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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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nicht freiwillig zum Fluss gegangen? Hatte man sie auf irgendeine Weise dorthin gelockt? Und dann?
    Garsende stockte der Atem. Allmächtiger! Hatte man Matthäa in die tückischen Fluten gestoßen?
    Sie musste sich gewehrt haben. Der Umhang hatte sich im Gestrüpp verfangen. Die Fibel wurde abgerissen, der Mantel glitt von ihren Schultern, während der Strom ihren Körper erfasste und sie …
    Die Fibel …
    Der Umhang …
    Das Herz klopfte Garsende plötzlich bis zum Hals. Ihre Hand fuhr an ihre Kehle, ihr Blick glitt zur Truhe und saugte sich an dem Stoffbündel fest, das auf dem Deckel lag.
    Für einen Augenblick konnte sie sich nicht rühren, doch dann sprang sie auf.

    Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Mantel, schüttelte ihn aus und warf ihn entfaltet auf die Bettstatt. Hastig öffnete sie den Fensterverschlag, um mehr Licht in die Kammer einzulassen. Dann kniete sie sich neben der Bettstatt nieder und strich mit beiden Händen über das leichte Leinen und die Stickereien am Saum.
    Falte um Falte ließ sie durch ihre Finger gleiten, nahm Handbreit um Handbreit des Umhangs in Augenschein.
    Endlich stand Garsende auf und starrte benommen auf den Mantel nieder.
    Er war staubig, besonders am Saum, wie man es von einem Kleidungsstück erwartete, das in einer Stadt getragen worden war, in der es seit Wochen nicht mehr geregnet hatte. Doch sonst war er unversehrt. Kein Fleck, weder von Wasser noch von Gras, keine feuchte Stelle, kein Blattkrümel, kein Dorn, kein Riss, kein getrockneter Schlamm, nichts, rein gar nichts deutete darauf hin, dass dieser Umhang auch nur für kurze Zeit am Flussufer gelegen hatte – geschweige denn über längere Zeit.
    ›Aber irgendjemand will uns das weismachen‹, dachte Garsende.
    Sie spürte, wie Hoffnung in ihr aufkeimte, und wagte kaum zu atmen. Wenn der Umhang nicht am Flussufer gewesen war, dann womöglich auch nicht Matthäa!
    Selbst wenn man annahm, dass sie den Umhang unterwegs abgelegt und über dem Arm getragen hatte, bevor sie ausgeglitten und in den Fluss gestürzt war, hätte es feuchte Stellen im Stoff, doch zumindest getrockneten Schlamm und Spuren vom Ufergestrüpp geben müssen.
    Wenn Matthäa jedoch nicht am Fluss gewesen und nicht ertrunken war, wo war sie dann? Lebte sie noch? Und wenn sie noch lebte, wem konnte daran gelegen sein, dass man sie für tot hielt? Und warum?

    ›Denk nach, denk nach!‹ Angestrengt biss Garsende sich auf die Lippe.
    Die aus Silber gearbeitete Fibel, die die Burggräfin getragen hatte, fehlte. Doch sie war nicht herausgerissen worden. An jenen Stellen, wo die Fibel den Umhang zusammengehalten hatte, war der Stoff nicht beschädigt, die Einstichstellen der Nadel waren kaum zu sehen. Also hatte jemand die Fibel mit Achtsamkeit entfernt. Hatte Matthäa sie selbst abgenommen? Warum? War sie gestohlen worden? Von wem?
    Garsende schloss die Augen und erlaubte sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Matthäa anderswo ums Leben gekommen war. Dass man sie getötet hatte, womöglich um der Schmuckstücke willen, die sie getragen hatte, und mit dem Umhang anstelle des Mordes einen Unfall vortäuschen wollte.
    Die Säfte in ihrem Magen rebellierten bei dem Gedanken, doch sie zwang sich, ihn weiterzuspinnen.
    Wenn man die Burggräfin ihrer Habseligkeiten wegen getötet hatte, hätte man ihr dann den Umhang nicht ebenso abgenommen wie die Fibel? Der Umhang war gut und gerne eine Handvoll Silbermünzen wert und mindestens genauso viel wie die Fibel. Oder war es dem Mörder gar nicht um die Kleinodien zu tun gewesen? Aber worum dann?
    Und wenn Matthäa noch lebte, wo konnte sie jetzt nur sein? Warum gab es kein Lebenszeichen von ihr? Warum keine Spur zu ihrem Aufenthaltsort? Und wenn …
    Wieder und wieder drehten sich Garsendes Gedanken im Kreis, suchten vergeblich Antworten auf die bohrenden Fragen.
    Als sie die Augen schließlich aufschlug, wusste sie mit Bestimmtheit nur eines: Gleichgültig, wie sie es erreichen
konnte, sie musste Gewissheit haben! Und nicht nur sie. Auch der Burggraf musste wissen, was mit seiner Gattin geschehen war.
    Entschlossen beugte sie sich über die Bettstatt und begann, den Mantel der Burggräfin zusammenzufalten.
     
    »Ich will nichts weiter darüber hören!«, sagte Bruder Pothinus entschieden.
    »Aber so seht Euch den Umhang doch wenigstens an!«, beschwor ihn Garsende und streckte ihm das in grobes Tuch eingeschlagene Bündel entgegen, das sie auf dem Arm trug.
    Sichtlich angewidert wich der

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