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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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das kalte Wasser durchschritt und sich damitabfand, dass ihr für den Rest des Tages der triefend nasse Rock um die Beine schlagen würde, richtete sie ihre Gedanken auf das, was sie erwarten mochte. Sie war noch nie im Herrenhof gewesen und auch noch nie zu Hartwig gerufen worden. Der aufgedunsene Mann mit dem Rattengesicht war Randolfs Vertrauter. Grund genug, ihn zu fürchten. Doch sie durfte sich von dieser Furcht nichts anmerken lassen.
    Hartwig erwartete sie auf seinem Bett. Am liebsten wäre sie bei diesem Anblick sofort geflohen.
    Sie verharrte in der Tür. »Ihr habt nach mir rufen lassen, Herr?«
    Der Verwalter stützte sich lässig auf den Ellbogen und musterte sie mit seinen kleinen Augen wortlos. Marthe wartete.
    »Berthold sagt, du bist eine Hexe«, sagte Hartwig schließlich.
    »Verzeiht, Herr, das ist nicht wahr. Ich habe bei einer weisen Frau gelernt, Salben und Tinkturen aus Kräutern zu mischen und Kinder auf die Welt zu holen. Das ist alles.«
    »Willst du damit sagen, ein Ritter lügt?«, fragte Randolfs Verwalter scharf.
    »Ich will damit sagen, dass er sich irrt«, gab Marthe fest zurück.
    »Nun ja, wir werden sehen. Los, tu etwas dagegen.«
    Er schob seinen Ärmel hoch und streckte ihr einen Arm hin. Marthe trat näher und sah eine lange, eitrige Wunde.
    »Das muss geöffnet und gesäubert werden«, sagte sie. »Ich brauche heißes Wasser und saubere Tücher.«
    Sie wollte sich umdrehen und zur Feuerstelle gehen, doch Hartwig griff mit der unverletzten Hand nach ihrem Arm und hielt sie derb.
    »Ist das nicht Arbeit eines Baders, was du da vorhast?«, fragte er mit gefährlichem Unterton. »Etwas, das dir gar nicht zusteht?«
    »Ihr könnt gern einen Bader kommen lassen, wenn Ihr das wünscht«, widersprach Marthe. »Ich hatte nicht vor zu schneiden.«
    Wenn ich es tun würde, hättest du weniger Schmerzen, dachte sie wütend. Aber wenn du mir eine Falle stellen willst, tappe ich nicht hinein. Quäl dich noch zwei Tage, bis jemand einen Bader aus Meißen geholt hat, oder nimm mit dem vorlieb, was ich ohne Messer für dich tun kann.
    Hartwig ließ sie los. Sie rieb sich die Stelle, an der er sie gepackt hatte und die gerötet war, ging zum Feuer und brachte Wasser zum Kochen. Sie legte heiße Tücher auf seine Wunde und wartete, bis sie aufplatzte und sie den Eiter herausdrücken konnte. Dann wusch sie die Wunde aus und verband sie.
    Während des Wartens hatte sie Zeit, ihr Gegenüber heimlich zu beobachten. Dieser Mann wurde ihr nicht durch offene Brutalität gefährlich so wie Randolf. Hinter seiner Grobheit spürte sie sogar einen Anflug von Furcht vor ihr. Aber er war voller Hinterlist. Mit Randolf hatte er sicher schon längst Pläne gegen die Christiansdorfer geschmiedet.
    Die Besetzung der Grubenfelder am Morgen vor Christians Abreise war ein Schlag, der ihre Rachelust weiter angestachelt haben musste.
    »Wie du siehst, habe ich hier keine Magd. Schick mir eine deiner Töchter«, erklärte Hartwig mit lauerndem Blick.
    Marthe erschrak zutiefst, doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Das müsst Ihr mit meinem Mann bereden, Herr.«
    Ein »Gott zum Gruße!« von der Tür her unterbrach sie. Noch nie war sie so erleichtert gewesen, Pater Bartholomäus’ Stimme zu hören.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, fragte der Pater, und da er dabeisie und nicht den Verwalter ansah, begriff sie, dass Jonas und Karl ihn gebeten hatten, zu kommen, um ihr beizustehen.
    »Was führt Euch zu mir, Vater?«, fragte Hartwig mühsam beherrscht und schob seinen Ärmel über den frischen Verband.
    »Darf ich gehen, Herr?«, fragte Marthe und war schon an der Tür. Lieber verzichtete sie auf die Entlohnung, als noch länger zu bleiben.
    So schnell sie konnte, watete sie durch den Bach zurück. Sie musste sofort mit Wiprecht sprechen. Wie konnte sie nur verhindern, dass Johanna oder Marie als Magd in das Haus dieses schrecklichen Menschen mussten?
     
    Zu ihrem Entsetzen war Wiprecht nicht besorgt, sondern höchst erfreut über die Aussicht, dass sich eine seiner Töchter bei Hartwig verdingen sollte.
    »Johanna ist acht und längst alt genug, sich ihr Brot selbst zu verdienen. Ein so hoher Herr wird sie gut entlohnen«, verkündete er, als sie von ihrer Begegnung mit Hartwig berichtete.
    »Du kannst sie doch nicht allein hinüber zu all diesen groben Kerlen schicken! Und der Verwalter ist abgrundtief böse«, rief sie empört.
    »Rede kein dummes Zeug, Weib. Sie geht dorthin und damit Schluss.«
    So

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