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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gezogen.
    Genauso schnell hatte Raimund Ludolf überrumpelt, der viel ängstlicher auf Marthe als auf sein Gegenüber starrte.
    Christian stieß einen kurzen Pfiff aus. Lukas kam in die Hütte. Der Knappe stockte für einen Moment und sah fassungslos auf die gefesselte, halb entblößte Marthe. Dann trat er auf Raimunds Zeichen zu Oswald, um ihm die Hände zu binden.
    Inzwischen war Christian zu Marthe gestürzt, durchschnitt ihre Fesseln und fing sie auf, als sie zusammensackte.
    »Haben sie dir etwas angetan?«, fragte er mit gepresster Stimme.
    Sie schüttelte stumm den Kopf. Doch dann war es mit ihrer Fassung vorbei und sie begann am ganzen Leib zu zittern.
    Christian rief Raimund und Lukas zu: »Schafft die beiden hier raus!«
    Er legte seine Arme um die bebende Marthe und zog sie an sich.
    »Es ist vorbei. Sie können dir nichts mehr tun«, sprach er beruhigend auf sie ein. Sie sackte erneut auf die Knie.
    Christian kniete ebenfalls nieder und nahm vorsichtig ihr Gesicht in die Hände. »Hab keine Angst mehr«, sagte er leise.
    Sanft strich er ihre Tränen weg.
    Während er sie hielt, wurde ihm mit überwältigender Klarheit bewusst, was er sich nie hatte eingestehen wollen: Er liebte und begehrte diese junge Frau. Selbst die Erinnerung an Luitgard verblasste neben ihr.
    Er konnte seine Gefühle nicht länger leugnen. Vorsichtig berührten seine Lippen ihre, fühlten, wie sie kurz erstarrte und dann kaum merklich seinen Kuss erwiderte.
    In all den Jahren seit seiner Ausbildung zum Ritter hatte Christian Beherrschung als eines der Ideale seines Standes verinnerlicht. Doch jetzt war das vergessen. Sein Kuss wurde leidenschaftlich, seine Hände fuhren durch ihr seidiges Haar, das er nun zum ersten Mal seit langem wieder unbedeckt sah, glitten sanft ihren Hals entlang und auf ihre bloße Schulter.
    Sie zuckte zusammen.
    Sofort ließ er von ihr ab.
    Wie konnte er nur ihre Verwirrung ausnutzen! Würde sie glauben, er wollte so eine Dankesschuld eintreiben, die zu zahlen sie sich verpflichtet fühlte?
    »Verzeih mir«, flüsterte er schließlich heiser. »Die Sorge um dich hat mich kopflos gemacht.«
    Er hüllte sie in seinen Umhang und trug sie wortlos nach draußen.
    Marthe hielt die Lider gesenkt und wagte kaum zu atmen.
    Behutsam lehnte Christian sie an einen Baum.
    Marthe schloss die Augen und haderte mit sich. Eben noch hatte sie den Tod vor Augen gesehen – und sich dann aufgeführt wie eine läufige Hündin!
    Was hatte sie sich dabei gedacht, als sie seinen Kuss erwiderte? Nichts. In diesem Augenblick war in ihr einfach kein Platz für Gedanken gewesen. Seine zärtliche Berührung hatte sie mit einem Gefühl erfüllt, das sie noch nie zuvor erlebt hatte. Dieser Moment hätte ewig andauern können. Doch dann hatte der Schreck über die Männerhände auf ihrer bloßen Haut sie wieder zu sich gebracht.
    Er war ihr Herr. Sie hätte sich ihm nicht verweigern können, hätte er sie gleich in der Hütte nehmen wollen. Und ein Teil von ihr hatte es sich sogar gewünscht. Das war ihr unbegreiflich. Alles, was sie bisher mit dem erlebt hatte, was Männer von einer Frau wollten, erfüllte sie mit Abscheu und Angst.
    Doch er hatte sofort von ihr abgelassen, als sie zurückgeschreckt war. Sie glaubte zu wissen, dass sein Begriff von Ehre ihm verbot, eine Frau zu nehmen, die nicht seine war oder die ihn nicht wollte. Aber was würde er jetzt von ihr denken? Und wie sollte sie ihm jemals wieder gegenübertreten?
     
    Während Lukas Oswald grob vor sich her stieß, konnte er das Bild nicht aus seinem Gedächtnis verbannen, das ihn in der Hütte erwartet hatte: Marthe, mit entblößtem Rücken hilflos an einen Balken gefesselt und hinter ihr dieser Dreckskerl mit der Peitsche in der Hand.
    Du Bastard wolltest ihr Schmerz zufügen, ihre weiße Haut zerfetzen, die ich nicht zu berühren gewagt habe, dachte er mit rasender Wut. Er hätte selbst nicht genau sagen können, ob ihn diese Gedanken abgelenkt und dadurch Oswald Gelegenheit zur Flucht verschafft hatten oder ob er tief in seinem Inneren schon den weiteren Ablauf geplant hatte.
    Oswald stürmte los, doch er kam nicht weit. Blitzschnell hatte Lukas nach dem Messer an seinem Gürtel gegriffen und es mit aller Kraft geworfen. Die spitze Klinge fuhr mit Wucht in Oswalds Nacken. Er stürzte zu Boden, gab ein kurzes Röcheln von sich und verstummte.
    Für einen Augenblick war Lukas äußerst zufrieden mit sich. Er holte sein Messer zurück, stieß es in den Boden, um es zu

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