Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
richtete Isgrimnur sich schlaftrunken auf. »Was gibt es?«, murmelte er. »Miriamel… was?«
»Nichts, Isgrimnur. Tiamak ist aufgewacht.«
»Ja?« Der Herzog legte sich wieder hin und fing schon an, wieder einzuschlafen. »Ist er wieder klar? Redet er wieder wie ein Mensch? Dort unten in dem Nest, das war das Verfluchteste, was ich je gesehen hab …«
»Ihr habt in ihrem Nest eine andere Sprache gesprochen«, sagte Miriamel zu Tiamak. »Es war erschreckend.«
»Ich weiß.« In seinem Gesicht zuckte es, als kämpfe er gegen einen Anfall von Übelkeit. »Ich berichte es Euch später. Nicht jetzt.« Seine Augen öffneten sich ein Stück. »Habt Ihr außer mir noch etwas von dort herausgeholt?«
Miriamel dachte nach und schüttelte den Kopf. »Nur Euch. Und den Schleim, mit dem Ihr bedeckt wart.«
»Ah.« Tiamak sah enttäuscht aus, entspannte sich dann aber. »Auch gut.« Gleich darauf schlug er die Augen weit auf. »Und mein Gepäck?«, fragte er.
»Alles, was Ihr im Boot hattet, ist noch da.«
»Gut … gut.« Er seufzte erleichtert und kroch wieder unter den Mantel.
Der Himmel wurde heller, und zu beiden Seiten des Flusses begann das Laubwerk aus dem Schatten zu treten und Farbe und Leben zu gewinnen.
»Herrin?«
»Ja?«
»Ich danke Euch. Ich danke Euch allen, dass Ihr mich dort herausgeholt habt.«
Miriamel hörte zu, wie sein Atem langsamer wurde. Bald war der kleine Mann wieder eingeschlafen.
»Wie ich Miriamel schon gestern Nacht gesagt habe«, begann Tiamak, »möchte ich Euch allen danken. Ihr habt Euch als bessere Freunde erwiesen, als ich je zu hoffen gewagt hätte – und ganz gewiss als besser, als ich es verdiene.«
Isgrimnur hustete. »Unsinn. Wir hätten gar nichts anderes tun können.« Miriamel fand, dass der Herzog einen etwas beschämten Eindruck machte. Vielleicht erinnerte er sich, wie sie darüber debattiert hatten, ob sie versuchen sollten, den Wranna zu retten, oder ihn aufgaben.
Sie hatten unweit des Ufers ein behelfsmäßiges Lager aufgeschlagen. Das kleine Feuer, dessen Flammen im hellen Vormittagslicht kaum zu sehen waren, brannte fröhlich und erhitzte Wasser für Suppe und Gelbwurzeltee.
»Nein, Ihr versteht nicht. Es ist nicht allein mein Leben, das Ihrgerettet habt. Wenn ich einen Ka besitze – was Ihr eine Seele nennen würdet –, so hätte er keinen weiteren Tag an diesem Ort überlebt. Vielleicht keine Stunde mehr.«
»Aber was taten sie mit Euch?«, fragte die Prinzessin. »Als Ihr den Mund aufgemacht habt, klangt Ihr fast selber wie ein Ghant.«
Tiamak schauderte. Er saß in ihren Mantel gewickelt da, hatte sich aber bisher kaum gerührt. »Ich will es Euch erzählen, so gut ich kann, obwohl ich es selbst nicht ganz verstehe. Aber seid Ihr wirklich sicher, dass Ihr außer mir nichts von dort mitgenommen habt?«
Alle schüttelten die Köpfe.
»Da war …«, fing Tiamak an, brach jedoch gleich wieder ab und dachte nach. »Es war ein Stück von etwas, das wie ein Spiegel aussah … ein gläserner Spiegel. Es war zerbrochen, aber ein kleiner Teil des Rahmens hing noch daran, äußerst kunstvoll geschnitzt. Sie … die Ghants … legten ihn mir in die Hände.« Er hob die Handflächen und zeigte ihnen die bereits verheilenden Schnittwunden. »Sobald ich es hielt, fühlte ich, wie die Kälte durch meinen Körper rann, und da waren Finger in meinem Kopf. Dann würgten einige von den Ghants dieses klebrige Zeug hervor und bedeckten mich damit.« Er schluckte und konnte nicht gleich fortfahren. Still saß er da, und in seinen Augen glänzten Tränen.
»Ihr müsst nicht darüber sprechen, Tiamak«, sagte Miriamel. »Nicht jetzt.«
»Oder sagt uns vorläufig nur, wie sie Euch erwischt haben«, bat Isgrimnur. »Ich meine, wenn Ihr es über Euch bringt.«
Der Wranna sah zu Boden. »Sie fingen mich so leicht wie ein frischgeschlüpftes Krebslein. Drei von ihnen ließen sich vom Baum auf mich herabfallen«, er blickte so hastig auf, als könne es gleich wieder geschehen, »und während ich mich noch gegen sie wehrte, kamen ein Dutzend weitere angerannt und überwältigten mich. Sie sind ungeheuer schlau. Sie umwickelten mich mit Ranken, ganz so, wie wir einen Gefangenen fesseln würden, nur dass sie offenbar keine Knoten binden können. Aber sie zogen die Lianen so fest zu, dass ich nicht entkommen konnte. Dann versuchten sie mich in die Bäume hinaufzuheben, aber dazu war ich wohl zu schwer. Stattdessenmussten sie sich an Ranken und versunkenen Ästen entlanghangeln
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