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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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«
    Ein trockenes, quälendes Husten, das aus dem Innern der Hütte kam, unterbrach sie.
    »Wer ist da, Weib?«, krächzte eine schwache Stimme.
    Garsendes Beine drohten ihren Dienst zu versagen. »Süßer
Jesus«, hauchte sie. »Das ist doch nicht etwa dein Mann?«
    Die alte Dietholderin stieß ein unfrohes Meckern aus. »Na, wer sollt’ das denn sonst wohl sein? Der König ist’s sicher nicht.«

KAPITEL 9
    Sachsen, 2. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    V ater Hademar ist in der Frühe abgereist? Was, zum Henker, soll das bedeuten?«, brüllte der Burggraf. »Wollt Ihr behaupten, dass der Abt mich all die Tage über hingehalten hat, um sich jetzt nach Goslar davonzustehlen? Was will er dort? Sich hinter Heinrichs Ornat vor mir verstecken?«
    Bandolfs Zorn schien an den schönen, glatten Zügen Bruder Ordlafs abzuprallen, was den Burggrafen noch mehr in Rage brachte.
    »Verdammnis, Mann! Das ist unglaublich! Was denkt Ihr denn, mit wem Ihr es zu schaffen habt? Mit einem hirnlosen Tölpel, der nicht merkt, wenn man ihm falsch kommt?«
    »Ich bedaure, dass ich keine günstigere Botschaft für Euch habe, doch die Reise des Ehrwürdigen Vaters war …«
    »Unaufschiebbar? Dringlich?«, fauchte der Burggraf. »Bei allen Heiligen, Prior! Dieses Lied habt Ihr mir noch jedes Mal gesungen, wenn ich meinen Fuß ins Kloster setzte.«
    Bruder Ordlaf blickte zu Boden.
    Aufgebracht stapfte der Burggraf durch die kleine Zelle, die dem Abt als Empfangsraum diente. Jeden zweiten Tag war er im Kloster vorstellig geworden, und ebenso oft hatte Vater Hademar seinen Prior vorgeschickt, um ihm ausrichten
zu lassen, er bedaure, doch er sei just unabkömmlich, die Angelegenheit des Novizen Prosperius müsse warten.
    Und nun wagte Bruder Ordlaf ihm mitzuteilen, dass der Abt am frühen Morgen nach Goslar zum Hof des Königs abgereist war.
    Bandolf schnaubte.
    Nicht nur im Kloster, auch überall sonst war er mit seinen Fragen auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Man gab vor, nichts darüber zu wissen, was hinter dem Tor von Sankt Mauritius vor sich ging. Gewiss, man habe damals gehört, dass Bruder Edmund gewaltsam ums Leben gekommen sei, und auch von dem jüngsten Mord an Bruder Adelbald, aber mehr wisse man nicht darüber. Wenn der Burggraf Genaueres erfahren wolle, müsse er sich schon an die Mönche wenden. Doch die Brüder in Sankt Mauritius hüllten sich in ihr Gebot des Schweigens, während der Abt unsichtbar blieb und der Prior sich hinter dessen Anweisungen verschanzte.
    Die Daumen im Schwertgürtel verhakt, baute Bandolf sich vor Bruder Ordlaf auf.
    »Lasst mich raten, Prior. Der Zutritt zur Zelle meines Schreibers bleibt mir auch weiterhin verwehrt?«
    »So hat der Ehrwürdige Vater es angeordnet«, bestätigte der Prior. Unter Bandolfs zornigem Blick senkte er die Lider. »Ihr dürft versichert sein, dass diese Maßnahme ausschließlich zu Bruder Prosperius’ Bestem getroffen wurde. So mag er über die Schändlichkeit seiner Taten nachdenken, bereuen und Buße tun«, fügte er leise hinzu.
    Wenigstens hat er den Anstand zu erröten, grollte Bandolf im Stillen. »Und wann rechnet Ihr mit Vater Hademars Rückkehr?«, fragte er schroff.
    Bruder Ordlaf erlaubte sich ein Seufzen. »In sieben Tagen,
vielleicht in zehn Tagen. Mit Bestimmtheit lässt sich das nicht sagen, Burggraf.«
    Finster starrte Bandolf ihn an. »Mir war daran gelegen, mich gütlich mit dem Abt zu einigen«, knurrte er. »Doch meine Geduld ist nicht unerschöpflich. Es scheint mir immer mehr geraten, mein Recht an höchster Stelle einzuklagen. Und das werde ich tun, dessen könnt Ihr versichert sein. Was glaubt Ihr wohl, wem König Heinrich sein Ohr leihen wird? Dem Abt eines unbedeutenden Klosters, der sich unrechtmäßig an Krongütern vergriffen hat, oder mir, seinem Sachwalter, den er mit höchsteigener Hand ins Amt gehoben hat?«
    Es mochte eine leere Drohung sein, doch Bandolf hatte die zweifelhafte Genugtuung, einen Hauch von Unbehagen über das ebenmäßige Gesicht des Priors huschen zu sehen.
    »Es tut nicht not, übereilte Entscheidungen zu treffen«, sagte Bruder Ordlaf eine Spur zu rasch. »Wie ich schon sagte, wird der Ehrwürdige Vater bald zurück sein und Euch so bald als möglich empfangen.«
    Mit einem ungehaltenen Schnauben stürmte Bandolf an ihm vorbei aus der Tür.
     
    Auf dem Gang im Kapitelhaus bemerkte Bandolf einen jungen Mönch, der seinen karottenfarbenen Schopf rasch hinter einen Stützpfeiler zurückzog, als der Burggraf, dicht

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