Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
und das Flachboot an die Sandbank heranziehen. Damit schafften sie mich in ihr Nest. Ich kann Euch nicht schildern, wie oft ich mir dabei wünschte, sie würden mich umbringen oder wenigstens bewusstlos schlagen. Lebendig und wach durch diese grausigen, stockfinsteren Gänge getragen zu werden – von diesen schnatternden Scheusalen!« Er musste eine Pause einlegen, um sich zu fassen.
»Was sie mit mir taten, hatten sie mit Jüngerem Mogahib auch getan.« Er deutete mit dem Kopf auf den anderen Wranna, der in der Nähe auf der Erde lag, noch immer tief im Fieberschlaf. »Ich glaube, er hat es überlebt, weil er nicht sehr lange bei ihnen war. Vielleicht erwies er sich als wenig brauchbares Werkzeug. Jedenfalls haben sie ihn gehen lassen, um mir den Spiegelscherben aufzuzwingen. Als sie ihn an mir vorbeischleiften, schrie ich laut. Er war halb von Sinnen, aber er hörte meine Stimme und antwortete. Da erkannte ich ihn und rief ihm zu, dass mein Boot noch draußen am Ufer liege und er versuchen solle, aus dem Nest zu fliehen und es zu nehmen.«
»Habt Ihr ihm auch gesagt, er solle uns suchen?«, fragte Cadrach. »Selbst wenn er es versucht hat, war es ein unglaublicher Zufall, dass wir tatsächlich auf ihn stießen.«
»Nein, nein«, entgegnete Tiamak. »Das habe ich nicht getan. Es ging alles viel zu schnell. Später allerdings hoffte ich, dass er Euch in Haindorf finden würde, wenn er es schaffte, sich dorthin durchzuschlagen. Aber auch dann erwartete ich nicht mehr, als dass Ihr von ihm erfahren würdet, ich hätte Euch nicht freiwillig im Stich gelassen.« Er runzelte die Stirn. »Dass mir jemand an einen Ort wie diesen folgen würde, wäre zu viel der Hoffnung gewesen.«
»Genug davon, Mann«, bemerkte Isgrimnur rasch. »Was taten sie weiter mit Euch?«
Miriamel war jetzt ganz sicher, dass der Herzog nicht über ihre Entscheidung sprechen wollte. Sie hätte fast gelächelt. Als ob je ein Mensch an seinem guten Willen und seiner Tapferkeit zweifeln könnte! Aber nach dem, was er über Cadrach gesagt hatte, war Isgrimnur jetzt vielleicht ein wenig empfindlich.
»Ich bin immer noch nicht ganz sicher.« Tiamak kniff die Augen zusammen, als wollte er das Bild seiner Gefangenschaft heraufbeschwören.»Wie gesagt, sie … legten mir den Spiegel in die Hand und bedeckten mich mit diesem Schleim. Es war kalt. Ich glaubte, ich müsste sterben – erstickt und erfroren zugleich! Aber gerade, als ich überzeugt war, meinen letzten Atemzug getan zu haben, geschah etwas noch Seltsameres.« Er sah Miriamel so eindringlich an, als wollte er sichergehen, dass sie ihm auch glaubte. »In meinem Kopf begannen sich Worte zu bilden – nein, keine Worte. Es waren keine Worte, sondern nur … Erscheinungen.« Er stockte. »Es war, als ob man eine Tür geöffnet hätte – als hätte jemand in meinem Kopf einen Eingang aufgestoßen, durch den nun fremde Gedanken hereinströmten. Aber das Schlimmste war, dass es keine menschlichen Gedanken waren.«
»Nicht menschlich? Aber woher konntet Ihr das wissen?« Cadrach war jetzt äußerst interessiert. Er beugte sich vor und richtete die grauen Augen gespannt auf den Wranna.
»Ich kann es nicht erklären. Aber so wie Ihr einen roten Messerschnabel in den Bäumen kreischen hört und wisst, dass die Stimme nicht von einem Menschen kommt, so wusste ich, dass es Gedanken waren, wie kein Menschenhirn sie je gekannt hat. Es waren … kalte Gedanken. Langsam und geduldig und so widerwärtig, dass ich mir den Kopf von den Schultern gerissen hätte, wäre ich nicht in dem Schleim gefangen gewesen. Vielleicht habe ich vorher nie recht an Sie-die-Dunkelheit-atmen geglaubt, aber jetzt tue ich es. Es war f-f-furchtbar, sie in meinem Sch-Schädel zu spüren.«
Tiamak zitterte. Miriamel legte ihm den Mantel dichter um die Schultern. Erregt warf Isgrimnur neue Äste in die Flammen. »Vielleicht habt Ihr uns genug erzählt«, meinte die Prinzessin.
»Ich bin f-f-fast f-f-fertig. V-verzeiht m-mir, m-meine Z-Z-Zähne klappern s-so.«
»Kommt«, sagte Isgrimnur, der froh war, etwas tun zu können. »Wir setzen Euch dichter ans Feuer.«
Als sie Tiamak an seinem neuen Platz abgesetzt hatten, fuhr er fort.
»Ich wusste irgendwie, dass ich wie ein Ghant sprach, obwohl es mir gar nicht so vorkam. Mir war, als nähme ich die grässlichen Gedanken, die mich erdrückten, aus meinem Kopf und spräche sie lautaus. Aber was herauskam, klang wie Klicken und Summen und all die anderen Laute, die die Ghants von
Weitere Kostenlose Bücher