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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Zeitpunkt gefunden zu haben, die Heilige Lanze an Euch zu bringen«, fuhr er fort. »Am Morgen, als die Besucher ins Kloster strömten und die Mönche damit beschäftigt waren, die hohen Herrschaften zu begrüßen, habt Ihr Euch am Pförtner vorbeigestohlen und seid in die Kirche geschlichen. Offenbar wart Ihr darauf bedacht, dass niemand Euch erkannte, damit der Verdacht nicht auf Euch fiele, wenn man den Diebstahl der Lanze entdeckte. Wärt Ihr wie die anderen
Besucher gekommen, dann hättet Ihr zweifellos erfahren, dass der Erzbischof das Kloster bereits wieder verlassen hatte. Wie ist es Euch gelungen, am Pförtner vorbeizukommen? Habt Ihr Euch verkleidet?«
    Tidread lachte erneut. »Als einfacher Mönch, Burggraf. Ich trug ein Mönchsgewand über meiner Tunika. Und ich kann Euch sagen, dass ich unter dieser vermaledeiten Kutte an diesem Tag gewiss all meine Sünden ausschwitzte.«
    »Euer Pech«, rief Bandolf. »Mein Schreiber hat Eure eigenartigen Ausdünstungen in der Silberkammer gerochen. «
    Ein ungehaltenes Knurren ertönte aus der Dunkelheit der Felsenkammer.
    »Ihr müsst mit der Suche nach der Lanze so beschäftigt gewesen sein, dass Ihr den Novizenmeister nicht in die Krypta herunterkommen hörtet. Aber warum musstet Ihr ihn töten? Hätte es nicht genügt, ihn niederzuschlagen?«, erkundigte sich Bandolf.
    »Herrje, Burggraf, was für eine törichte Frage. Der Kerl hatte gesehen, wie ich in den Schatztruhen des Klosters herumwühlte. Ich konnte ihn nicht am Leben lassen.«
    Tidreads Stimme schien wieder entfernter zu klingen. Oder hatte er sie absichtlich gedämpft? Verfolgte der Sachse denselben Plan wie er?
    »Und mein Schreiber?«, fragte Bandolf.
    »Wäre er auch nur einen Schritt weitergegangen, hätte er mich gesehen und wäre tot gewesen«, sagte Tidread so gleichmütig, dass Bandolf wie stellvertretend für Prosperius ein Schauer über den Rücken lief. »Aber kaum hatte er einen Blick auf die Leiche des Novizenmeisters geworfen, fiel er um wie ein nasser Sack.« Leise lachte Tidread auf. »Niemals habe ich ein Gesicht grüner werden sehen als das dieses schmalbrüstigen Novizen.«

    Ein entferntes Klirren drang an Bandolfs Ohr. Es klang, als wäre Tidread auf einen losen Stein getreten, während er sich tiefer in die Höhlenkammer zurückzog.
    ›Oder er hat den Stein geworfen, um mich zu täuschen‹, dachte Bandolf und zog eine Grimasse. ›Bring ihn zum Reden‹, befahl er sich selbst.
    »Eurer Vorhaben und das Eurer Verbündeten wurde noch nicht in die Tat umgesetzt, obgleich der Plan bereits dazumal bestand. Warum die lange Verzögerung?«, fragte er.
    »Zauderer und Waschweiber«, kam es leise, doch offenkundig ärgerlich. »Es gab nicht wenige, die glaubten, es sei ein schlechtes Zeichen, dass der Diebstahl der Heiligen Lanze misslungen war. Noch dazu war an jenem Tag der Glockenturm von Sankt Mauritius abgebrannt, was nicht eben half, die Gemüter zu beruhigen. Nomen est omen, so heißt es doch? Viele glaubten, das müsse bedeuten, dass der Allmächtige auf Seiten König Heinrichs stünde. Es dauerte seine Zeit, die Abtrünnigen unter den burgundischen Edelleuten erneut an unseren Plan zu binden, und unterdessen gab es auch in Sachsen für uns anderes zu tun.«
    ›Zum Beispiel damit, einen Erzbischof von Hamburg und Bremen zu stürzen und seine Ländereien zu verwüsten‹, ging es Bandolf durch den Sinn, während Tidread fortfuhr:
    »Aber als wir von König Heinrichs Plan erfuhren, die Lanze heimlich nach Worms schaffen zu lassen, waren wir hüben wie drüben bereit. Und was konnte es für ein besseres Omen geben, als dass die Heilige Lanze erneut in Sankt Mauritius sein würde, bevor man sie nach Worms schaffen würde?«
    Bandolf unterdrückte ein Schnauben. So viel zur Geheimhaltung bei Hof.
    »Und wieder wandte man sich an Euch«, sagte er. »Ihr
kanntet den Ort, und Ihr kanntet die Mönche. Es war Euer Einfall, dass dieses Mal jemand den Diebstahl der Lanze bewerkstelligen müsste, der mit dem Kloster vertraut ist und Zugang zu gewissen Auskünften hat. Aber nach Eurem Scheitern zwei Jahre zuvor traute man Euch nicht mehr gänzlich und schickte Stephan von Blois zu Eurer Unterstützung. «
    »Kommt mir nicht damit, Burggraf. Als bräuchte ich einen verzärtelten Jüngling, der selbst noch eine Amme benötigt«, brummte Tidread. »Doch muss man ihm eines lassen: Er ist redegewandt und weiß zu überzeugen.«
    Seit Stephan eingetroffen ist, geht es hier zu wie in einem

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