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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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drängte er. »Etwas, das uns helfen kann, das Dorf zu schützen?«
    Nun sah sie auf, schüttelte die Verwirrung ab und überlegte. Dass der Sieg nur vorläufig war, dass sie von Randolf Racheakte und Ränke erwarten mussten, wusste Christian ebenso wie sie.
    Also rang sie sich dazu durch, ihm von der schrecklichen Vorahnung zu erzählen, die sie seit dem ersten Abend nach ihrer Flucht vor Wulfhart beunruhigte.
    »Und drei sind gestorben. Möglich, dass auch das andere eintritt«, schloss sie.
    Christian sah sie besorgt an. »Alles, was aus unserem Dorf werden wird, hängt davon ab, dass wir zusammenhalten. Ich habe eine hohe Meinung vom Mut unserer Leute. Aber ob sie sich auf Dauer Gewalt und Drohungen einer ganzen Horde Ritter widersetzen können? Oder der Verlockung von ein paar Mark Silber?«
    Er nickte ihr zu. »Ich werde deine Warnung nicht vergessen und die Augen offen halten.«
     
    Mürrisch kam Wiprecht in die Kate zurückgestapft, nachdem Christian gegangen war.
    »Was hat er von dir gewollt, Weib?«, knurrte er. »Es passt mir nicht, wenn er allein mit dir redet.«
    »Er wollte wissen, ob ihm die Markgräfin noch etwas ausrichten lässt«, antwortete Marthe knapp und erreichte damit wiebeabsichtigt, dass Wiprecht sich widerwillig verzog. Die Verbindungen seiner jungen Frau zu solch hohen Herrschaften waren ihm nach wie vor nicht geheuer.
    In dieser Nacht fand sie kaum Schlaf. Angespannt lag sie da und lauschte auf die Geräusche, die sich in Wiprechts Schnarchen, die Atemzüge der Mädchen und das Rascheln im Stroh mischten, während der Wind um ihre Kate strich. Von der anderen Seite des Baches erklangen das Grölen der Ritter und das Stampfen ihrer Pferde. Würden die Fremden in ihrer Trunkenheit einen Überfall wagen? Oder Randolf mit Berthold zurückkehren, um Rache zu nehmen?
    Erst als sie die leisen Stimmen von Christian und Karl hörte, die auf ihrer gemeinsamen Wache an ihrem Haus vorbeiliefen, konnte sie endlich einschlafen.
     
    Randolf kehrte nicht zurück. Nach zwei Tagen brachen auch die Ritter auf, die ihn begleitet hatten. Sie hatten sich die Zeit mit Trinken und lauten Übungskämpfen vertrieben und mit grimmigen Gesichtern den Verwalter flankiert, als dieser vor Meister Hermann seine Forderungen erhob. Doch die Gegenwart von Christian und Pater Bartholomäus sorgte dafür, dass die Begegnung unblutig verlief.
    Nun waren auf der anderen Seite des Baches nur noch die Knechte und Hartwig, dessen Gesichtszüge Marthe an eine fette Ratte erinnerte.
    Er trieb seine Männer an und ließ sie Holz schlagen, behauen und neben dem künftigen Herrenhof eine ganze Reihe anderer Bauten errichten, deren Vielzahl die Christiansdorfer verwunderte.
    Es blieb nicht aus, dass Randolfs Leute immer wieder ins Dorf kamen. Hartwig kontrollierte die Ausbeute der Schmelzöfen, was ihm niemand verwehren durfte, sie nahmen an den Messenin der kleinen Holzkirche teil, und da Christian nach wie vor als Einziger das Brau- und Backrecht für das Dorf hatte, mussten sie bei Grete Bier und Brot kaufen. Von dem Geld konnte Christian die Reisigen bezahlen, die Raimund begleiteten, als der zwei Wochen nach Randolfs unrühmlicher Abreise die nächste Gruppe Bergleute ins Dorf brachte. Es waren fünfzehn Männer mit ihren Familien, die auf Hermanns Nachricht von den reichen Anbrüchen ebenfalls die Leitern in ihren Gruben zerschlagen und so alle Brücken hinter sich abgebrochen hatten.
    Ob es nun an der Entschlossenheit der Christiansdorfer lag oder an ihrer Überzahl – noch verhielten sich Hartwig und seine Leute ruhig, von gelegentlichen boshaften Bemerkungen abgesehen.
    Aber jeder wusste, dass das nicht so bleiben würde.
    Jeder wusste, dass etwas geschehen würde.
    Und jeder wartete darauf.

Neuankömmlinge
     
    Wieder fuhr Marthe aus dem Schlaf. In ihrem Traum hatte eine riesige schwarze Wolke das Dorf umhüllt, war in jede einzelne Hütte gedrungen und hatte die Menschen erstickt.
    Sie fühlte Eiseskälte. Vorsichtig, um die anderen nicht zu wecken, stand sie auf, schlüpfte in ihr Kleid und schlang sich ein Tuch um die Schultern. Beklommen und frierend trat sie vors Haus.
    Im hellen Mondlicht ließ sie ihre Blicke über die Landschaftstreichen, um sich jede Einzelheit einzuprägen, als wäre es zum letzten Mal.
    Der abgelegene Weiler inmitten des Dunklen Waldes, den sie vor nicht einmal zwei Jahren zu errichten begonnen hatten, war kaum wiederzuerkennen. Mehr als zwölf Dutzend Menschen lebten nun schon in

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