Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Teil des gestrigen Tages damit zugebracht, die kurze Zeremonie immer wieder zu studieren. »Möge … möge dann der Mann, der also von seinen Sünden reingewaschen ist, vor mich treten ohne Furcht, auf dass ich hineinsehe in den Spiegel seiner Seele und darin erkenne die Stärke seines Herzens, die Rechtschaffenheit seines Eides … die Rechtschaffenheit seines … seines Eides …« Wieder kniff der Priester verzweifelt das Auge zusammen. »Ach …«
Simon ließ die Hitze des Feuers auf sich wirken. Er fühlte sich ganz knochenlos und stumpfsinnig, aber das war durchaus kein unangenehmer Zustand. Er hatte fest geglaubt, dass er aufgeregt, sogar völlig verängstigt sein würde, aber die schlaflose Nacht hatte ihm alle Furcht genommen.
Strangyeard fuhr sich mit der Hand krampfhaft durch seine wenigen verbliebenen Haarsträhnen. Endlich fiel ihm der Rest der Liturgie wieder ein, und er beeilte sich, zum Schluss zu kommen, als fürchte er, sein Gedächtnis könne ihn nochmals im Stich lassen. Anschließend half der Priester Jeremias, Simon mit weichen Tüchern abzutrocknen, und reichte ihm dann sein weißes Gewand zurück, zu dem jetzt ein breiter Ledergürtel gekommen war, den Simon umschnallen sollte. Simon trat gerade in seine leichten Schuhe, als eine kleine Gestalt in der Tür erschien.
»Ist er bereit?«, fragte Binabik. Der Troll sprach sehr ruhig und gemessen, wie stets war er voller Respekt für die Rituale anderer. Simon starrte ihn an und jäh erfüllte ihn heftige Liebe zu dem kleinen Mann. Hier war ein echter Freund, einer, der ihm in allen Gefahren treu zur Seite gestanden hatte.
»Ja, Binabik. Ich bin bereit.«
Der Troll führte ihn hinaus. Strangyeard und Jeremias folgten. Der Himmel war mehr grau als blau, wild von Wolkenfetzen. Der ganze Zug, der im Morgenlicht dahinschritt, passte sich Simons träumerisch schlenderndem Gang an.
Der Weg zu Josuas Zelt war von Zuschauern gesäumt, an die zweihundert Menschen, zumeist Hotvigs Thrithingvolk und Siedler aus Gadrinsett. Simon erkannte einige Gesichter, wusste jedoch, dass die, die er am besten kannte, weiter vorn bei Josua auf ihn warteten. Ein paar Kinder winkten ihm. Ihre Eltern packten sie sofort und ermahnten sie flüsternd, besorgt, die Feierlichkeit des Augenblicks zu stören. Aber Simon grinste und winkte zurück. Die kalte Morgenluft tat seinem Gesicht wohl. Von neuem erfasste ihn ein leichter Schwindel, sodass er sich beherrschen musste, um nicht laut loszulachen. Wer hätte das je gedacht? Er drehte sich zu Jeremias um, doch sein Gesicht war verschlossen, und er hielt den Blick, nachdenklich oder schüchtern, gesenkt.
Als sie den freien Platz vor Josuas Quartier erreicht hatten, fielen Jeremias und Strangyeard zurück, um mit den anderen Anwesenden einen unregelmäßigen Halbkreis zu bilden. Sludig, mit frisch gestutztem und geflochtenem gelbem Bart, strahlte Simon an wie ein stolzer Vater. Neben ihm stand der dunkelhaarige Deornoth in ritterlichem Schmuck, daneben Sangfugol, der Harfner, der Herzogssohn Isorn und der alte Hofnarr Strupp. Der Narr, in einen dicken Mantel gehüllt, schien sich mit leiser Stimme bei dem jungen Rimmersmann zu beschweren. Näher an der Vorderseite des Zeltes warteten Herzogin Gutrun und die kleine Leleth, an ihrer Seite Geloë. Die Waldfrau hielt sich wie ein alter Soldat, dem man einen sinnlosen Appell aufgezwungen hat, aber als ihre gelben Augen Simons Blick begegneten, nickte sie ihm kurz zu, wie um zu bestätigen, dass eine Aufgabe erfüllt sei.
Auf der anderen Seite des Halbkreises konnte man Hotvig und die übrigen Randwächter sehen, ihre langen Speere ragten auf wie ein Dickicht schlanker Bäume. Durch die zusammengeballten Wolken rieselte weißes Morgenlicht und glänzte stumpf auf ihren Armreifen und Speerspitzen. Simon versuchte, nicht an die anderen zudenken, die heute hier sein sollten und nicht da waren, wie Haestan und Morgenes.
Eingerahmt von der Öffnung zwischen den beiden Gruppen erhob sich ein grau, weiß und rot gestreiftes Zelt. Davor stand Prinz Josua, das in der Scheide steckende Schwert Naidel an seiner Seite, einen schmalen Silberreif auf dem Haupt. Neben ihm erkannte Simon Vara. Sie trug ihre dunklen Haare offen, die, vom Spiel des Windes bewegt, üppig auf ihre Schultern fielen.
»Wer tritt vor mich?«, fragte Josua mit langsamer, gemessener Stimme und zeigte, wie um den strengen Tonfall Lügen zu strafen, Simon die Andeutung eines Lächelns.
Binabik antwortete mit
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