Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
dann weiter mit ihnen reisen wollte, müsste er es schwimmend tun. Daraufhin hörte der Mönch auf zu stänkern, aber die Blicke, die dem Herzog galten, sobald Isgrimnur ihm den Rücken kehrte, stimmten Miriamel bedenklich.
Ihr war klar, dass das Wran sie alle zermürbte. Es war kein Ort für Menschen, vor allem nicht für Trockenländer.
»Hier drüben müsste es gehen«, meinte sie und machte ein paar ungeschickte Schritte. Der Schlamm quatschte unter ihren Stiefelsohlen, und sie hielt sich mühsam im Gleichgewicht.
»Wenn Ihr das sagt, Herrin«, murmelte Cadrach.
Sie hatten sich eine kleine Strecke vom Lager entfernt, um dieÜberreste ihrer Mahlzeit zu vergraben, hauptsächlich Fischgräten, schuppige Haut und Obstkerne. Im Lauf ihrer langen Reise hatte sich gezeigt, dass die neugierigen Wranaffen nur allzu gern ihre Lagerplätze besuchten und dort nach Abfällen forschten, selbst wenn einer der Menschen aufblieb und Wache hielt. Das letzte Mal, als sie den Müll nah am Lager entsorgt hatten, verbrachten sie die ganze Nacht inmitten eines Freudenfestes zankender, kreischender Affen, die sich wie verrückt um das Recht auf die feinsten Krümel balgten.
»Fangt an, Cadrach«, sagte Miriamel ärgerlich. »Grabt das Loch.« Cadrach warf ihr einen schnellen Seitenblick zu, bückte sich und begann die feuchte Erde aufzuwerfen. Mit jedem Stich des aus einem hohlen Schilfrohr bestehenden Spatens kamen weiße, sich windende Wesen zum Vorschein, die im Licht der Fackel fahl glänzten. Als Cadrach fertig war, warf Miriamel das mit Blättern umwickelte Bündel in die Grube, und der Mönch bedeckte es wieder mit Schlamm. Dann drehte er sich um und wollte zum Lagerfeuer zurückstapfen, das in der Ferne glühte.
»Cadrach.«
Er blieb stehen. »Ja, Prinzessin?«
Sie ging ein Stück auf ihn zu. »Ich … es tut mir leid, dass Isgrimnur das zu Euch gesagt hat. Vor dem Nest.« Sie hob hilflos die Hände. »Er war in großer Sorge und redet manchmal unüberlegt. Aber er ist ein guter Mensch.«
Cadrachs Gesicht war ausdruckslos. Es war, als hätte er einen Vorhang vor seine Gedanken gezogen. Seine Augen glitzerten seltsam flach. »Ah. Ein guter Mensch. Es gibt so wenige von ihnen.«
Miriamel schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist. Aber trotzdem, Cadrach, werdet Ihr doch wohl verstehen, dass er sich geärgert hat?«
»Natürlich. Das kann ich sehr gut verstehen. Ich lebe schon seit vielen Jahren mit mir, Herrin – wie kann ich jemandem Vorwürfe machen, der mich so sieht, wie ich mich selbst sehe, und dabei nicht einmal das weiß, was ich weiß?«
»Verdammt!«, fauchte Miriamel. »Warum müsst Ihr so sein? Ich hasse Euch doch nicht, Cadrach! Ich verabscheue Euch nicht, obwohl wir einander schon eine Menge Sorgen bereitet haben.«
Er schaute sie an und schien mit widerstreitenden Gefühlen zu kämpfen. »Nein, Herrin. Ihr behandelt mich besser, als ich es verdiene.«
Sie war zu klug, ihm zu widersprechen. »Und ich mache Euch auch nicht den geringsten Vorwurf, dass Ihr nicht in das Nest wolltet.«
»Nein, Herrin. Und das würde auch sonst niemand tun, nicht einmal Euer Herzog, wenn er wüsste …«
»Was wüsste?«, fragte sie scharf. »Was habt Ihr erlebt, Cadrach? Noch mehr als das, was Ihr mir von Pryrates erzählt habt … und von dem Buch?«
Der Lippen des Mönchs wurden schmal. »Ich möchte nicht darüber sprechen.«
»Oh, bei Elysias Barmherzigkeit!«, rief Miriamel erbost. Sie trat vor ihn, streckte den Arm aus und griff nach seiner Hand. Cadrach zuckte zusammen und wollte sich losreißen, aber sie hielt ihn fest. »Hört mir zu. Wenn Ihr Euch selbst hasst, hassen Euch auch die anderen. Das weiß jedes Kind, und Ihr seid ein gelehrter Mann.«
»Und wenn man ein Kind hasst«, zischte er, »dann hasst dieses Kind eines Tages sich selbst.«
Sie verstand nicht, was er meinte. »Aber Cadrach, bitte, Ihr müsst vergeben, und zwar zuerst Euch selbst. Ich kann es nicht ertragen, wenn ein Freund solche Qualen leidet, auch wenn er sie sich selber zufügt.«
Der stetige Druck, mit dem der Mönch sich von ihr zu lösen suchte, ließ plötzlich nach. »Ein Freund?«, fragte er schroff.
»Ja, ein Freund.« Miriamel drückte seine Hand und ließ sie los. Cadrach trat einen Schritt zurück, blieb aber dann stehen. »Bitte, wir müssen versuchen, uns zu vertragen, zumindest bis wir bei Josua sind, sonst verlieren wir noch alle den Verstand.«
»Bei Josua …« Tonlos und ein wenig abwesend
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