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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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nur Prosperius’ Stimme zu hören, dann ertönte wieder die verhaltene Stimme des Mönchs: »Aber ich will nicht …«
    Was immer er auch nicht wollte, seine Stimme schien sich wieder zu entfernen, und Bandolf atmete erleichtert auf.
    Prosperius war mit seiner Litanei bei der heiligen Agnes angelangt, als Bruder Wynstan schließlich allein zurückkehrte.
    »Ist er fort?«, vergewisserte sich der Burggraf.
    Wynstan nickte. »Aber er wird wiederkommen, wenn ich Prosperius nicht bald aus der Kirche bringe.« Dann drehte er sich um und fauchte seinen Freund aus Kindertagen an, der sich just auf die Beine rappelte. » De omnibus
sanctis? Herrje! Hättest du nicht ein passenderes Gebet finden können? Zum Glück scheint Bruder Helmwald nicht darauf geachtet zu haben.«
    »In der Eile wollte mir einfach nichts anderes einfallen«, murmelte Prosperius entschuldigend.
    Ungeduldig hob Bandolf die Hand. »Ich muss die Zeit nutzen, auch wenn nicht mehr viel davon bleibt. Ich möchte, dass du einstweilen am Portal Wache hältst und uns warnst, wenn dein Mitbruder zurückkommt.«
    Mit sichtlichem Widerstreben machte Bruder Wynstan kehrt, und Bandolf wandte sich an seinen jungen Schreiber.
    »Was ist in Liutbirgs Klause passiert?«

KAPITEL 20
    D ie Burgsassen lagen längst in tiefem Schlummer, als der Burggraf und sein Marschalk unbehelligt auf den Buchenfels zurückkehrten. Da Bandolf keine anderen Anweisungen gegeben hatte, fand er seine Bettstatt noch in der Waffenkammer vor. Müde kroch er unter die Felle, überzeugt davon, dass er umgehend einschlafen würde. Doch seine Gedanken ließen ihn nicht zur Ruhe kommen, und der waidwunde Blick, den Prosperius ihm zugeworfen hatte, als er ihn in der Kirche zurückließ, wollte ihm nicht aus dem Kopf.
    Im Grunde hatte der Bursche ihm nichts erzählt, das ihm einen klaren Hinweis auf die Schuldigen am Mord des Novizenmeisters oder Bruder Adelbalds hätte geben können. Wie seinerzeit Bruder Edmund war auch Adelbald bereits tot und der oder die Täter verschwunden gewesen, als Prosperius sich in der Höhle versteckt hatte. Nachdem die Mönche ihn mit Blut an den Händen neben Adelbalds Leiche gefunden hatten, war er ins Kloster gebracht und vor den Abt geführt worden. Man hatte ihn verhört, gezüchtigt und bei Wasser und Brot in eine dunkle Zelle gesperrt, wieder verhört und erneut mit der Rute traktiert, bis der kleine Tunichtgut fast selbst geglaubt hatte, er sei mit dem Teufel im Bunde.
    Es war jedoch das, was Prosperius nicht gesagt, und die Dinge, die er nur mehr nebenbei erwähnt hatte, die dem Burggrafen just den Schlaf raubten.

    Eine jener kleinen Bemerkungen war gewesen, dass Prosperius bei seiner Ankunft im Kloster, von seinen Häschern bewacht, vor der Zelle des Abts warten musste, bis der Ehrwürdige Vater seine Unterredung mit jenem jüdischen Händler beendet hatte, zu dem Bandolf ihn geschickt hatte. Und nun fragte sich Bandolf, warum dieses Gespräch nicht unterbrochen worden war, nachdem der Abt die doch immerhin nicht gänzlich unerhebliche Nachricht erhalten hatte, dass einer seiner Mönche ermordet worden war und man den Täter – Prosperius – gefasst habe?
    Und was konnte einen jüdischen Händler veranlasst haben, ausgerechnet an einem Festtag wie der Sonnenwende einen vielbeschäftigten Abt aufzusuchen?
    Eine weitere Ungereimtheit war Prior Ordlaf, und anstatt einige von Bandolfs Fragen zu beantworten, hatte Prosperius’ Bericht noch mehr Fragen aufgeworfen. Warum hatte sich ausschließlich Bruder Ordlaf der Pflicht unterzogen, Prosperius zu verhören? Wäre es nicht auch am Abt gewesen, herauszufinden, was mit Bruder Adelbald geschehen war? Und was hatte es mit dem Kleinod auf sich, nach dem der Prior Prosperius immer wieder fragte?
    Wie es schien, lag Bruder Ordlaf weitaus mehr daran, herauszufinden, wo sich jenes mysteriöse Kleinod befand, als von Prosperius das Geständnis zu erlangen, er habe Bruder Adelbald getötet.
    »Was für ein Kleinod meint er?«, hatte Bandolf seinen Schreiber gefragt, doch darauf hatte Prosperius keine Antwort gewusst. Der Prior würde nur immer von einem Kleinod sprechen, und als er einmal gefragt hatte, was das für ein Kleinod sein sollte, habe der Prior ihn geschlagen und Prosperius beschuldigt, er wüsste doch genau, wovon die Rede sei.
    Anlass zum Kopfzerbrechen schien Bandolf auch Prosperius’
Antwort zu geben, als er sich nach einem möglichen dunklen Fleck in der Vergangenheit des Priors erkundigt hatte. Errötend

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