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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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führten und mit denselben Menschen zusammenbrachten. Ein Umstand, der die Händler mit bemerkenswerten Kenntnissen über die Leute versorgte, mit denen sie zu tun hatten.
    ›Den Juden werde ich gleich morgen früh aufsuchen‹, beschloss Bandolf. Über diesem Gedanken schlief er endlich ein.

KAPITEL 21
    Worms, 10. Tammus im Jahre 4826
nach Erschaffung der Welt
(6. Juli im Jahre des Herrn 1066)
     
    G leich am Morgen nach den Ereignissen in der Scheune war Joschua bei Bruder Pothinus, dem Kämmerer, vorstellig geworden. Rabbi Jacob hatte ihn begleitet.
    »Ihr wollt allen Ernstes behaupten, dass man die Gattin des Burggrafen von Worms entführt und dann ihren Tod vorgetäuscht hat? Und nicht genug damit, dass man in jener Scheune Waffen hortet? Bei allen Heiligen, zu welchem Zweck?«, hatte Pothinus ungläubig gefragt, nachdem Joschua ihm geschildert hatte, was sich am Abend zuvor in der Scheune abgespielt hatte.
    Das wisse er nicht, war Joschuas Antwort gewesen, doch so, wie er es erzählt hätte, habe es sich verhalten.
    »Und was erwartet Ihr nun von mir?«
    Bevor Joschua die scharfe Erwiderung aussprechen konnte, die ihm auf der Zunge gelegen hatte, war Rabbi Jacob vorgetreten. »Nun, es mag für all die Geschehnisse einen durchaus harmlosen Grund geben, doch da Ihr just die schwere Verantwortung für das Wohlergehen der Bürger dieser Stadt zu tragen habt, war ich mir sicher, dass Ihr einer solchen Sache würdet nachspüren wollen.«
    Für einen Augenblick hatte der Kämmerer den Rabbi angestarrt,
als hielte er ihn für nicht recht bei Trost. Dann jedoch hatte er nachdenklich die Stirn gerunzelt, und es hatte den Anschein gehabt, als erwäge er, was bekömmlicher für ihn wäre: die Worte der beiden Juden als Hirngespinst abzutun oder den Dingen auf den Grund zu gehen.
    Schließlich hatte er mit gewichtig aufgeblähten Wangen verkündet, niemand solle ihm nachsagen, er hätte auch nur das Geringste unversucht gelassen, um das Verschwinden der Burggräfin aufzuklären. Er würde sich um die Angelegenheit kümmern.
    »Glaubst du, er wird sich tatsächlich darum bemühen, Rabbi?«, hatte Joschua auf dem Rückweg in die Judengasse besorgt gefragt.
    Und mit einem spitzbübischen Zwinkern hatte Rabbi Jacob erwidert: »Oh ja. Ich kenne Pothinus nun schon etliche Jahre. Nichts ist ihm mehr zuwider als die Vorstellung, man könne ihn für unfähig halten, seinen Pflichten nachzukommen.«
     
    Tags darauf hatte der Kämmerer Rabbi Jacob aufgesucht.
    Er habe den Besitzer jener Scheune ausfindig gemacht, berichtete er, das runde Kinn zitternd vor Empörung. Es handle sich um einen Mann mit Namen Ragnold von Langenthal, einen wohlhabenden Gutsherrn, der nach Mainz hinauf über etliche Hufen und Weinberge verfüge. Der Herr von Langenthal habe sich höchlichst bestürzt gezeigt, als er, Pothinus, ihn darüber unterrichtete, was angeblich in seiner Scheune vorgefallen war. Ja, nicht nur das, er sei auch äußerst zuvorkommend gewesen, habe sich sogleich bereit erklärt, dem Kämmerer jedwede Hilfe angedeihen zu lassen, und Pothinus’ Männern ohne Murren Zugang zu seinem Eigen gewährt.
    »Es steht mir nicht an, Euch zu sagen, Rabbi, dass es
mich dann auch keineswegs überrascht hat, in dieser Scheune nicht eine Spur von all dem vorzufinden, worüber Euer Schüler gesprochen hat. Da war nicht ein Stapel, der nicht das beinhaltet hätte, was man in einer Vorratsscheune erwarten würde, nämlich Korn, Heu und Stroh. Mir blieb nur mehr die unangenehme Pflicht, mich bei dem Herrn von Langenthal für dieses Versehen zu entschuldigen und ihm zu versichern, dass man ihn nicht mehr behelligen würde. Ich kenne Euch als klugen Mann, Rabbi, doch dieses Mal seid Ihr ganz offenkundig einem Hirngespinst Eures Schülers aufgesessen.«
    Er wüsste die Bemühungen der Juden wohl zu schätzen, Licht in das plötzliche Verschwinden der Burggräfin zu bringen, hatte er hinzugefügt. Doch man müsse sich damit abfinden, dass sie tot auf dem Grund des Rheins liege, und dürfe sich nicht falschen Hoffnungen hingeben.
    »Und was ist mit der Heilerin?«, hatte sich der Rabbi erkundigt.
    Nun, es sei wohl wahr, dass sie im Haus des Burggrafen vermisst würde, doch das müsse nicht zwangsläufig bedeuten, dass man sie irgendwo gefangen hielte. Es könne durchaus sein, dass sie sich in ihrer Hütte oder irgendwo in Wald und Feld aufhielte. Zumal Weiber ihrer Art nun einmal einem unbeständigen Lebenswandel frönten. Er, Pothinus, habe gewiss Besseres

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