Das Geheimnis der Goldmine
Neele nickte. Das war ihm bekannt. Billingsley, Horsethorpe & Walters waren sozusagen Rex Fortescues ehrbare Anwälte. Für seine weniger koscheren Geschäfte verließ er sich auf die Dienste verschiedener weniger gewissenhafter Kanzleien.
»Nun, was möchten Sie wissen«, fuhr Mr Billingsley fort. »Sein Testament habe ich Ihnen ja bereits erklärt. Percival Fortescue ist der Haupterbe.«
»Ich interessiere mich jetzt für das Testament seiner Witwe. Sie hat nach Mr Fortescues Tod die Summe von hunderttausend Pfund geerbt, richtig?«
Billingsley nickte.
»Eine beträchtliche Summe«, sagte er, »und im Vertrauen gesagt, die Firma hätte Schwierigkeiten gehabt, sie auszuzahlen.«
»Heißt das, die Firma ist nicht flüssig?«
»Ehrlich gesagt, und ganz unter uns, seit eineinhalb Jahren schlittert sie unaufhaltsam auf den Konkurs zu.«
»Aus einem bestimmten Grund?«
»Nun, ja. Ich möchte fast sagen, der Grund war Rex Fortescue selber. Im letzten Jahr hat er sich wie ein Verrückter benommen. Hier solide Aktien verkauft, dort riskante Anteile aufgenommen und die ganze Zeit lauthals damit angegeben. Hat keinen Rat mehr angenommen. Percival – der Sohn, wissen Sie – ist zu mir gekommen und hat mich angefleht, meinen Einfluss auf seinen Vater geltend zu machen. Er hatte es offensichtlich selber versucht und war gescheitert. Nun, ich tat, was ich konnte, aber Fortescue hörte nicht auf mich. Er war wie verwandelt.«
»Aber nicht deprimiert«, sagte Neele.
»Nein, nein, ganz im Gegenteil. Verschwenderisch, angeberisch.«
Inspektor Neele nickte. Ein Gedanke, der in seinem Kopf bereits Form angenommen hatte, wurde klarer. Er begann langsam zu verstehen, woher die Spannungen zwischen Percival und seinem Vater rührten.
Mr Billingsley fuhr fort: »Aber fragen Sie mich nicht nach dem Testament der Witwe. Ich habe es nicht aufgesetzt.«
»Nein, das weiß ich«, sagte Neele. »Ich wollte mich nur vergewissern, dass sie wirklich etwas zu vererben hatte. Genauer gesagt, einhunderttausend Pfund.«
Mr Billingsley schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, nein, Sir. Da irren Sie sich.«
»Soll das heißen, die hunderttausend Pfund waren nur zur Nutznießung?«
»Nein – nein – sie sind ihr direkt vermacht worden. Aber es gab eine Klausel dazu. Fortescues Frau würde nur erben, wenn sie ihn mindestens einen Monat überlebte. Das ist heutzutage eigentlich üblich. Es hat mit den Gefahren von Flugreisen zu tun. Wenn ein Ehepaar bei einem Flugzeugabsturz umkommt, ist es manchmal unmöglich, festzustellen, welcher von beiden den anderen überlebt hat, und daraus ergeben sich dann hundert Komplikationen.«
Inspektor Neele starrte ihn an. »Dann hatte Adele Fortescue also keine hunderttausend Pfund zu vererben. Was geschieht mit dem Geld?«
»Es geht wieder in die Firma. Oder eher an den Haupterben.«
»Und der Haupterbe ist Percival Fortescue.«
»Richtig«, sagte Billingsley, »es geht an Percival Fortescue. Und so, wie es um die Firma steht, kann er es auch dringend brauchen.«
»Was ihr Polizisten immer wissen wollt!«, sagte Inspektor Neeles Freund, der Arzt.
»Komm schon, Bob, spuck es aus.«
»Na ja, solange wir allein sind, kannst du dich nicht offiziell auf mich berufen. Aber ich würde sagen, dass deine Diagnose schon zutrifft. Klingt ganz nach Altersdemenz. Die Familie vermutete so etwas und wollte ihn zum Arzt schicken. Er weigerte sich. Es verläuft ganz, wie du es beschrieben hast. Verlust des Urteilsvermögens, Größenwahn, gewalttätige Ausbrüche, Wutanfälle, Angeberei, der Wahn, ein Finanzgenie zu sein. Jemand mit dieser Krankheit würde mit Sicherheit jede Firma in den Konkurs treiben, es sei denn, man würde ihn entmündigen. Aber das ist nicht so einfach, vor allem nicht, wenn der Patient etwas ahnt. Ja, ich würde sagen, für deine Freunde war es ein Glück, dass er gestorben ist.«
»Es sind nicht meine Freunde«, sagte Neele und wiederholte, was er schon einmal gesagt hatte: »Sie sind alle recht unangenehm…«
Neunzehntes Kapitel
D ie ganze Familie Fortescue hatte sich im Salon im Haus Zur Eibe eingefunden. Percival Fortescue lehnte sich an den Kaminsims und sprach zu der Versammlung.
»Schön und gut, aber unsere Lage ist höchst unangenehm. Die Polizei geht ein und aus und sagt uns wenig bis gar nichts. Man muss annehmen, dass sie eine bestimmte Spur verfolgen. Und in der Zwischenzeit steht alles still, man kann nicht planen, nicht für die Zukunft Vorsorgen.«
»Es
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