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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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hatte Prosperius den Kopf gesenkt und gemurmelt, darüber wisse er nichts. Der Burggraf kannte seinen jungen Schreiber und wusste, wann er log. Doch selbst, als er Prosperius vor Augen geführt hatte, in welcher Klemme er steckte, war nicht mehr aus dem jungen Bengel herauszulocken gewesen. Am Ende hatte Prosperius nur gemurmelt, sein Herr solle vielleicht Bruder Wynstan danach fragen, womöglich wüsste der Mönch mehr darüber.
    Bruder Wynstan wiederum, dem er dieselbe Frage auf dem Rückweg zur Friedhofspforte gestellt hatte, war blass geworden, hatte aber ebenso behauptet, dass er darüber nichts wüsste.
    Zu guter Letzt hatte sich Bandolf dann noch bei ihm erkundigt, ob dem Kloster eine Reliquie oder ein anderes Kleinod abhandengekommen sei, worauf der junge Mönch nur erstaunt gemeint hatte, wenn dergleichen passiert wäre, wüsste er davon, und das sei gewiss nicht der Fall.
     
    Mit dem unguten Gefühl im Magen, dass er dem Rätsel über die Ermordung der beiden Mönche immer noch keinen Schritt nähergekommen war, warf sich Bandolf auf die andere Seite seiner Bettstatt. Seine Gedanken schienen sich immer nur im Kreis zu bewegen. Seufzend begann er von Neuem:
    Was war dazumal passiert, als der Novizenmeister ermordet wurde? Bruder Edmund war allein in die Kirche gegangen, hatte sich vor den Altar niedergekniet. Dann war er aufgesprungen und die Treppe zur Krypta hinuntergestiegen. Hatte er etwas gehört? Ein Geräusch etwa, das seinen Verdacht erregt hatte? Angenommen, es hatte sich so verhalten – was hatte Bruder Edmund in der Silberkammer
entdeckt? Das Kloster war an jenem Tag voller Gäste gewesen, die den Erzbischof von Köln die Messe zelebrieren sehen wollten. Hatte sich einer der Gäste in die Silberkammer geschlichen, um Klosterschätze zu stehlen? Hatte Bruder Edmund den Dieb überrascht? Und hatte der Dieb ihn niedergestochen, als er sich ertappt sah? Doch in der Silberkammer hatte nichts gefehlt. Warum hatte der Dieb nichts mitgenommen, nachdem er für die Kostbarkeiten sogar einen Mord begangen hatte? Prosperius war beim Anblick von Bruder Edmunds Leiche in Ohnmacht gesunken, der Dieb hatte von ihm nichts zu befürchten gehabt. Hätte er dann nicht an sich gerafft, was er konnte, und wäre mit seiner Beute geflüchtet? Und warum hatte er seinen Dolch, der ihn hätte verraten können, in Bruder Edmunds Leib belassen und nicht mitgenommen?
    War er womöglich noch in der Silberkammer gewesen, als der Sakristan und seine Gehilfen dort eingetroffen waren? Die Mönche hatten sogleich Prosperius der Tat verdächtigt und es vielleicht nicht für nötig befunden, die Kammer nach einem anderen Täter zu durchsuchen. Wenn der Dieb sich dort versteckt hielt und ausgeharrt hatte, bis man Bruder Edmunds Leiche und den vermeintlichen Täter Prosperius weggeschafft hatte, würde das zumindest erklären, warum er seinen Dolch nicht hatte mitnehmen können. Dennoch blieb immer noch die Frage, weshalb er dann ohne Beute geflohen war.
    Das ergab keinen Sinn.
    Und auch was die Ermordung des jungen Mönchs Adelbald betraf, ergab vieles keinen Sinn. Was hatte Adelbald an einem Festtag wie der Sonnenwende außerhalb des Klosters gemacht? Die Mönche schienen davon auszugehen, er habe Prosperius gesehen und erkannt und sei ihm bis in die Höhle gefolgt. Aber Prosperius war nicht einmal in der
Nähe des Klosters gewesen, und als er in Liutbirgs Klause eintraf, war Adelbald schon tot gewesen. Was also hatte Bruder Adelbald in der Höhle gewollt?
    »Ein verbotenes Stelldichein?«, grübelte Bandolf. Unsinn, ein Stelldichein hätte er wohl kaum an einem Tag wie der Sonnenwende verabredet, wo jede Hand im Kloster gebraucht wurde. Oder hatte er gerade darum einen solchen Tag gewählt, weil die Bauersleute, die um den Segen gekommen waren, für Durcheinander im Kloster sorgten? Was war dann in der Höhle geschehen? Offenbar war der junge Mönch ein unangenehmer Charakter gewesen. War er zudringlich geworden, und hatte sich sein Liebchen dagegen verwehrt? Mit einem Schaudern dachte Bandolf an die Eiseskälte in Liutbirgs Klause. Wählte man einen solchen Ort für eine Tändelei, wo man sich mir nichts, dir nichts das Geschnäuf holte? Da gab es doch im Wald ringsum genügend verschwiegene Plätze, wo es sich angenehmer tändeln ließe.
    Doch aus irgendeinem Grund war Adelbald durch einen finsteren Gang in die kalte Klause gekrochen und hatte dort sein Leben verloren. Wen hatte er in der Höhle angetroffen? Den Prior? Was hätte

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