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Das Geheimnis der Eulerschen Formel

Das Geheimnis der Eulerschen Formel

Titel: Das Geheimnis der Eulerschen Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yoko Ogawa
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daran besonders sein, fragte ich mich. Es war nichts Besonderes. Roots Vater hatte einen Preis gewonnen. Darüber konnte man sich freuen. Weiter nichts.
    Ich faltete den Artikel zusammen und verstaute ihn in dem Holzkästchen mit Roots Nabelschnur.

7
    Immer wenn ich eine Primzahl entdeckte, musste ich an den Professor denken. Sie waren praktisch überall: auf den Preisschildern im Supermarkt, als Hausnummern neben Eingangstüren, auf Busfahrplänen, im Haltbarkeitsdatum auf einer Schinken-Verpackung oder in Roots Zeugnis. Nach außen hin hatten sie alle eine offizielle Rolle zu spielen, aber insgeheim bewahrten sie stoisch ihre wahre Bedeutung.
    Natürlich vermochte ich nicht immer auf Anhieb zu sagen, ob es sich um eine Primzahl handelte oder nicht. Bei Zahlen bis 100 erkannte ich sie dank meiner Erfahrungen mit dem Professor auf den ersten Blick. Aber wenn ich bei höherstelligen Ziffern eine Primzahl vermutete, dann musste ich erst einmal dividieren, um herauszufinden, ob es sich tatsächlich um eine handelte. Es gab zahlreiche Fälle, wo sich scheinbar zusammengesetzte Zahlen als Primzahlen entpuppten, aber genauso häufig kam es vor, dass ich eine Zahl für eine Primzahl hielt und dann beim Nachrechnen herausfand, dass sie teilbar war.
    Wie der Professor hatte ich jetzt auch immer Bleistift und Schreibblock griffbereit in meiner Schürzentasche. So konnte ich, wenn mir etwas einfiel, sofort nachrechnen. Eines Tages entdeckte ich beispielsweise beim Saubermachen des Steuerbüros auf der Rückseite des Kühlschranks dessen Fabrikationsnummer. 2.311. Die Zahl klang vielversprechend, und in neugieriger Erwartung holte ich meinen Notizblock hervor, legte Reinigungsmittel und Putzlappen beiseite und nahm die Sache in Angriff. Ich versuchte es erst mit der 3, dann mit der 7 und schließlich mit der 11. Aber ohne Erfolg. Beim Dividieren mit diesen Zahlen blieb immer 1 übrig. Dann versuchte ich es mit den Primzahlen 13, 17 und 19, aber auch von denen erwies sich keine als Teiler. Überdies erschien mir die vermeintliche Unteilbarkeit der Zahl ziemlich tückisch zu sein. Immer wenn ich glaubte, einen Teiler gefunden zu haben, entwischte mir die Zahl. Erschöpft blieb ich zurück, aber zugleich begierig, eine neue Fährte aufzunehmen. So lief das immer mit den Primzahlen.
    Als ich schließlich sicherstellte, dass 2.311 tatsächlich eine war, packte ich den Notizblock weg und widmete mich wieder der Hausarbeit. Weil der Kühlschrank als Seriennummer eine Primzahl besaß, schloss ich das Gerät sofort in mein Herz. Er wirkte auf einmal würdevoll, kompromisslos und erhaben.
    Dann begegnete ich der 341, als ich den Boden im Büro aufwischte. Ein blaues Steuerformular lag unter dem Schreibtisch.
    Vielleicht war auch das eine Primzahl. Ich stellte augenblicklich den Wischmopp weg. Das Dokument schien schon lange dort zu liegen, denn es war völlig verstaubt, doch die Ziffer 341 sprang mir sofort ins Auge. Sie hatte eine Ausstrahlung, wie es sich für eine Zahl, die in der Gunst des Professors stehen würde, geziemte.
    Die Büroangestellten waren bereits nach Hause gegangen, und so setzte ich mich in dem schummrigen Raum an den Tisch und begann mit meinen Berechnungen. Ich selbst hatte noch keine Methode entwickelt, wie ich Teiler ermitteln konnte, sondern verließ mich immer nur auf meine Eingebung. Der Professor hatte mir einmal eine Formel von einem griechischen Gelehrten namens Eratosthenes gezeigt, der im alten Ägypten die Bibliothek von Alexandria geleitet hatte. Aber diese Formel war sehr kompliziert, und ich hatte sie vergessen. Da der Professor jedoch der Intuition gegenüber Zahlen einen großen Wert beimaß, hätte er meine unbekümmerte Herangehensweise sicher toleriert.
    Es stellte sich heraus, dass 341 doch keine Primzahl war. Allerdings machte ich eine Entdeckung: 341 = 11 × 31. Eine perfekte Gleichung!
    Natürlich freute ich mich über jede Primzahl, die ich entdeckte. Aber ich war auch nicht enttäuscht, wenn dies nicht der Fall war. Selbst wenn meine Vermutung sich nicht bestätigte, waren meine Bemühungen nie vergebens. Die Erkenntnis, dass das Produkt der beiden Primzahlen 11 und 31 eine sogenannte Pseudoprimzahl ergab (auch das hatte mich der Professor gelehrt), führte mich auf eine andere Fährte: Ich fragte mich nun, ob es eine Methode gab, um solche Pseudoprimzahlen aufzuspüren.
    Ich legte das Steuerformular auf den Tisch, tauchte den Mopp in das trübe Wasser des Putzeimers und wrang ihn aus. Es

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