmerk ganz und gar auf Tidread gerichtet hatte, war die Eiseskälte klammheimlich bis zu seinen Knochen vorgedrungen und hatte seine Glieder steifgefroren. Wenn sie ihm noch irgend nützlich sein sollten, musste er rasch etwas tun, um sein Blut zu wärmen.
    »Der junge Mönch war eine verdrießliche Gestalt, doch sein Ehrgeiz machte ihn nützlich«, hörte er Tidread sagen. »Ich wusste, er würde fast alles tun, um seine Mitbrüder zu überflügeln. Bedauerlicherweise war er dann aber schlauer, als gut für ihn war.«
    »Was meint Ihr damit?«, brachte Bandolf hervor, während er hektisch seine Finger bewegte, die Schultern vor-und zurückrollte und seine Hände ein ums andere Mal zu Fäusten ballte.
    »Es war beschlossen, dass er uns das Kleinod noch vor der Sext in Liutbirgs Klause übergeben sollte. So hätte er rechtzeitig zur Sext ins Kloster zurückkehren können. Wir trafen zur vereinbarten Zeit ein, doch er war …«
    Allmählich spürte Bandolf, wie das Leben in seine Arme und Hände zurückkehrte. Doch wie war es um seine Beine bestellt? Vorsichtig trat er von einem Bein aufs andere und bewegte die Zehen.
    Nicht gut, stellte er fest, wenn auch nicht ganz so erstarrt wie seine Hände. Sich an der Höhlenwand abstützend, schüttelte er sein rechtes Bein. Prompt blieb sein Stiefel an einem schmalen Felszacken hängen, die Spitze
brach ab und fiel klirrend zu Boden. In Bandolfs Ohren klang das Geräusch so laut wie eine Glocke. Als er begriff, dass der Sachse dennoch weitergesprochen hatte, atmete er erleichtert auf.
    »… ließ auf sich warten«, drangen Tidreads Worte wieder zu ihm durch. »Und als er schließlich kam, hatte er die Unverfrorenheit, zu verkünden, er habe die Lanze an einem sicheren Ort verborgen. Zuerst wolle er sein Auskommen haben, dann würde er uns das Versteck verraten.«
    »Da habt Ihr die Geduld verloren und ihn niedergestochen? «, wollte Bandolf wissen, vorsichtig von einem Bein aufs andere tretend.
    »Haltet Ihr mich für so töricht?«, gab Tidread zurück. »Ich hätte ihm kein Haar gekrümmt, bevor ich das Versteck nicht kannte. Ohne ihn würde das Kleinod das Tageslicht nicht wiedersehen, hatte er geprahlt, und ich hielt ihn für hinterhältig genug, die Heilige Lanze irgendwo im Wald verscharrt zu haben, wo wir sie in der Tat nicht wiedergefunden hätten.«
    Hatte das nicht eine Spur atemlos geklungen?
    Bandolf verharrte. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er nach vorne, bis er einen Schatten ausmachen konnte, der sich ganz in der Nähe des Gangs am Rande des Lichtkreises bewegte. Behutsam zog er seinen Dolch aus der Scheide und stellte befriedigt fest, dass die Waffe nun ruhig in seiner Hand lag.
    »Was also sollte ich mit ihm disputieren?«, fuhr Tidread verhalten fort. »Er hätte ohnehin nicht lange Freude an seinen Münzen gehabt.«
    ›Nein‹, dachte Bandolf, während er sich vorsichtig von der Wand löste und den ersten Schritt nach vorne zählte. Mit dem Wissen um die Lanze hätte man den jungen Mönch keinesfalls am Leben gelassen. So oder so.

    »Doch Stephan hatte das Warten auf Bruder Adelbald mürbe gemacht«, berichtete der Sachse weiter, jetzt so leise, dass Bandolf ihn nur noch mit Mühe verstand. »Zähneklappernd und blau um die Lippen riss er seinen Dolch heraus, wedelte dem jungen Mönch damit vor der Nase und keifte, Adelbald wäre des Todes, wenn er das Versteck der Lanze nicht augenblicklich verriete.«
    Eine Hälfte des Wegs zu der Nische, die Bandolf sich als Deckung ausgespäht hatte, lag hinter ihm, die andere Hälfte sollte er ebenso lautlos bewältigen. Jener Schatten, der sich noch immer am Rand des Lichtkreises zu bewegen schien, machte ihm deutlich, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Tidread hatte schon längst begriffen, dass es zwecklos war, den Burggrafen in die Kammer hineinlocken zu wollen.
    »… Mönch erschrocken zurück, Stephan griff nach ihm, stolperte und fiel auf Adelbald, der nach hinten kippte …«
    ›Eine Münze‹, fuhr es Bandolf durch den Kopf. Natürlich. Die kreisrunde Aussparung, die er in der Blutlache gefunden hatte, musste eine Münze gewesen sein, die aus dem Beutel gerollt war,

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