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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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das sich auf seinem Dolch oder der Gürtelschnalle gespiegelt hatte?
    Vorsichtig schob Bandolf den Dolch zurück in die Scheide.
Noch würde er ihn nicht brauchen. Dann zerrte er ein Stück seiner Tunika unter dem Gürtel hervor, um den Stoff über seine silberne Gürtelschnalle zu legen und rundum festzustopfen.
    Dann wartete er.
    »Wie lange willst du dich noch wie eine kranke Ratte vor mir verstecken?«
    Sobald Tidreads Stimme zu hören war, begann der Burggraf sich tiefer in den Gang zurückzuziehen, bemüht, sich jeden einzelnen Schritt, jeden Felszacken, jede Aushöhlung und jeden Auswuchs im Boden zu merken. Es mochte sein, dass er rasch zurück musste, und das sollte dann möglichst geräuschlos geschehen.
    Nach siebzehn Schritten hatte er den Lichtkreis am Ende des Gangs gut im Blick und konnte den Weg dorthin gerade noch erkennen, während die Wände links und rechts neben ihm bereits im Dunkeln verschwanden. Hinter einem schmalen Auswuchs in der Höhlenwand blieb er stehen und rief verhalten: »Euer burgundischer Gast hat Euch wohl im Stich gelassen?«
    Einen Augenblick war es still.
    »Ach, Ihr seid das, Burggraf? Just Euch hätte ich hier nicht erwartet«, kam schließlich Tidreads Antwort. »Ich fürchte, Euer Weib wird für Eure Hartnäckigkeit teuer bezahlen.«
    »Ihr werdet keine Gelegenheit mehr haben, Euren Verbündeten von meiner Hartnäckigkeit zu berichten«, gab Bandolf zurück. »Sagt mir, Tidread, wo haben sich Eure Kumpane in Worms verkrochen?«
    »Das möchtet Ihr wohl gerne wissen.« Tidread lachte. »Wie ich höre, ist Euer Weib in Hoffnung. Ist das Balg am Ende gar nicht Eures, dass Ihr so wenig darum bekümmert seid?«
    »Hurensohn,« knirschte Bandolf. Zornentbrannt biss er
die Zähne zusammen. Zum Henker, er durfte sich nicht herausfordern lassen.
    Augenscheinlich hatte Tidread ihn nicht gehört. »Ihr werdet die Höhle nicht lebend verlassen, Burggraf«, dröhnte er.
    »Ich bin nicht allein gekommen, Tidread. Es gibt nur einen Ausgang, und der ist von meinen Leuten umstellt«, rief Bandolf zurück. Im Stillen hoffte er, dass Prosperius recht hatte und es wirklich nur diesen einen Eingang zur Höhle gab. Seine Leute würden noch nicht hier sein, aber wenn er den Sachsen lange genug aufhalten konnte …
    »Pah!«, schnaubte Tidread. »Glaubt Ihr denn, ich wäre allein gekommen?«
    Einen Augenblick überlegte Bandolf, ob er die Wahrheit sagen konnte. Doch in der Nähe des Eingangs hatte er keine Pferde gesehen, nichts, das auf Verstärkung hindeutete. Warum auch? Tidread hatte nicht erwartet, jemanden außer dem Prior hier vorzufinden.
    »Dann habt Ihr den zukünftigen König von Burgund wohl unter Eurem Wams versteckt?«, erkundigte er sich.
    »Was? Meint Ihr Stephan von Blois?« Der Sachse lachte. »Kaum hatte der junge Schnösel gehört, dass der Erzbischof von Bamberg bei Euch war, sah ich sein Hemd auch schon zum Burgtor hinausflattern. Nein, Burggraf, für einen König von Burgund steht ein bess’rer Mann.«
    »Wer soll es sein?« fragte Bandolf. »Graf Odo von Troyes?«
    Tidread antwortete nicht.
    Bandolf lauschte, doch außer dem Tröpfeln von Wasser konnte er nichts hören.
    »Ihr habt erwartet, Stephan hier vorzufinden, dennoch scheint Ihr nicht überrascht zu sein, mich anzutreffen. Wie kommt das?«, wollte der Sachse schließlich wissen.

    Irrte er sich, oder hatte Tidreads Stimme leiser geklungen?
    »Es hat mich nicht überrascht, Bruder Edmunds Mörder hier vorzufinden«, erwiderte Bandolf, während er angestrengt in die Felsenkammer starrte und versuchte, die Dunkelheit neben dem Lichtkreis der Fackel zu durchdringen.
    »Und warum hätte ich einen Novizenmeister umbringen sollen?«, erkundigte sich Tidread.
    »Er hat Euch dabei ertappt, als Ihr in der Silberkammer nach der Heiligen Lanze suchtet.«
    »Teufel auch!«, rief Tidread aufgeräumt. »Wie seid Ihr darauf gekommen?« Jetzt klang die Stimme wieder näher. Verflucht, wo war der Kerl?
    »Seine Eminenz, der Erzbischof von Köln«, gab Bandolf zur Antwort. »Vor zwei Jahren war König Heinrich noch nicht mündig, und als sein Vormund hatte Anno von Köln auch die Reichsinsignien in Verwahrung. Jedermann wusste, dass er nicht einen Schritt tat, ohne sie mit sich zu schleppen.«
    Er wartete einen Moment, doch offenbar hatte Tidread nichts darauf zu sagen.
    »Als Ihr hörtet, dass der Erzbischof eine Nacht im Kloster Sankt Mauritius verbringen und tags darauf die Messe dort lesen würde, dachtet Ihr, den geeigneten

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