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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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eine gewaltige Last ihren Körper zusammendrückte und sie sich vor Schmerz weder rühren noch bemerkbar machen konnte. Statt ihr zu helfen, gingen die Menschen um sie herum völlig ungerührt ihrer Arbeit nach. Niemand schien etwas zu bemerken, niemand kam, um sie von ihrer Qual zu befreien.
    Wie zerschlagen, mit dunklen Schatten unter den Augen, taumelte sie dann durch den nächsten Tag – unter den argwöhnischen Blicken von Griseldis.
     
    Als sich endlich jemand dem Dorf näherte, war es nicht Christian. Das Geschrei eines Maultiers kündigte den Besuch an. Wilhelm, der Älteste des benachbarten Bertholdsdorfs, hatte es offenkundig eilig, zu Marthe zu kommen.
    »Bei uns hat eine Frau Schwierigkeiten, ihr Kind zu bekommen. Kannst du ihr helfen?«, fragte er.
    »Ich muss meinen Mann und unseren Ältesten um Erlaubnis fragen«, antwortete sie, legte die Sichel beiseite, klopfte sich die Hände ab und ging zu Hildebrand. Wilhelm folgte ihr.
    »Ihr könnt unsere Wehmutter in Anspruch nehmen, aber dafür bezahlt ihr uns«, schlug Hildebrand vor. »Was bietet ihr?«
    Die beiden Männer begannen zu feilschen, während Marthe sich im Bach gründlich die Hände wusch und dann in der Kate die Sachen in ihren Korb packte, die sie für eine Entbindung brauchen würde.
    Als sie wieder heraustrat, schienen sich die Männer einig geworden zu sein. Hildebrand nickte ihr zu. »Du kannst gehen.«
    Unterwegs befragte sie Wilhelm genauer nach den Schwierigkeiten, die es bei der Niederkunft gab. Doch viel konnte der auch nicht sagen. Die Frau hatte schon einige Kinder geboren, so dass es zunächst keiner für nötig gehalten hatte, eine Hebamme zu holen. Doch nachdem die Wehen schon den zweiten Tag anhielten, hatten sie ihren Herrn um Erlaubnis gefragt, aus Christiansdorf Hilfe zu holen.
    Als sie das Nachbardorf erreichten, sah Marthe, dass auch schon hier kräftig gebaut und gerodet worden war. Stapel behauener Stämme verbreiteten den gleichen Duft von frischem Holz, der auch über ihrem neuen Heimatort lag.
    Einige Häuser waren bereits aufgebaut. Die Familien der Männer, die voriges Jahr allein mit dem Roden begonnen hatten, waren inzwischen eingetroffen. Überall sah sie Frauen auf winzigen Bohnenfeldern und Kinder, die Holz schleppten oder Krähen verscheuchten.
    Wilhelm führte sie zuerst zu dem Ritter, dem das Dorf gehörte. Berthold war etwa so alt wie Christian, aber nicht so groß und eher stämmig. Er musterte sie wortlos und entließ sie mit einem knappen Nicken. Spürbar erleichtert brachte der Älteste sie dann auf kürzestem Weg zum Haus der Gebärenden, in dem es verdächtig still war.
     
    Marthe trat ein und sah mehrere Frauen um ein Strohlager versammelt.
    »Bist du die Wehmutter?«, fragte eine Frau verzweifelt. »Wir wissen uns nicht mehr zu helfen. Das Kind ist schon da, eine Totgeburt, aber sie hört nicht auf zu bluten!«
    Marthe hockte sich neben die totenblasse Frau, die in einerLache aus Blut lag, und griff nach ihrer Hand. Hier kam jede Hilfe zu spät.
    Die Frauen um sie herum verstanden ihren Blick sofort.
    »Ich frage, ob wir Pater Bartholomäus holen dürfen«, sagte eine und ging hinaus.
    Eine andere folgte ihr und kam wenig später mit einem hageren Mann und drei kleinen Mädchen wieder. »Nehmt Abschied von eurer Mutter«, sagte sie zu den Kindern, die in Tränen ausbrachen.
    »Es tut mir Leid«, sagte Marthe und trat beiseite.
    Eine der Frauen winkte sie zu sich. »Komm mit, ich gebe dir zu essen. Vielleicht kannst du etwas gegen meine Leibkrämpfe tun.«
    Während sie der Frau, die sich als Anna vorgestellt hatte, einen Trank aus Hirtentäschel und Frauenmantel braute, erzählte ihr diese vom Weg der Frauen und Kinder hierher und ihrer Ankunft vor einigen Wochen.
    Doch bald kam ein Junge ins Haus gerannt. »Die fremde Wehmutter soll zum Herrn kommen!«
    Marthe stand auf, nickte Anna freundlich zu und ließ sich von dem Jungen zu Berthold führen.
    Der sah sie mit kalten Augen an. »Wie ich höre, ist durch deine Nachlässigkeit eine der Frauen aus meinem Dorf zu Tode gekommen.«
    Marthe bemühte sich, ruhig zu antworten. »Verzeiht, Herr, das ist nicht meine Schuld. Es war kaum noch Leben in ihr, als ich kam.«
    Berthold unterbrach sie mit einer schroffen Handbewegung.
    »Ich dulde keine Widerrede! Sei froh, wenn ich dich nicht auspeitschen lasse. Du wirst mir den Verlust ersetzen, indem du an ihrer Stelle hier bleibst.«
    Er winkte Wilhelm heran. »Sie wird für mich arbeiten. Sorg dafür, dass

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