Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
einmal hastig um. Nichts. Vorsichtig ließ sie den Wasserschlauch ins Innere des Bootes gleiten, wo er neben den Rudern liegen blieb. Rasch folgten ihm die anderen Schläuche. Als sie sich auf die Zehen stellte, um die Pakete mit Brot und Käse hinterherzuschieben, rief plötzlich jemand auf Nabbanai:
    »He! Lass das!«
    Miriamel erstarrte wie ein Kaninchen, das in der Falle saß. Ihr Herz raste. Sie ließ die Essenspakete aus den Fingern und ins Boot fallen und drehte sich ganz langsam um.
    »Tölpel! Du hast es genau verkehrt eingesetzt!«, rief der Matrose, der hoch oben in den Wanten hockte. Zwanzig Ellen über Miriamels Kopf warf er empörte Blicke auf einen anderen Seemann, der über ihm am Mast arbeitete. Dieser zeigte ihm das Ziegenzeichen und fuhr vergnügt mit seiner Arbeit fort. Der erste Matrose schrie noch etwas zu ihm hinauf, fing dann an zu lachen, spuckte gegen den Wind und wandte sich wieder dem Segel zu.
    Miriamel wartete mit geschlossenen Augen darauf, dass ihre Knie zu schlottern aufhörten. Sie holte tief Luft, füllte ihre Nase mit den Gerüchen von Teer, nassen Planken und der feuchten Wolle ihres Mantels sowie dem spröden, geheimnisvollen Aroma des nahenden Sturms. Dann schlug sie die Augen wieder auf. Der Regen war heftigergeworden und rann jetzt von ihrer Kapuze, ein kleiner Wasserfall, der genau vor ihrer Nase in die Tiefe stürzte. Es war Zeit, unter Deck zu gehen. Die Sonne würde bald untergehen, und sie wollte nicht durch irgendeine Unachtsamkeit Gan Itais Plan scheitern lassen, so wenig Hoffnung sie auch auf ihn setzte. Außerdem war es zwar nicht völlig unerklärlich, dass Miriamel trotz des immer wütender werdenden Regens oben auf Deck blieb, aber wenn sie Aspitis begegnete, würde er sich vielleicht doch wundern. Auch wenn Miriamel nicht genau wusste, was die Niskie vorhatte, war ihr doch klar, dass es der Sache kaum dienlich sein konnte, wenn Aspitis Verdacht schöpfte.
    Sie stieg die Treppe unter der Luke hinunter, ohne dass jemand sie beachtete, und ging dann leise durch den Korridor zur kärglich eingerichteten Kammer der Niskie. Die Tür war nicht versperrt. Schnell schlüpfte Miriamel hinein. Gan Itai war nicht da. Wahrscheinlich bereitete sie sich irgendwo auf das Kommende vor, dachte Miriamel, was immer es auch sei. Bei ihrer Begegnung heute Morgen hatte die Niskie jedenfalls einen müden und bekümmerten Eindruck gemacht.
    Miriamel schürzte den Rock und holte das lose Stück Täfelung aus der Wand. Lange Sekunden zerbrach sie sich den Kopf darüber, ob sie die Tür zum Gang verriegeln sollte. Wenn es ihr nämlich nicht gelang, die Täfelung von der Innenseite des verborgenen Gangs wieder einwandfrei einzupassen, musste jeder, der den Raum betrat, sofort bemerken, dass es hier ein Schlupfloch gab, und war vielleicht neugierig genug, es zu untersuchen. Schob sie aber den Riegel vor, konnte Gan Itai, wenn sie zurückkam, nicht in ihre Kabine.
    Sie entschloss sich, die Tür nicht zu versperren und es auf eine zufällige Entdeckung ankommen zu lassen. Sie holte einen Kerzenstummel aus dem Mantel und zündete ihn an Gan Itais Lampe an. Dann kroch sie durch die Öffnung und setzte hinter sich die Täfelung wieder ein. Das Kerzenende zwischen den Zähnen stieg sie die Leiter hinauf und sprach ein wortloses Dankgebet dafür, dass ihr Haar nass und immer noch kurz war. Hastig verdrängte sie das Bild dessen, was geschehen konnte, wenn ihr Haar in einem so engen Gang Feuer fing.
    Als sie den Kriechgang hinter sich gebracht und die Luke erreicht hatte, tröpfelte sie etwas Wachs auf den Boden, setzte die Kerze hinein und hob die Falltür. Vorsichtig lugte sie durch den Spalt. Der Laderaum war dunkel, ein gutes Zeichen. Sie bezweifelte, dass ein Matrose ohne Licht zwischen den wackligen Fässerstapeln herumlaufen würde.
    »Cadrach!«, rief sie leise. »Ich bin es! Miriamel!«
    Keine Antwort. Einen Augenblick dachte sie, sie wäre zu spät gekommen und der Mönch hier unten im Finstern gestorben. Sie schluckte den Kloß in der Kehle hinunter, griff nach der Kerze und kletterte dann vorsichtig die am Lukenrand befestigte Leiter hinab. Die Stufen endeten kurz über dem Boden, und als Miriamel das letzte Stück sprang, prallte sie eher auf als erwartet. Die Kerze wurde ihr aus der Hand geprellt und rollte über den Holzboden. Miriamel, von Panik erfüllt, machte einen Satz und griff danach. Sie verbrannte sich die Finger, aber die Kerze war nicht ausgegangen.
    Miriamel holte tief Atem.

Weitere Kostenlose Bücher