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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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reinigen, und steckte es wieder an seinen Platz.
    Christian musterte seinen Knappen mit durchdringendem Blick.
    Er weiß es, dachte Lukas beklommen. Er weiß es, dass ich ihn töten wollte. Und er weiß auch, warum. Weil ich Marthe rächen musste. Weil ich Marthe liebe.
    Doch Christian blieb stumm.
    Raimund war es schließlich, der das Schweigen brach. Er wies auf Ludolf: »Was machen wir mit dem hier?«
    Christian sah auf den sich windenden Gefangenen. »Tu mir den Gefallen und flieh«, forderte er den Verängstigten mit eisiger Stimme auf.
    »Nein, Herr, ich ergebe mich. Ich werde Euch keine Schwierigkeiten machen«, wimmerte der.
    »Das ist wirklich schade. So kann ich dich nicht sofort töten, sondern muss andere über dich richten lassen«, fuhr Christian ohne jede Spur von Gnade in seiner Stimme fort.
    »Verschnür ihn gut, wir werden ihn dem Waffenmeister übergeben«, rief er Raimund zu.
    Bevor sie aufbrachen, trat Christian an Ludolf heran und fixierte ihn mit hartem Blick. Ludolf zuckte zusammen.
    »Du meinst, das Mädchen ist eine Hexe«, sagte Christian scharf. »Aber beweisen kannst du es nicht. Also überlege gut, ob du diesen Vorwurf laut aussprichst! Wenn sie keine Hexe ist, erwartet dich die Strafe, die für sie vorgesehenwar. Wenn sie eine ist, wird ihr Fluch dir bis ins Grab folgen!«
    Er ließ den wimmernden Ludolf heilige Eide schwören, kein schlechtes Wort über Marthe zu verlieren und sie für alle Zeit unbehelligt zu lassen.
    Dann wandte sich Christian endlich seinem Knappen zu. »Du hast getötet. Gleich nachher wirst du zur Beichte gehen. Ich begleite dich.«
    »Natürlich, Herr.«
    »Und jetzt sorg für das Mädchen.«
    »Wie Ihr wünscht.«
    Nichts lieber als das, dachte Lukas und wunderte sich, dass Christian ihm diese Aufgabe überließ. Bisher hatte sich sein Herr immer persönlich um alles gekümmert, was Marthe betraf. Mit schnellen Schritten war er bei dem Baum, an den sie sich immer noch lehnte, kreidebleich und mit merkwürdigem Gesichtsausdruck.
    »Kannst du aufstehen?«, fragte Lukas besorgt. »Soll ich dich tragen?«
    »Es geht schon, junger Herr«, meinte Marthe. Er half ihr auf, sorgfältig darauf bedacht, dass Christians Umhang nicht von ihren Schultern rutschte, obwohl die Erinnerung an ihre nackte Haut seinen Mund trocken werden ließ.
    Lukas zog ein buntes Tuch aus seinem Beutel. »Hier, wenn du dein Haar bedecken willst.«
    »Danke!« Hastig griff sie danach und band es um. Mit Bedauern sah er ihren Zopf wieder unter dem Stoff verschwinden.
    »Wir hatten die beiden schon heute Mittag in dem Trupp entdeckt, der aus der Burgwartei Mochau zu uns gestoßen war, und sie im Auge behalten. Aber dass sie dir dort auflauern, hätten wir nicht gedacht. Beinahe wären wir zu spät gekommen … Tut mir Leid.«
    Sie schauderte und sah ihn dann mit einem Blick an, für den er die Sterne vom Himmel geholt hätte. »Ohne Euch wäre ich jetzt tot.«
     
    Susanne warf nur einen Blick auf Marthes neues, schönes Kopftuch und meinte dann mit verkniffener Miene: »Du Heuchlerin! Ich hätte nicht gedacht, dass du meinen Rat mit Lukas so schnell befolgst.«
    Dann erkannte sie Christians Umhang um Marthes Schultern und riss die Augen auf.
    »Du denkst falsch«, sagte Marthe scharf. »Ich bin überfallen worden, aber Christian und Raimund haben mich gerettet. Mir ist nichts geschehen. Ich muss nur das hier flicken.«
    Sie nahm den Umhang ab und raffte mit einer Hand die zerrissenen Hälften des Kleides zusammen.
    Susanne erschrak, fasste sich aber schnell. »Lass mich das machen. Du kannst doch nicht hier vor aller Augen dein Kleid ausziehen.«
    Sie merkte, dass mit ihrer Freundin etwas nicht in Ordnung war, verschob aber alle Fragen auf später.
    Als der Riss geflickt war, suchte sich Marthe einen Platz zum Schlafen, rollte sich zusammen und starrte ins Leere.

Juni 1168, Hoftag in Würzburg
     
    Dicht gedrängt standen geistliche Würdenträger und hohe Adlige in kostbaren Gewändern im Empfangssaal der kaiserlichen Residenz in Würzburg. Lautenspieler ließen sanfte Melodienerklingen, es duftete nach dem Bienenwachs der vielen Kerzen und nach kostbaren Essenzen aus dem Orient. Durch die Fensteröffnungen drang Sonnenlicht, das teuren Schmuck und zarte Goldstickereien zum Funkeln brachte.
    Doch Hedwigs Augen waren wie gebannt auf den Kaiser gerichtet, den mächtigsten Mann der Christenheit. Sie hatte ihn zuletzt gesehen, als sie noch als Kind am Hof ihres Vaters lebte, und besaß nur noch eine

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