Das Geheimnis der Hebamme
je gekümmert hätte, mit wie vielen du es gleichzeitig treibst«, schrie er. Doch sofort wurde seine Stimme wieder flehend. »Mich soll es nicht kümmern, wenn ich nur einer davon bin … Bitte, Oda … Ich werde dir Gold schenken und Edelsteine. Schmuck und Pelzwerk …«
Jetzt huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Ich werde über das Angebot nachdenken, mein starker Ritter … Wenn ich zu einer Entscheidung gekommen bin, gebe ich dir Nachricht.«
Lachend lief Oda davon.
Randolf hieb wütend mit der Faust gegen das Mauerwerk.
Nein, heute würde er nicht ins Hurenhaus gehen. Heute musste eine der Mägde dran glauben. Er wollte sie schreien und jammern hören, damit er endlich wieder das Gefühl bekam, dass er die Weiber beherrschte und nicht umgekehrt.
Normalerweise ritt er in dieser Stimmung in eines der nahegelegenen Dörfer, um keinen Ärger auf dem Burgberg zu provozieren. Aber dieses Mal war dafür keine Zeit.
Marthe hatte die ganze Nacht bei Hedwig gewacht, voller quälender Sorge, dass die Wöchnerin durch ihre Unruhe ins Fieber fallen könnte. Erst ein milder Schlaftrunk hatte Hedwig zur Ruhe kommen lassen. Sie schlief bis weit in den nächsten Tag hinein.
Die Erholung schien ihr gut getan zu haben. Sie wirkte gefasst, wollte ihre Tochter sehen, essen und trinken und verlangte nach ihrem Gemahl.
Diesmal kam Otto schneller als tags zuvor und wirkte besorgt. »Wie geht es Euch, meine Teure?«
»Gut genug, um mit dir über deine letzte Reise zu plaudern«, entgegnete sie mit scheinbar gelassener Freundlichkeit. Mit einer Geste schickte sie alle Anwesenden hinaus.
Auch Marthe erhob sich, um gemeinsam mit Susanne vor der Tür zu warten, bis ihre Dienste wieder gebraucht würden.
»Wenn ich nur wüsste, wie man dem Grafen diese Oda verleiden könnte«, wisperte Susanne, während sie warteten.
Auch Marthe hatte schon oft darüber nachgedacht. Die Fremde hatte ein Herz aus Eis und verbarg viele Geheimnisse, dessen war sie sich sicher. Doch Oda war eine Meisterin der Verstellung und gab sich Otto gegenüber stets liebenswürdig.
Bald drangen aus der Kemenate erregte Stimmen. Besorgt blickten sich Marthe und Susanne an.
»Das kann nicht dein Ernst sein«, fuhr Hedwig auf.
»Wieso nicht«, antwortete Otto kühl. »Der Kaiser will, dass wir beim nächsten Hoftag seinen jüngeren Sohn zum König wählen. Das ist die beste und vorerst vielleicht einzige Gelegenheit, ihn um das Recht zum Abbau des Silbers zu bitten. Und bis dahin will ich schon einen Herrenhof in Christiansdorfeingerichtet und einen Vogt ernannt haben. Randolf ist genau der richtige Mann dafür.«
»Christian war dir gegenüber immer treu ergeben, er hat dir mit seinem besonnenen Handeln zu künftigem Reichtum verholfen. Und du dankst es ihm, indem du ihm seinen Todfeind vor die Nase setzt und Macht über ihn verleihst? So vergiltst du als Lehnsherr jemandem seine Treue, den du zu schützen geschworen hast?«
»Die zwei sind keine zänkischen Weiber, sondern stehen gemeinsam in meinem Dienst. Sie werden schon irgendwie miteinander auskommen. Der Dunkle Wald ist groß.«
»Groß, aber nicht groß genug für diese beiden. Willst du es nicht wahrhaben? Alles wird in Unheil enden.«
Ottos Ton wurde hart. »Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich kann keinen einfachen Ministerialen zum Vogt über einen Ort machen, der bald eine Burg und ein paar hundert Bewohner haben wird, zum Aufseher über riesige Silbervorkommen. Randolf ist ein Mann von edler Herkunft, der mir schon viele gute Dienste geleistet hat. Das ist mein letztes Wort.«
»Viele gute Dienste …« Im Innersten getroffen sank Hedwig zurück. »Ich verstehe. Zum Beispiel dir diese … Dame … zugeführt zu haben?«, sagte sie leise mit gefährlichem Unterton. Otto stand brüsk auf. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um. »Meine Entscheidung ist gefallen«, wiederholte er barsch. »Und du solltest dich besser um deine Genesung und Gebete für unsere Tochter kümmern, statt dich schon im Wochenbett wieder in meine Geschäfte einzumischen!«
Mit selbstzufriedener Miene kam Otto aus der Kemenate gestürmt und schickte mit einer Kopfbewegung Kammerfrauen und Mägde hinein.
Hedwig saß bleich in ihren Kissen, das Gesicht wie versteinert.
Dann atmete sie tief durch und verteilte Aufträge an die Frauen, bis außer ihr nur noch Marthe im Raum war. Rasch winkte sie sie zu sich.
»Hör gut zu, uns bleibt nur wenig Zeit«, sagte die Markgräfin. »Otto will
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