Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
überlegte.
»Willst du sagen, dass wir wie König Johan handeln sollten? Dass wir versuchen sollten, Elias zu überraschen?« Der Gedanke war erstaunlich. »Dass wir ihn … angreifen sollten?«
Binabik nickte und entblößte die Zähne zu einem gelben Grinsen. »Schlauer Simon! Warum nicht? Bisher haben wir nur reagiert und nicht agiert. Vielleicht ist ein Wechsel von Nutzen.«
»Aber was ist mit dem Sturmkönig?« Von dem Gedanken erschüttert, sah Simon auf den bewölkten Horizont. Unter dem weiten schiefergrauen Himmel dieses fremdartigen Ortes hätte er am liebsten nicht einmal den Namen ausgesprochen. »Und außerdem, Binabik, sind wir nur ein paar Hundert. König Elias gebietet über Tausende von Soldaten, das weiß jeder.«
Der Troll zuckte die Achseln. »Wer sagt denn, dass wir Heer gegen Heer kämpfen müssen? Im Übrigen nimmt unsere kleine Truppe hier täglich zu, denn es kommen immer mehr Leute über die Wiesen nach … wie nannte es Josua? Ach ja … Neu-Gadrinsett.«
Simon schüttelte den Kopf und warf einen weiteren, glatten Steinscherben in die Luft. »Mir kommt es töricht vor – nein, nicht töricht. Aber zu gefährlich.«
Binabik behielt die Ruhe. Er pfiff Qantaqa, die über die Steinplatten herbeigetrottet kam. »Vielleicht ist es genau das, Simon. Gehen wir ein Stückchen spazieren.«
Prinz Josua starrte mit sorgenvollem Gesicht auf das Schwert. Die gute Laune, die er während des Festes zur Schau getragen hatte, schien ihn gänzlich verlassen zu haben.
Es war ja auch nicht so, dass der Prinz in letzter Zeit wirklich glücklicher gewesen wäre, fand Deornoth. Er hatte lediglich eingesehen, dass seine Selbstzweifel auch seine Umgebung verunsicherten. In Zeiten wie diesen wollten die Menschen lieber einen furchtlosen Fürsten als einen aufrichtigen, darum bemühte sich Josua, seinen Untertanen die Maske ruhiger Zuversicht zu zeigen. Deornoth freilich, der ihn gut kannte, wusste sehr wohl, dass die Last der Verantwortung so schwer auf Josua lag wie nur je zuvor.
Er ist wie meine Mutter, dachte Deornoth. Merkwürdiger Vergleich für einen Prinzen. Aber genau wie sie glaubt er, er müsste auch noch die Sorgen und Ängste von allen anderen auf sich nehmen, weil sonst keiner diese Bürde tragen kann.
Und wie Deornoth es bei seiner Mutter erlebt hatte, schien auch Josua schneller zu altern als seine Umgebung. Der Prinz, immer schon schlank, war während der Flucht der Gefolgschaft aus Naglimund sehr dünn geworden. Inzwischen hatte er zwar wieder etwas zugenommen, aber jetzt umgab ihn eine eigenartige Aura der Zerbrechlichkeit, als habe er sich ein wenig von den weltlichen Dingen entfernt, wie ein Mensch, der zum ersten Mal nach langer Krankheit auf die Beine kommt. Die grauen Strähnen in seinem Haar hatten sich auffällig vermehrt, und in seinen Augen, noch immer scharf und wissend wie früher, lag jetzt ein Glanz, der etwas Fiebriges hatte.
Er braucht Frieden. Er braucht Ruhe. Ich wünschte, ich könnte am Fuß seines Bettes stehen und ihn beschützen, während er schläft – ein ganzes Jahr lang schläft.
»Gott gebe ihm Kraft«, murmelte er.
Josua drehte sich um. »Entschuldige, ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?«
Deornoth schüttelte den Kopf. Er wollte nicht lügen, seine Gedanken aber lieber für sich behalten. Die beiden Männer wandten ihre Aufmerksamkeit wieder dem Schwert zu.
Prinz und Lehensmann standen vor dem langen Steintisch in dem Gebäude, das Geloë das Abschiedshaus nannte. Alle Spuren des gestrigen Festes waren fortgeräumt, und nur dieser eine, glänzende Gegenstand lag auf dem glatten Stein.
»Wenn man bedenkt, wie viele durch diese Klinge gestorbensind …«, meinte Deornoth endlich. Er berührte den schnurumwickelten Griff. Dorn war so kalt und leblos wie der Fels, auf dem es ruhte.
»Und vergiss nicht«, brummte der Prinz, »wie viele gerade in jüngster Zeit erst gestorben sind, damit wir es in den Händen halten.«
»Aber wenn es uns so viel gekostet hat, sollten wir es doch bestimmt nicht einfach hier liegen lassen – in einer offenen Halle, die jeder betreten kann.« Deornoth schüttelte den Kopf. »Dieses Schwert könnte unsere größte Hoffnung sein, Hoheit, unsere einzige Hoffnung! Sollten wir es nicht in ein sicheres Versteck bringen oder eine Wache davorstellen?«
Josua lächelte beinahe. »Wozu, Deornoth? Man kann jeden Schatz stehlen, jede Burg bezwingen, jedes Versteck ausspähen. Es ist besser, wenn es hier liegt, wo es jeder sehen
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