Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
gelassen.«
»Fürchtet Ihr Euch vor Geistern, Rimmersmann?«, erkundigte sich Cadrach mit höhnischem Lächeln.
Miriamel zog die Stirn in Falten. Sie hatte gehofft, die Feindseligkeiten zwischen Cadrach und Isgrimnur würden nachlassen, nachdem die ölgetränkten Flammengeschosse des Mönchs ihnen zur Flucht verholfen hatten. Der Herzog schien auch tatsächlich zum Waffenstillstand bereit, aber Cadrachs Zorn war zu etwas Kaltem und sehr Unerfreulichem erstarrt.
»Vorsicht hat noch nie geschadet«, begann Isgrimnur.
»Ach, seid doch still, Ihr beiden!«, fiel Miriamel ihm ärgerlich ins Wort. »Tiamak hat gerade seinen Freund verloren.«
»Keinen Freund«, bedeutete ihr Cadrach.
»Dann seinen Stammesbruder. Ihr habt doch seine Worte gehört. Dieser Mann war der Einzige aus seinem Dorf, den er bei der Heimkehr noch vorfand – der einzige andere Wranna, den er überhaupt gesehen hat! Und nun ist er tot. Wenn Ihr in dieser Lage wärt, würdet Ihr auch ein wenig allein sein wollen.« Sie drehte sich schroff um und ging hinüber zu Camaris, der damit beschäftigt war, Gräser zusammenzudrehen und eine Art Halskette daraus zu flechten.
»Nun ja …«, sagte Isgrimnur und kaute dann schweigend an seinem Bart. Auch Cadrach schwieg.
Als Miriamel am nächsten Morgen aufwachte, fehlte Tiamak. Sie erschrak, beruhigte sich aber wieder, als er mit einem großen Bündel Ölpalmwedel ins Lager zurückkehrte. Während sie und die anderenzuschauten, umwickelte er Jüngeren Mogahib damit, eine Schicht nach der anderen, als ahme er den Priester im Haus der Vorbereitung von Erchester nach. Bald war nur noch ein längliches Bündel feuchtglänzender grüner Blätter zu sehen.
»Ich bringe ihn jetzt fort«, erklärte Tiamak leise. »Ihr braucht mich nicht zu begleiten, wenn Ihr es nicht wollt.«
»Würde es Euch freuen, wenn wir mitkämen?«, fragte Miriamel.
Tiamak sah sie an und nickte. »Ja, sehr.«
Miriamel sorgte dafür, dass alle mitkamen, sogar Camaris, der sich freilich viel mehr für die fransenschwänzigen Vögel oben in den Bäumen zu interessieren schien als für Leichen und Trauerzüge.
Mit Isgrimnurs Hilfe bettete Tiamak Jüngeren Mogahibs blattumhüllten Körper behutsam in das Flachboot. Er stakte ein kurzes Stück flussaufwärts zu einer Sandbank, wo er auf einer ebenen, offenen Stelle eine Art Gerüst aus dünnen Ästen gebaut hatte. Darunter waren Holz und weitere Palmblätter aufgeschichtet. Wieder half Isgrimnur ihm, das Bündel aufzuheben und auf den schmalen Rahmen zu legen, der unter dem Gewicht des Leichnams leise schwankte.
Als alles zu seiner Zufriedenheit geordnet war, trat Tiamak zurück und stellte sich neben seine Gefährten, dem Gerüst und dem unangezündeten Scheiterhaufen gegenüber.
»Du-die-darauf-wartet-alles-wieder-zu-sich-zu-nehmen«, begann er feierlich, »du, die am letzten Flusse steht, Jüngerer Mogahib verlässt uns nun. Wenn er vorübertreibt, dann denke daran, dass er tapfer war. Er ging in das Nest der Ghants, um seine Familie und die Brüder und Schwestern seines Stammes zu retten. Vergiss auch nicht, dass er gut war.«
An dieser Stelle musste er einen Augenblick innehalten und nachdenken. Miriamel fiel ein, dass er gesagt hatte, der andere Wranna sei kein Freund gewesen. »Stets achtete er seinen Vater und die anderen Ältesten«, erklärte Tiamak schließlich. »Er gab seine Feste, wenn das Los ihn traf, und knauserte nicht.« Er holte tief Atem. »Bedenke deinen Bund mit Ihr-die-die-Menschheit-gebar. Jüngerer Mogahib hatte sein Leben und lebte es, und als Sie-die-wachen-und-gestalten seine Schulter berührten, gab er es auf. Du-die-darauf-wartet-alles-wieder-zu-sich-zu-nehmen,lass ihn nicht vorübertreiben!« Er sah seine Gefährten an. »Sagt es mit mir, bitte.«
»Lass ihn nicht vorübertreiben!«, riefen sie alle zusammen. Oben im Baum kreischte ein Vogel wie eine schlechtgeölte Tür.
Tiamak schritt zu dem Holzstoß und kniete davor nieder. Ein paar Schläge auf Feuerstein und Stahl, und in die Ölpalmspäne fiel ein Funken. Schnell loderte das Feuer hell auf. Die um Jüngeren Mogahibs Körper gewickelten Blätter färbten sich schwarz und kräuselten sich.
»Ihr braucht nicht zuzusehen«, sagte Tiamak. »Wenn Ihr eine kleine Strecke flussabwärts auf mich warten wollt, komme ich bald nach.«
Miriamel fühlte, dass der Wranna allein sein wollte. Sie stieg mit den anderen ins Boot, und sie stakten ein Stück den Wasserlauf hinunter, bis eine Biegung die Stelle vor
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